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Pellets für Satelliten-Heizkraftwerke

Lesezeit: 6 Minuten

Im bayerischen Wunsiedel erzeugen die Stadtwerke gemeinsam mit Waldbauern und Sägewerken Holzpellets und veredeln diese in dezentralen Holzvergasern zu Strom und Wärme. Damit verwerten sie ein Maximum der im Holz enthaltenen Energie.


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Wie riesige Sanddünen türmen sich auf dem Hof hohe Berge von gelblichen Sägespänen auf. Der Radlader oben auf einem Haufen wirkt von Weitem wie ein Spielzeug in der Sandkiste. Er schiebt unermüdlich massenhaft Späne in die große Halle. „Von hier aus gelangen die Späne zum Bandtrockner und dann zur Kollerpresse, wo die Pellets entstehen“, erklärt Marco Krasser, Geschäftsführer des Regionalversorgers SWW Wunsiedel GmbH aus Ostbayern. Gleichzeitig ist er einer der Geschäftsführer der WUN Bioenergie GmbH, die eine Pelletproduktion sowie vier Biomasseheizkraftwerke in der Region betreibt.


KWK statt Heizwerk

: An der WUN Bioenergie sind die Stadtwerke mit 50,9 %, der Sägewerksbetreiber GELO Holzwerke GmbH zu 25,1 %, zwei Waldbauernvereinigungen sowie der Pellethersteller und -vermarkter German Pellets aus Wismar mit 12,5 bzw. 12 % beteiligt.


Wie in anderen Regionen im Osten Bayerns gibt es auch in Wunsiedel und Umgebung viel Holz. Denn das waldreiche Fichtelgebirge liegt vor der Haustür. Die Holznutzung lag somit auf der Hand. Aber die Wunsiedler sind einen anderen Weg als sonst üblich gegangen und haben kein Hackschnitzelheizwerk gebaut. Ziel der Bioenergienutzung war es, gleichzeitig Strom und Wärme zu erzeugen und effizient zu nutzen. „Darum haben wir beispielsweise Biogas mit einer Vorort-Verstromung nicht favorisiert, weil bei dieser Technik die Wärme meistens nicht vollständig genutzt werden kann“, schildert Krasser die Beweggründe.


Darum konzentrierten sich die Projektpartner von Anfang an aufs Holz. Im Jahr 2004 haben die Waldbauern die Gemeinde angesprochen, weil sie gern Hackschnitzel zur Wärmeversorgung der Grundschule liefern wollten. „Aber wir waren dagegen. Holz ist zu wertvoll, um daraus nur Wärme zu erzeugen.“ In der Grundschule gab es zu der Zeit ein Erdgas-Blockheizkraftwerk. Aus diesem Grund wollte die SWW auch wieder eine Anlage mit Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) installieren.


Darum hat die SWW dann ab dem Jahr 2004 die ersten Versuche mit der Holzvergasung aus Hackschnitzeln gemacht – mit schlechtem Erfolg. Die Technik war mit Teerbildung und vielen Störungen längst noch nicht praxisreif und noch nicht auf dem industriellen Standard, den die SWW von der Erdgas-KWK gewohnt war.


Holzvergasung mit Pellets:

Dann war das Thema erst einmal vom Tisch. Aber als dann ab dem Jahr 2010 die nächste Generation der Holzvergaser auf den Markt kam, begann die Planung von Neuem. Krasser wurde vor allem auf den Vergaser eines bayerischen Herstellers aufmerksam, der inzwischen weit über 100 Vergaser gebaut hat. „Wie wir von der ersten Generation der Holzvergaser wissen, ist ein homogener Brennstoff mit einer konstanten Feuchte der Schlüssel für einen störungsfreien Betrieb“, erklärt der Geschäftsführer.


Das Problem war nur: Wie lassen sich aus dem anfallenden Waldholz in der Region hochwertige Pellets herstellen? Die Lösung brachte ein zufälliges Treffen mit Wolf-Christian Küspert, dem Geschäftsführer der GELO Holzwerke aus Weißenstadt. Das Sägewerk schneidet jährlich rund 280 000 Festmeter Stammholz ein, um daraus 250 000 Festmeter Bauholz, Industrieholz, Bretter und viele andere Produkte zu erzeugen. Dabei fallen jährlich rund 18 000 t Späne an. Diese hatte GELO früher an verschiedene Pelletierer verkauft, die ihrerseits mit dem Rohstoff Gewinn machten. „Ich habe aber auch nach Wegen gesucht, um diese Wertschöpfung hier Vorort zu lassen“, berichtet Küspert, heute Mitgeschäftsführer in der WUN Bioenergie GmbH.


