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Interview

„Mediation kann Konflikte früh lösen“

Lesezeit: 5 Minuten

Doreen Klipstein, Richterin und Wirtschaftsmediatorin aus Bonn, gibt Tipps für vermeintlich festgefahrene Verhandlungen.


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Konflikte gibt es bei vielen Bauprojekten. Was sind die Gründe für die plötzliche Abwehrhaltung von Anwohnern?


Klipstein: Viele Bürger sind grundsätzlich für erneuerbare Energien. Ist eine Biogas- oder Windkraftanlage jedoch in der Nachbarschaft geplant, erheben sie Einwände. Die Energieproduktion vor Ort wird plötzlich für die Bürger sichtbarer. Es gibt diffuse Ängste um eine mögliche Beeinträchtigung von Gesundheit, Ruhe und Erholung, aber auch um Nebenwirkungen wie Abgase, Schlagschatten oder um Wertverlust des Eigentums.


Welche Maßnahmen wirken besonders vertrauensbildend?


Klipstein: Schon bei der Planung der Anlagen sollten die Betreiber ein Kommunikations- und Konfliktmanagementkonzept entwickeln, um auf Gegenwind vorbereitet zu sein. Wichtig ist es, die Betreffenden schon vor einem Protest konkret einzubinden. Dabei geht es um fachliche Informationen wie technische Details, Wirkungsgrade oder Emissionen, aber auch um das Berücksichtigen der Anliegen und Emotionen. Fühle ich mich gut informiert und mit meinen Belangen ernst genommen, muss ich nicht in eine Abwehr- und Schutzhaltung gehen, sondern bin offen für einen Dialog.


Was können Anlagenbetreiber tun?


Klipstein: Es kann z.B. hilfreich sein, die Nachbarn einzuladen, sich die Befürchtungen und Ängste ehrlich anzuhören und sich dann gemeinsam eine ähnliche Anlage anzuschauen und mit dem Betreiber und dessen Nachbarn vor Ort über ihre Erfahrungen zu sprechen. In so einer frühen Phase des Projekts fällt es zudem auch noch leicht, die Planung zu ändern.


Wann raten Sie zu einer Mediation?


Klipstein: Eine Mediation ist umso erfolgversprechender, je früher man einen Mediator einschaltet. Denn unbearbeitete Konflikte eskalieren zunehmend, die emotionalen Faktoren treten stärker in den Vordergrund, es wird immer schwieriger, zeitnah, effizient und kostengünstig zu einvernehmlichen Lösungen zu gelangen. Ab einem bestimmten Eskalationsgrad ist die Mediation nicht mehr sinnvoll, da dann in der Regel auch kein Lösungs- und Einigungswille mehr vorhanden ist, sondern emotional nur noch in Gewinner-Verlierer-Kategorien gedacht wird. Mit einer für alle guten und fairen Lösung dagegen können Nachbarschaftsbeziehungen langfristig erhalten und sogar gestärkt werden.


Wie geht ein guter Mediator vor?


Klipstein: Zunächst sollte er klären, auf welcher Eskalationsstufe sich der Konflikt befindet, ob bereits ein gerichtliches Verfahren läuft, welche Lösungen bislang ergriffen wurden und welche Personen zu beteiligen wären. In einer ersten Informationssitzung klärt er alle Beteiligten über das Verfahren der Mediation auf und erläutert den Ablauf. Können sich alle auf die Mediation einigen, werden die relevanten Themen gesammelt. Dann werden für jeden einzelnen Punkt die Interessen und Bedürfnisse der Beteiligten herausgearbeitet. Diese Phase ist sehr wichtig, denn auf der Basis von ausgesprochenen und erläuterten Interessen und Bedürfnissen ist ein gegenseitiges Verstehen möglich. Erst hiernach unterstützt der Mediator die Beteiligten bei der Suche nach Lösungen für ihren Konflikt und regt auch das kreative Potenzial an. So kommen nicht selten Vorschläge zustande, an die zuvor keiner der Beteiligten gedacht hat.


Die „Gegenseite“ hat im Fall Hötzl schon früh einen Rechtsanwalt eingeschaltet, der den Landwirt stark unter Druck gesetzt hat. Wäre auch da noch eine Mediation möglich gewesen?


Klipstein: Eine Mediation kann auch unter Beteiligung der jeweiligen Rechtsanwälte erfolgen. Es kommt allerdings darauf an, welche Erfahrungen er mit Mediationsverfahren gesammelt hat. Die meisten Anwälte stehen dem positiv gegenüber. Viele haben sich sogar selbst zu Mediatoren ausbilden lassen. Allerdings kann der eigene Anwalt, der den Betreiber bereits in der Angelegenheit rechtlich beraten hat, nicht zugleich Mediator sein, da er sonst nicht als neutral gilt.


Ab wann sollte auch der Angegriffene einen Rechtsanwalt einschalten?


Klipstein: Um ein Informations- und Beratungsgleichgewicht herzustellen, kann es sinnvoll sein, einen eigenen Anwalt einzuschalten, sobald man Post vom gegnerischen Anwalt erhält. Doch Vorsicht! Leicht kann ein solcher Schritt auch als „Aufrüsten“ verstanden werden. Außerdem geht es dann meist nicht mehr um die individuellen Interessen, sondern um rechtliche Ansprüche auf der Grundlage gesetzlicher Regelungen. Es ist gut, sich über seine Ansprüche zu informieren, dem Anwalt aber von vornherein zu signalisieren, dass man an eine einvernehmliche Lösung und eine gute Beziehung zu seinem Nachbarn will. Kommuniziert der Anwalt das so weiter, kann die Eskalationsspirale auch wieder zurückgedreht werden.


In dem vorliegenden Fall haben auch Behörden mit sehr hohen Auflagen einen wirtschaftlichen Betrieb der Anlage fast unmöglich gemacht. Hätte auch in diesem Fall eine Mediation geholfen?


Klipstein: Geht es, wie im geschilderten Fall, um nachträgliche Auflagen, sollten auch die Behördenvertreter in das Mediationsverfahren eingebunden werden. In der öffentlichen Verwaltung stößt Mediation oftmals noch auf Skepsis. Auch hier gilt es, die jeweiligen Behördenvertreter ausreichend über das Verfahren der Mediation zu informieren und Vorbehalte abzubauen.-neu-

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