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Agrarpolitik bei der Landtagswahl Maisernte Baywa in Insolvenzgefahr

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Repowering: In kleinen Schritten zum Erfolg

Lesezeit: 9 Minuten

Auf dem ersten mobilen Biogas-Seminar von top agrar ­stellten Anlagenbetreiber und Berater Ideen vor, wie Sie Ihre Anlage fit für die Zukunft machen können.


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Erfolgreiche Anlagen sind nicht unbedingt die größten, weiß ­Biogasexperte Dr. Dietrich Clemens von der Unternehmensberatung Treurat und Partner, die zusammen mit dem Landesbuchführungsverband Schleswig-Holstein im vergangenen Jahr 100 Biogasanlagen ausgewertet hat. Wie Clemens den rund 50 Teilnehmer des ersten Biogas-Seminars von top agrar Ende August erläuterte, sind kleinere Anlagen weniger von Substratlieferanten, aber auch weniger von den Banken abhängig.


Zwischen erfolgreichen und weniger erfolgreichen Betrieben liegen laut Clemens bis zu 5 Cent pro Kilowattstunde (ct/kWh) Gewinnunterschied. Bei einer 500 kW-Anlage können das schon 200 000 € im Jahr ausmachen.


Management entscheidet:

Nicht die Größe, sondern das Management ist für den Erfolg entscheidend. Erfolgreiche Biogasanlagenbetreiber denken immer einen Schritt voraus: Welche Anlagenteile kann ich bei der nächsten Wartung vorbeugend austauschen, bevor sie ungeplant ausfallen? Wie kann ich den technischen Fortschritt nutzen, um meine Futtereffizienz zu erhöhen? Oder wie kann ich so investieren, dass ich von der aktuellen Förderung bestmöglich profitiere?


Nach der Analyse der Erfolgsfaktoren guter Anlagen rät Clemens u.a.:


  • Dokumentieren Sie Schäden bei Feststoffeintrag, Rührwerken oder Blockheizkraftwerk (BHKW) und vergleichen Sie sich mit anderen Betreibern. Es gibt bestimmte Fabrikate und Komponenten, die häufiger ausfallen und erhebliche Kosten verursachen.
  • Die Wartungskosten für Motoren sollten langfristig unter 1,2 ct/kWh liegen.
  • Auch die Dokumentation des Eigenstrombedarfs einzelner Stromverbraucher in der Anlage hilft Ihnen, Problemen auf die Spur zu kommen.
  • Die Kosten für Spurenelemente sollten bei 0,2 ct/kWh liegen. Dafür sollten Sie mindestens zwei- bis dreimal pro Jahr eine Laboruntersuchung machen lassen. Dann können Sie die Spurenelemente gezielter nach Bedarf einsetzen.
  • Achten Sie auf einen Eigenstrombedarf von unter 7 %. Möglichkeiten, um den Bedarf zu senken, sind großflügelige Rührwerke statt schnell drehender Tauchmotorrührwerke, regelmäßiges Hoch- und Runterfahren der Rührwerke zur Schwimmdeckenzerstörung.
  • Auch eine Umgehung des Abgaswärmetauschers oder der Einsatz von effizienten Trocknungsanlagen bei der Wärmeverwertung kann den Stromverbrauch senken.
  • Die Substrate sollten Sie optimal aufeinander abstimmen, z. B. trockene Ganzpflanzensilage mit Zuckerrüben kombinieren.
  • Die Futtereffizienz sollte bei über 1 380 kWh erzeugter Strommenge pro Tonne TS Maisäquivalent liegen. Maisäquivalent bedeutet: Die eingesetzten Substrate werden auf die Menge Mais umgerechnet, die stattdessen zugeführt werden müsste.
  • Verwerten Sie möglichst 70 bis 80 % der anfallenden Wärme und suchen Sie besonders nach Wärmesenken für den Sommer.


Effiziente Vorbehandlung:

Mit einer geeigneten Substrataufbereitung können Anlagenbetreiber die Rohstoffeffizienz erhöhen oder auch Reststoffe aus der Landwirtschaft einsetzen wie z.B. Festmist. „Mit einem geeigneten Verfahren können Sie die Verweilzeit verkürzen oder sogar den Ertrag steigern“, erklärt Daniel Baumkötter vom Fachbereich Energie, Gebäude, Umwelt an der Fachhochschule Münster. Weitere positive Effekte sind bessere Rührfähigkeit im Fermenter und weniger Schwimmschichten.