Eigene Pelletproduktion:

Aus diesem Grund hat sich die SWW mit der GELO zur Kooperation entschlossen. Die WUN Bioenergie hat insgesamt 14 Mio. € in einen Industriepark in Wunsiedel investiert. Hier wurden im Jahr 2011 zwei Großanlagen errichtet:


  • Ein Biomasseheizkraftwerk mit Organic-Rankine-Cycle-(ORC)-Turbine mit einer elektrischen Leistung von 750 Kilowatt (kW) und einer thermischen von 3 200 kW. Die dafür benötigten 14 000 t Hackschnitzel stammen aus Waldrestholz, das bei der Stammholzernte anfällt sowie aus Durchforstungsholz. Sie werden von der Waldbauernvereinigung geliefert, die selbst an der WUN Bioenergie beteiligt ist, sowie von den Bayerischen Staatsforsten.
  • Eine Pelletproduktion, die täglich mindestens 100 t Pellets, im Jahr rund 35 000 t Holzpellets nach dem Qualitätsstandard „DIN plus A1“ produziert, die damit auch geeignet sind für kleinere Einzelraumfeuerungen. Der Rohstoff für die Pellets stammt mit 18 000 t rund zur Hälfte von der GELO, den Rest liefern weitere Sägereien aus der Umgebung.


Die beiden Anlagen sind über einen großen Niedertemperatur-Bandtrockner miteinander verbunden. Denn die in der ORC-Anlage anfallende Abwärme wird darin zum Trocknen der Späne genutzt. Die angelieferten Späne werden auf 8 % Restfeuchte getrocknet und anschließend zu Pellets gepresst.


Transport per Lkw:

Die in der ORC-Anlage anfallenden 6 Mio. kWh Strom speist die SWW ins Netz ein und beliefert damit die angeschlossenen Stromkunden. Als regionales Versorgungsunternehmen versorgt die SWW insgesamt sieben Kommunen mit Strom. Am gleichen Standort steht auch ein Erdgas-BHKW mit 1,2 MW Leistung. „Wir könnten es irgendwann einmal auch mit eigenem Methan versorgen, das wir beispielsweise aus Windstrom erzeugen. Aber das ist noch Zukunftsmusik“, meint Krasser.


Die Holzpellets werden per Lkw in drei dezentrale Heizkraftwerke in Schönbrunn, Breitenbrunn und Neusorg gefahren. Die Pelletbunker an den Anlagen werden einmal im Jahr aufgefüllt.


An zwei Standorten stehen Holzvergaser, die aus dem homogenen Brennstoff Strom und Wärme erzeugen (siehe Kasten). Die Wärme wird in kleine, regionale Wärmenetze eingespeist. „Wir haben mit dem Lkw-Transport ein großes, langes Nahwärmenetz ersetzt“, erklärt Krasser. In Breitenbrunn steht zudem noch ein Erdgas-BHKW für die Grundlast. Außerdem gibt es hier einen liegenden Wärmespeicher mit 80 000 l Volumen. Dank diesem lässt sich das BHKW des Holzvergasers sowohl strom- als auch wärmegeführt fahren. Er kann also bei Bedarf Strom produzieren, auch wenn keine Wärme benötigt wird, weil diese dann zwischengespeichert wird.


Die Holzvergaser mit angeschlossenem Blockheizkraftwerk mit je 190 kW (elektrisch) und 270 kW (thermisch) laufen mittlerweile über 10 000 Betriebsstunden störungsfrei und bringen die versprochenen Leistungen. Die Zündstrahl-BHKW nutzen momentan noch Pflanzenöl, sollen aber generell auf Holzgas umgestellt werden.


Die Dorfheizungen reichen jedoch längst nicht aus, um die 35 000 t Holzpellets zu verwerten. Rund 7 000 t jährlich verkauft die WUN Bioenergie an Privathaushalte, Mehrfamilienhäuser und Schulen, die eigene Kessel und Pelletöfen damit befeuern, Tendenz steigend. Das Gros vermarktet das beteiligte Unternehmen German Pellets bundesweit.


Künftig will die WUN Bioenergie auf Flächen im Wasserschutzgebiet noch Kurzumtriebsplantagen anlegen, weil die Flächen dann nicht gedüngt werden müssen und sich so kein Nitratproblem ergeben kann. Auch aus dem Holz will die WUN Bioenergie dann ebenfalls Pellets erzeugen.


Hinrich Neumann

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