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07/10: "Rüben statt Mais in der Biogasanlage - wann lohnt sich das?"

Stefan Hartmann und Helmut Döhler, KTBL e.V. 1. Einleitung Die Zuckerrübe ist als Substrat für Biogasanlagen im Kommen. Immer mehr Anlagenbetreiber versuchen die Rüben in ihre Anlagenkonzepte zu integrieren und sammeln Erfahrungen beim Anbau, besonders aber bei der Konservierung und Vergärung.

Lesezeit: 10 Minuten

Stefan Hartmann und Helmut Döhler, KTBL e.V.

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1. Einleitung


Die Zuckerrübe ist als Substrat für Biogasanlagen im Kommen. Immer mehr Anlagenbetreiber versuchen die Rüben in ihre Anlagenkonzepte zu integrieren und sammeln Erfahrungen beim Anbau, besonders aber bei der Konservierung und Vergärung. Ob Zuckerrüben eine lohnende Alternative zu Silomais in der Biogasanlage sind, wird derzeit kontrovers diskutiert. Für die Zuckerrübe sprechen mehrere Argumente: Bei den Methanhektarerträgen erreicht die Zuckerrübe (ohne Blatt) dasselbe Niveau wie Silomais. Sie könnte zur Auflockerung der Fruchtfolgen beitragen. Auch die durch die Entwicklung der Zuckermarktordnung freiwerdenden Rübenflächen könnten so einer neuen Verwendung zugeführt werden, bei der bestehende Infrastruktur, das Management und die vorhandene Technik weiterhin effizient genutzt werden können. Im Folgenden werden die Substrate Zuckerrüben- und Maissilage bezüglich ihrer Bereitstellungskosten verglichen, sowie der Einfluss der Aufbereitungs- und Konservierungsverfahren auf die Wirtschaftlichkeit von einer 500 kW Beispiels-Biogasanlage berechnet.


2. Anbau


Zum Vergleich der Kosten von Maissilage und Zuckerrübensilage werden zunächst die Anbaukosten frei Biogasanlage errechnet. Angenommen werden die KTBL_Standard-Mechanisierung mit einer Leitmaschinengröße von 120 kW aus der KTBL-Datenbank und eine Entfernung zwischen Feld und Biogasanlage von 4 km. Die Düngung erfolgt mit den Gärresten, die nicht monetär bewertet werden. Aufgrund der bei Lagerung und Ausbringung auftretenden Stickstoffverluste erfolgt eine mineralische Ausgleichsdüngung in Höhe von 40 % des Stickstoffentzuges. Der Pachtansatz beträgt 300 €/ha, Gemeinkosten werden mit 100 €/ha angesetzt. In der folgenden Grafik (Abb. 1) werden die Kosten jeweils für mittleren und für hohen Ertrag bezogen auf die nutzbare Silagemenge angegeben. Beim Silomais wird von Verfahrensverlusten in Höhe von 12 % ausgegangen.


Abb. 1 Spezifische Produktionskosten frei Anlagenstandort in Abhängigkeit des Ertragsniveaus (Transport Mais in Erntekosten enthalten)



Bezogen auf die Frischmasse können Zuckerrüben etwas günstiger bereitgestellt werden als Silomais. Besonders bei hohen Erträgen ist bei der Zuckerrübe ein stärkerer Rückgang der spezifischen Kosten zu verzeichnen. Höhere Erträge können standortbedingt, aber auch durch Zucht oder eine spätere Ernte, ggf. erst im Frühjahr, realisiert werden. Zwei Ernten im Jahr hätten den Vorteil, dass der für die Konservierung notwendige Lagerraum besser ausgenutzt werden könnte und somit geringere (Fest-)kosten anfallen. Ob und unter welchen Bedingungen eine Frühjahrsernte bei Zuckerrüben möglich ist bzw. wie hoch das Risiko von Verlusten durch Frostschäden ist, müssen weitere Versuche noch zeigen.