Das Verfahren, das sich derzeit am meisten durchgesetzt hat, ist die Zerkleinerung im Prallreaktor. Die Geräte arbeiten bei 1 000 bis 3 000 Umdrehungen pro Minute und zerkleinern bzw. zerfasern Materialien mit Hammer, Ketten oder Kugeln. Bei einer landwirtschaftlichen Biogasanlage haben Baumkötter und Kollegen einen Prallreaktor untersucht. Ergebnisse:


  • Bei Silomais und Hafer-GPS brachte die Zerkleinerung keinen Mehrertrag, während bei Stroh und Mist Zuwächse von bis zu 20 % möglich waren.
  • Die Substratbeschaffenheit hat großen Einfluss auf Verschleiß und Stromverbrauch der Zerkleinerung. Bei trockenem Maisstroh ist der Stromverbrauch höher als bei feuchtem Pferdemist.
  • Bei dem 90 000 € teuren Gerät (ohne Peripherie) traten im Jahr 4 500 € Kosten nur für Verschleißteile auf.
  • Der Betreiber musste im Schnitt für die Wartung und Instandhaltung der Anlage 15 Minuten mehr Arbeitszeit pro Tag aufwenden.
  • Bei einem Einsatz von täglich 15 t Rohstoffen pro Tag entstanden bei dem Betrieb pro Tonne Frischmasse und Tag Gesamtkosten von 6,40 €. Davon entfallen 3 € auf die Investition, 0,90 € auf Verschleißteile, 0,30 € auf die Arbeitszeit und 2,20 € auf den Strom.


„Um herauszufinden, welche Kosten und welche positiven Effekte eine Subs­tratzerkleinerung auf Ihrem Betrieb verursacht, sollten Sie eine Maschine zur Probe einbauen lassen und eine Zeit lang testen“, rät Baumkötter.


Kugelmühle und Dekanter:

Mit einer besonderen Substrataufbereitung arbeitet die erste der besichtigten Biogasanlagen. Die Anlage der Bioenergie Steinfurt in Hollich produziert mit einer weiteren benachbarten Anlage Biogas für insgesamt 2,7 Megawatt (MW) elektrische Leistung. Strom und Wärme verwerten die Betreiber in dem BHKW auf dem Anlagenstandort (380 kW) sowie an sechs weiteren Standorten in der Stadt Burgsteinfurt. Im Jahr vergärt die Anlage 24 000 t Mais. Der Gärrest wird in einer Zentrifuge (Dekanter) in eine Fest- und eine Flüssigphase getrennt. „Wir haben vor einem Jahr die Auftrennung von einem Pressschneckenseparator auf die Zentrifuge umgestellt, weil sie mehr Phosphat abscheiden kann“, berichtet Sven Nefigmann, Geschäftsführer der Neue Energie Steinfurt (N-E-St), die die Anlage geplant und gebaut hat.


Der Phosphoranteil bleibt in der Festphase, Stickstoff dagegen vor allem in der Dünnphase. Diese nehmen die Maislieferanten vor Ort ab. Mit diesem System können sie mehr Phosphat exportieren.


Ein Teil der festen Phase wird getrocknet und zu Einstreupellets verarbeitet. Der Großteil jedoch gelangt in eine Kugelmühle der Firma Geisberger (www.biogas-kugelmuehle.de). Dieser Prallreaktor arbeitet mit mehreren etwa 6 kg schweren Metallkugeln, die in dem sich langsam drehenden Behälter auf das Substrat fallen. „Da wir hier nur das Material vermahlen, was die Bakterien im Fermenter nicht aufgeschlossen haben, halten wir das Verfahren für sehr effizient. Wollten wir das gesamte Material vor der Vergärung mahlen, bräuchten wir vier Mühlen dieser Größe“, erklärt Nefigmann. Die Mühle nimmt 3 bis 3,5 kW Strom auf und schafft eine Durchflussleistung von 8 m3 pro Stunde. Pro Jahr verarbeitet sie zwischen 8 und 15 000 m3 Substrat. Wichtig ist, dass Drehzahl des Reaktors und Durchflussgeschwindigkeit gut aufeinander abgestimmt sind, um die optimale Zerkleinerung zu gewährleisten.


Die Biogasanlage ist auf eine Verweilzeit von 60 Tagen ausgelegt. Mit der Rückführung der gemahlenen Festphase erhöht sich diese auf 90 Tage. Damit steigern die Hollicher die Ausbeute aus dem Substrat.


Mehr Mist im Menü:

Eine andere Form der Substrataufbereitung hat die HT Bioenergie GbR aus Ahaus installiert. Seit April 2015 zerkleinert in der Biogasanlage mit 400 kW Leistung ein Rotacrex R 1200 der Firma Bomatic (www.planet-biogas.de) die Inputstoffe. Die Maschine hat rund 150 000 € einschließlich Montage gekostet. „Wir setzen hier täglich 28 t Feststoffe sowie 25 m3 Gülle ein“, beschreibt Anlagenbetreiber Daniel Hemker-Thiermann.


Der Mix der Feststoffe besteht aus 20 t Rindermist, 3 t Maissilage und 5 t Gras-Hafer-Gemisch. Seit der neue Zerkleinerer im Einsatz ist, läuft der Betrieb wesentlich ruhiger. „Vorher hatten wir immer mal wieder Störungen, weil sich langfaseriger Mist in den Schnecken festgesetzt hat“, berichtet der Landwirt. Es gibt auch keine Schwimm- oder Sinkschichten mehr.


Der Festmist (Rinder-, Bullentret- und Tiefstallmist aus verschiedenen Betrieben) wird frisch verarbeitet und bringt ca. 120 bis 140 m3 Biogas pro Tonne Frischmasse. Erwartet hatte Hemker-Thiemann laut Berechnungen dagegen nur 80 m3.


