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Miscanthus: Raus aus der Nische

Lesezeit: 5 Minuten

Immer mehr Landwirte sehen den Anbau von Miscanthus als neue Geschäftsidee. Prof. Dr. Ralf Pude, Universität Bonn, gibt einen Überblick über Anbau, Ernte und Verwertung.


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Miscanthus wächst in Deutschland aktuell auf über 2 000 ha, schätzt die Internationale Vereinigung für Miscanthus und mehrjährige Energiegräser (MEG e.V.), Tendenz stark steigend. Miscanthus ist ebenso wie Mais eine C4-Pflanze und kann überall dort angebaut werden, wo auch Mais wächst. Allerdings hat es gegenüber Mais mehrere Vorteile: Da es eine Dauerkultur ist, muss Miscanthus nur einmal angebaut werden und lässt sich jedes Jahr ernten. Außerdem liegt die Erntezeit in den arbeitschwächeren Wintermonaten.


Die Ertragsleistung ist stark von der Leistungsfähigkeit des Standortes und von der Witterung abhängig, insbesondere von der Niederschlagsverteilung während der Vegetationsperiode. Je nach Bodenart und – wasserspeichervermögen reichen 500 bis 600 mm Niederschlag für einen sehr hohen Ertrag von 15 bis 22 t Trockenmasse bzw. 18 bis 26 t Frischmasse pro Hektar und Jahr aus.


Wegen dieser Eigenschaften haben sich Landwirte bereits in den 1990er-Jahren für Miscanthus interessiert. Doch zunächst war die Pflanze nicht sehr beliebt:Man muss sie pflanzen, aufgrund der Mehrjährigkeit ist sie nicht in Fruchtfolgen zu integrieren und Miscanthus ist nicht heimisch, da es aus Asien stammt.


„Auswinterung“ kein Thema


Um diese viel versprechenden Eigenschaften näher zu untersuchen, hatte die Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe Anfang der 90er-Jahre ein Großprojekt durchgeführt, in dem der Miscanthus-Anbau und Ernteverfahren untersucht wurden. Ziel war die Gewinnung von Wasserstoff und Zellulose. Diese Versuche fanden auf mehreren Standorten in ganz Deutschland statt, so dass die Landwirte bereits einen ersten Eindruck von diesem vielversprechenden Großgras bekamen.


Als dann erste Landwirte über Gewebekultur vermehrte Pflanzen setzten, kam es allerdings häufig zu Ausfällen nach dem ersten Winter. Dieses Phänomen wurde dann irrtümlich als „Auswinterung“ bezeichnet.


Mit einer Dissertation wies die Universität Bonn 1997 aber nach, dass nicht die Winterkälte die Ursache für die Ausfälle war, sondern die unzureichende Abreife der Pflanzen im Herbst. Die Rückverlagerung der Nähr- und Reservestoffe aus den Blättern und Stängeln in die unterirdischen Rhizome hatte demnach nicht ausreichend stattgefunden.


Zum Beweis haben Wissenschaftler im deutlich kühleren Polen vor dem Winter 1999/2000 Miscanthus-Rhizome gepflanzt, die dann im Frühjahr zu 100 % wieder austrieben. Diese rhizomvermehrten Pflanzen beginnen – ähnlich wie ein Laubbaum – bei kühler werdenden Temperaturen im Herbst rechtzeitig mit der Rückverlagerung in die unterirdischen Speicherorgane, die Rhizome. Durch diese Umverteilungsprozesse der Nährstoffe und die Mineralisierung der Blätter benötigt Miscanthus im Jahr nur etwa 50 kg Stickstoff pro ha und ist somit eine absolute low-input Pflanze.


Ernte ab Ende März


Ab dem zweiten bzw. dritten Jahr findet eine jährliche Ernte gegen Ende März bzw. Anfang April statt. Hierzu eignen sich Maishäcksler mit reihenunabhängigem Maisgebiss. Aufgrund der ungewöhnlichen Jahreszeit ist eine verbesserte Maschinenauslastung möglich.