Die Rübe muss ganzjährig für die Biogasanlage zur Verfügung stehen. Dazu werden zwei Konservierungsvarianten, die zurzeit in der Praxis üblich sind, betrachtet. Dies ist zum einen die Flüssigsilierung im Hochsilo und zum anderen die Silierung ganzer Rüben im Folienschlauch. Bei beiden Varianten werden die Rüben zunächst gewaschen (inkl. Steintrennung). Für die Flüssigsilierung erfolgt anschließend die Zerkleinerung mit einem Rübenschredder. Der entstehende Rübenbrei wird in ein Hochsilo gepumpt und dort konserviert. Da bei der Silierung sehr geringe pH-Werte entstehen, muss das Hochsilo eine entsprechende Säurefestigkeit aufweisen. Bisher werden in der Praxis für diesen Zweck Edelstahlbehälter eingesetzt, für die Investitionen von ca. 100 € für den Lagerraum von einer Tonne Flüssigsilage anfallen. Alternativ wurde mit einem Stahlbetonbehälter mit Epoxydharzbeschichtung gerechnet. Mit dieser Variante ließen sich die Investitionen für den Lagerraum etwa auf die Hälfte reduzieren. Die Einbringung des Rübenbreis in den Fermenter kann ebenfalls automatisiert über eine Pumpe erfolgen.


Bei der Schlauchsilage erfolgt die Einbringung in den Feststoffeintrag mit einem Traktor mit Frontlader bzw. einem Radlader und einem Rübenkorb mit integriertem Zerkleinerer. Tabelle 1 zeigt die für die jeweilige Variante nötigen Verfahrensschritte sowie die dafür anfallenden Kosten. Bei der Variante "2 Ernten" wird angenommen, dass ein Teil der Rüben über Winter auf dem Feld verbleibt und erst im Frühjahr, wenn das Silo teilentleert ist, geerntet und eingelagert wird. Die Lagerkapazität kann somit 1,5 mal pro Jahr genutzt werden.


Tab. 1: Bereitstellungskosten für Zuckerrübensilagen frei Biogasanlage



Rot: Optimalfall mit folgenden Annahmen: günstigste Bereitstellungskosten für die Zuckerrübe; geringe Investitionskosten für den Lagerraum (Flüssigsilo); kein Anfall von zusätzlichen Flächenkosten bei der Schlauchsilage.


Bei den Bereitstellungskosten ist somit die Flüssigsilierung ca. 10 % günstiger als die Schlauchsilierung. Die höheren Kosten bei der Schlauchsilierung sind im Wesentlichen durch die aufwendige Entnahme und Einbringung in den Fermenter begründet. Kostensenkungen wären hier möglich, wenn beispielsweise der Feststoffeintrag die Zerkleinerung der Rüben bewerkstelligen könnte. Ein Vorteil der Schlauchsilierung ist die höhere Flexibilität. Oft können bestehende Flächen zur Schlauchablage genutzt werden, so dass nur geringe Investitionen anfallen. Vergleicht man die Bereitstellungskosten frei Fermenter mit denen von Maissilage wird deutlich, dass bezogen auf die Frischmasse nur unter optimalen Annahmen eine deutliche Einsparung gegenüber Maissilage zu erzielen wäre.


Tab. 2: Vergleich der Bereitstellungskosten von Maissilage und Zuckerrübensilage



3. Substrateigenschaften


Aus der Tabelle 3 wird deutlich, dass die Rübe trotz höherem spezifischen Gasertrages bezogen auf die Frischmasse einen deutlich geringeren Methanertrag als Mais erzielt. Um die Methanmenge aus einer Tonne Maissilage zu ersetzen müssen 1,41 t Rübensilage eingesetzt werden. Unter diesen Umständen verursacht die Zuckerrübe auch mit ihren geringsten Bereitstellungskosten um 12 % höhere Rohstoffkosten.