Der Rotacrex arbeitet mit zwei übereinander angeordneten, rotierenden Scheiben, auf denen wie bei einem Kreiselmähwerk jeweils vier bewegliche Prallplatten montiert sind. Diese zerkleinern das Material homogen auf 2 cm Länge.


Die Mühle hat einen Elektromotor mit 75 kW Anschlussleistung. Dazukommen je 5 kW Leistungsbedarf für Zuführ- und Trogschnecke. Pro Tonne Frischmasse benötigt die Mühle 11 bis 13 kWh Strom. Nach rund 2 000 t müssen die Prallplatten erstmals gewechselt werden, schätzt Hemker-Thiemann. Derzeit hat die Maschine 1 700 t verarbeit.


Einsparung beim Substrat:

Seine Erfahrung nach rund einem halben Jahr: Er füttert jetzt 3 bis 4 t Material pro Tag weniger. Gleichzeitig hat er den Anteil Rindermist von 17 auf 20 t pro Tag erhöht und spart damit teure Energiepflanzen ein. Außerdem braucht er deutlich weniger Arbeitszeit. Denn vorher hatte er den Mist von einem Lohnunternehmer schreddern lassen, musste ihn anschließend zu einem Haufen zusammenfahren und abdecken.


Ein weiterer Vorteil für ihn: Jetzt kann er ganze Zuckerrüben über den Feststoffdosierer füttern, die auch komplett zerkleinert werden. Hemker-Thiemanns bauen mittlerweile auf zehn Hektar Fläche Rüben für die Biogasanlage an, weil sie gut in die Fruchtfolge passen und die Rührfähigkeit im Fermenter erhöhen.


Strom nach Fahrplan:

Den Schritt in die Flexibilisierung hat Landwirt Stephan Ostendarp gewagt. In dem Betrieb mit 200 Bullen und 700 Schweinemastplätzen erzeugt seit 2009 eine Biogasanlage mit 170 kW Strom und Wärme. Anfangs lief auf dem Betrieb nur das Schnell-Zündstrahlaggregat, im Jahr 2014 hat Ostendarp dann zusätzlich das neue Gas-Otto-Motor-BHKW (L6R20) des Herstellers Schnell (www.schnellmotor.de) einbauen lassen. „Das alte hatte 48 000 Betriebsstunden und es wäre ohnehin ein Ersatz in wenigen Jahren fällig gewesen“, begründet der Landwirt seine Entscheidung.


Bereits seit dem Jahr 2012 bietet Ostendarp über die Stadtwerke Vreden Stadtlohn (SVS) negative Sekundärregelleistung an. Dabei schalten die Stadtwerke das BHKW bei zuviel Strom im Netz kurzzeitig aus. Anfangs hatte ihm diese Art der Direktvermarktung rund 1 000 € im Monat zusätzlich beschert. Dann allerdings stürzten die Preise für Regelenergie ab, der Erlös liegt heute bei wenigen hundert Euro.


Winter- und Sommerbetrieb:

Mit dem neuen BHKW hat Ostendarp auf Winter- und Sommerbetrieb umgestellt. Im Winter fährt er den Gasmotor mit einem elektrischen Wirkungsgrad von ca. 45 % (Prospektangabe) rund um die Uhr, um möglichst viel Wärme bereitstellen zu können. Denn er versorgt damit Wohnhaus, Stall und mehrere Nachbarhäuser. Das Zündstrahl-Aggregat läuft zusätzlich noch zwei Stunden. In den Monaten von März bis Oktober dagegen, wenn er wenig Wärmebedarf hat, ist das BHKW von 22 Uhr bis 8 Uhr morgens aus. Das Zündstrahlaggregat läuft zusätzlich von 7 Uhr bis 9 Uhr morgens.


Damit trotzdem genug Wärme bereitsteht, hat Ostendarp einen 40 m3 großen Warmwasserspeicher installieren lassen. Die Wärme daraus nutzt er auch, um die BHKW für einen Warmstart auf 50 °C (Zündstrahler) bzw. 60 °C (Gasmotor) warm zu halten.


Als nächstes will er auch positive Regelleistung anbieten, bei der das zweite BHKW im Bedarfsfall angeschaltet wird. Der Gasspeicher von 700 m3 reicht dazu aus, er kann rund 13 Stunden das Biogas speichern, ohne dass die BHKW es verwerten.


Probleme gab es bislang mit der Fernwirkeinrichtung, über die der Stromvermarkter auf die Anlage zugreift. „Immer mal wieder gibt es keine Funkverbindung“, berichtet Ostendarp. Auch gab es in der Woche ein- bis zweimal die Störmeldung, dass die BHKW nicht korrekt gestartet sind.


Die Vorträge und Anlagenbesichtigungen haben deutlich gemacht: Es gibt viele Wege, um die Biogasanlage fit für die Zukunft zu machen. Doch vor jeder Investitionsentscheidung müssen Sie Aufwand und Ertrag genau kalkulieren. Hinrich Neumann


Im folgenden Beitrag haben wir für Sie die Lösungen der ausstellenden Hersteller zusammengestellt.

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