Mit einem späten Erntetermin (kurz vor Wiederaustrieb) verbessert der Landwirt die Qualität des Erntegutes ganz entscheidend. So liegt nicht nur der Feuchtegehalt unter 18 % und das Erntegut ist problemlos lagerfähig, viel mehr sinken die Mineralstoffgehalte (N, K, S, Cl) und damit der Aschegehalt deutlich. Die Brennstoffeigenschaften verbessern sich somit von Tag zu Tag! Bei Erträgen zwischen 15 bis 20 t TM/ha und Jahr erzielt Miscanthus sehr hohe Energieerträge von ca. 6 000 bis 8 000 l Heizöläquivalent pro Hektar. Allerdings ist die Schüttdichte mit ca. 120 kg/m3 sehr gering, weshalb die Landwirte Wege zur Kompaktierung des Erntematerials suchen.


So sind Ladewagen mit hydraulischen Pressen im Einsatz. Alternativ dazu ernten die Landwirte im Luxemburger Verfahren mit einem Fronthäcksler am Traktor und blasen das gehäckselte Material über den Traktor in den Trichter einer Großballenpresse. Bei diesem Verfahren kommt das Häckselgut nicht mehr mit dem Boden in Kontakt, was die Aufnahme von feuchten Blättern oder Steinen vermeidet.


Zum Heizen oder Dämmen


Viele Heizanlagen wurden durch technische Umrüstungen auf Großgräser angepasst. Denn höherer Feuchtegehalt sowie problematische Inhaltsstoffe wie Asche, Kalium und Chlor können den Kessel beschädigen sowie zu unerwünschten umweltschädlichen Emissionen führen. Darum sollten die Gehalte an Stickstoff, Schwefel, Kalium (Kalium ist für einen Großteil der Feinstaubemissionen verantwortlich), Chlor und Schwermetallen im Erntegut so niedrig wie möglich sein. Dies ist einerseits durch möglichst späte Erntetermine ab Ende März zu erreichen, andererseits gibt es vielversprechende neue Genotypen mit verändertem Inhaltstoffspektrum.


Aufgrund der knapper werdenden Ressource Energieholz gewinnt zurzeit die Pelletierung und Brikettierung von Miscanthus zunehmend an Bedeutung. Einige Forschungseinrichtungen wie z. B. das Deutsche Biomasse-Forschungszentrum in Leipzig oder die Universität Bonn arbeiten intensiv an diesem Thema. Ebenso wird an der Entwicklung von so genannten Mischpellets und -briketts geforscht. Hier versucht man die guten Eigenschaften z. B. die Schnellwüchsigkeit von Miscanthus und den geringen Ascheanteil von Holz gezielt zu kombinieren. Dass hier zukünftig ein großer Markt entstehen könnte, kann man schon jetzt erkennen. So wird z. B. die Pusch AG im Westerwald in Kürze jährlich über 700 t Miscanthus verarbeiten.


Miscanthus lässt sich auch sehr gut stofflich nutzen. Hier sind insbesondere der äußerst feste, bambusartige Stängel und das styroporähnliche, gut dämmende innere Parenchymgewebe (Stängelmark) von Bedeutung. Es gibt bereits vielfältige Anwendungsbeispiele in der Bauindus­trie (z. B. im Fenster- und Türrahmenbau, als Schüttdämmung und als Baustoff für Wände, Decken, Estrich und Putz), im Gartenbau und der Landwirtschaft (Tiereinstreu, Blumentöpfe), in Bioplastik-Produkten oder im Automobilbau. Größere Absatzwege entstehen gerade in der Spanplattenproduktion und in der Tiereinstreuvermarktung. Auch hier bieten neue Miscanthus-Herkünfte noch weitere, viel versprechende Anwendungsmöglichkeiten.


Weitere Informationen zu Miscanthus finden sie unter www.miscanthus.de oder www.miscanthus-society.com.

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