Die Rohstoffkosten wären erst bei einem höheren spezifischen Methanertrag in Höhe von 800 m³/t oTM für Zuckerrüben denen von Mais vergleichbar. In diesem Fall würden sich die Rohstoffkosten um 2% gegenüber Maissilage verringern. Es wären dann nur noch 1,23 t Rübensilage nötig um eine Tonne Maissilage zu substituieren. Aufgrund der bisher vorliegenden Untersuchungen ist allerdings nur der KTBL Standard von 700 m³/t oTM abgesichert. Einige Hinweise für deutlich höhere Gaserträge existieren zwar, genauso liegen aber auch Berichte von niedrigeren Werten vor.


Tab. 3: Substrateigenschaften, Erträge und Rohstoffbedarf von Zuckerrüben und Mais



4. Auswirkungen in der Biogasanlage


Die Auswirkungen auf die Wirtschaftlichkeit des Einsatzes von Zuckerrüben wurden am Beispiel einer 500 kW-Biogasanlage berechnet. In der Basisvariante wird diese Anlage mit Rindergülle und Maissilage gefüttert. In zwei "Zuckerrübenvarianten" wird ein Teil bzw. die gesamte Maissilage durch Zuckerrübensilage ersetzt (Tabelle 4). Für die Berechnungen wurde die günstigste Variante für die Zuckerrübenbereitstellung aus Tabelle 1 verwendet (29,39 €/t FM). Neben den Bereitstellungskosten wirken sich die folgenden vier Punkte auf die Wirtschaftlichkeit der Anlage aus:


Arbeitszeitbedarf


Je nach Konservierungsart der Rübe kann sich der Arbeitszeitbedarf für die Fütterung deutlich gegenüber dem Einsatz von Mais unterscheiden. Bei der Flüssigsilierung ist eine Automatisierung möglich, die den Arbeitszeitbedarf für die Fütterung erheblich reduziert. Geht man davon aus, dass bei der Schlauchsilage noch eine Zerkleinerung vor dem Feststoffeintrag nötig ist, führt dies zu einem höheren Arbeitszeitbedarf als bei der Fütterung von Mais. Die Lohnkosten für die verschiedenen Arbeitsverfahren sind in der Auflistung in Tabelle 1 berücksichtigt.


Fermentervolumen


Durch den höheren spezifischen Gasertrag der Rübensilage ist bei gleichbleibender Faulraumbelastung und Leistung weniger Fermenterraum notwendig. Hierdurch reduzieren sich die Investitionen und somit die damit verbundenen Festkosten.


Im 2. Beispiel (nur Gülle und Rüben) wurde davon ausgegangen, dass durch den schnelleren Abbau der Substrate eine deutlich kürzere Verweilzeit (50 Tage) und eine höhere Raumbelastung (ca. 4 kg oTM/m³*d) zu realisieren ist und somit der nötige Fermenterraum erheblich reduziert werden kann.


Gärrestlagervolumen


Die Zuckerrübe hat im Vergleich zum Mais einen geringeren TM-Gehalt und eine geringere Energiedichte (bezogen auf die Frischmasse). Bei der Vergärung verbleibt bei gleichbleibender Leistung ein größeres Gärrestvolumen. Diese führt wiederum zu höheren Investitionen und Festkosten.


Rührenergie


Der geringe TM-Gehalt und der schnellere oTM-Abbau führen zu geringerem TM-Gehalt im Fermenter und somit zu geringerem Rühraufwand. Für die Berechnungen wurde davon ausgegangen, dass der Bedarf an Rührenergie in gleichem Masse sinkt wie der TM-Gehalt in der Substratmischung.


Tabelle 4 zeigt wie sich der Einsatz von Zuckerrüben wirtschaftlich auf eine Beispiel- anlage mit 500 kW Leistung auswirkt.


Tab. 4: Auswirkungen des Einsatzes von Rüben auf die Kosten und Gewinne einer 500 kW-Biogasanlage



Die Berechnungen zeigen zunächst, dass der Mais nach derzeitigem Kenntnisstand (Standargaserträge für Mais 650 m³/t oTM, Zuckerrübe 700 m³/t oTM) die Biogaserzeugung mit Mais wirtschaftlich überlegen ist. Das gilt für die gemeinsame Vergärung von Mais, Rüben und Gülle sowie für die alleinige Vergärung von Rüben und Gülle. Nur mit hohen Gaserträgen über den KTBL-Richtwerten kann für die Rübenvergärung ein ähnliches oder besseres Ergebnis als für Mais erzielt werden, wenn Rüben kostengünstig geerntet und gelagert werden können.


5. Fazit und Ausblick


Nach derzeitigem Wissensstand ist nur unter sehr positiven Annahmen für die Vergärung von Zuckerrüben ein ökonomischer günstigeres Ergebnis als für Mais zu erzielen. Diese Annahmen umfassen eine günstige Bereitstellung und Konservierung sowie einen hohen Gasertrag.


Bei den Konservierungssystemen ist die Flüssigsilierung vor allem durch die zeit- und kosteneffiziente Zuführung in den Fermenter günstiger. Die Schlauchsilage ist hingegen flexibler und bindet weniger Kapital. Neben einer Optimierung der Einbringung, muss hier jedoch noch ein Weg gefunden werden wie entstehende Sickersäfte in den Fermenter gelangen können.


Die Datenbasis für die Wirtschaftlichkeitsberechnungen ist allerdings noch relativ unsicher. Das betrifft vor allem die Höhe der Trockemasseverluste bei den Konservierungsverfahren genauso wie die Höhe der Gaserträge für geköpfte, entblätterte und Ganzpflanzen- Rüben.


Wenn die Zuckerrübe ihr Potenzial für Biogasanlagen zukünftig ausschöpfen soll, muss aber nicht nur an der Verbesserung der Datenlage gearbeitet werden. Hoher Bedarf besteht auch für die Weiterentwicklung und die Erprobung von aufkommenden Techniken, die die Zahl der Arbeitsgänge und die Kosten reduzieren und somit eine effiziente Verwertungskette ermöglichen. Die Zukunft liegt in einer Reduzierung der Arbeitsgänge und der vollautomatischen Substratlogistik auf der Anlage.


In der Praxis versuchen erste Anlagen ohne Rübenwäsche auszukommen. Denkbar wäre stattdessen Austragssysteme in die Fermenter zu integrieren. In jedem Fall muss aber eine Steintrennung gewährleistet sein.


Es werden Hochleistungsfermenter ohne Rührtechnik erprobt, die mit sehr kurzen Verweilzeiten und hohen Raumbelastungen die schnelle Abbaubarkeit der Rübensilage nutzen. Die teilweise parallele Nutzung der Hochsilos zur Rohstoff- und Gärrestlagerung könnte ebenfalls eine Möglichkeit sein die Kosten weiter zu senken. Erste Landwirte probieren auch die Lagerung der Flüssigsilage in Lagunen. Hier muss sich zeigen, wie dieses Verfahren hinsichtlich des Umfangs von Verlusten und Emissionen zu bewerten ist.


Auch die züchterische Bearbeitung ist gefragt: Dies betrifft die Veränderung des Rübenkörpers, um Schmutzanhang zu minimieren, weiterhin alle Maßnahmen, die den Methanhektarertrag erhöhen ("Krautrüben", die die komplette Verwertung von Rübenkörper und Blatt verbessern, Erhöhung des Anteils hochabbaubarer Inhaltsstoffe zur Verkürzung von Verweilzeiten, Winterfestigkeit)


Alles in allem gibt es derzeit vielfältige und zum Teil auch vielversprechende Entwicklungen, die die Konkurrenzkraft der Zuckerrübe als Biogassubstrat stärken können.

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