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Sand im Fermenter: Alles muss raus!

Lesezeit: 7 Minuten

Wenn tonnenweise Sand und Erde den Fermenter verstopfen, muss gehandelt werden. Wie Profis dabei vorgehen, zeigt unser Beitrag.


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AAuf der Suche nach Gärsubstraten wird heutzutage so einiges vergast. Neben Mais findet man mittlerweile auch Grassilage, Zuckerrüben, Mist und Hühnertrockenkot in der Futterration vieler Biogasanlagen. Mit diesen Stoffen gelangt jedoch viel Erde und Sand in den Fermenter. Auch die beste Rührtechnik kann dieses Material auf Dauer nicht in der Schwebe halten.


Die Folge: Es sinkt ab und sammelt sich auf dem Behälterboden. Aus der Praxis wird inzwischen von Fällen berichtet, in denen bis zu 300 m3 Sediment aus dem Behälter geholt wurden! Bei Lagerdichten von 2000 kg/m3 kommen da einige Tonnen zusammen. Doch schon bei geringeren Mengen gibt es Anzeichen wie z. B.:


  • Nachlassende Heizleistung,
  • schleichend zurückgehenden Gasertrag wegen geringerem Gärvolumen.,
  • wiederholtes Ansprechen der Überlastsicherung von Einbringetechnik und Rührwerken,
  • erhöhter Eigenstromverbrauch der Rührwerke durch das zähe Material,
  • starker Verschleiß an Propellern, Schnecken und Pumpen.


Einige Anlagenbetreiber haben sich bereits auf diese Probleme eingestellt. „Diese Betriebe gehen damit ganz pragmatisch um: In regelmäßigen Abständen wird der Fermenter während einer Revision gereinigt. Manche Betreiber kalkulieren die Kosten dafür bereits mit ein“, sagt Dr. Arne Dahlhoff, Biogasberater bei der LWK Nordrhein-Westfalen. Passende Faustzahlen gibt es noch nicht, denn in der Regel werden die Kosten dafür betriebsindividuell ermittelt.


Neben Art und Menge der Ablagerungen hängen sie vor allem vom Reinigungsverfahren ab. Dabei eignet sich nicht jedes Verfahren gleichermaßen, um verstopfte Fermenter wieder freizubekommen.


Mixen, mixen, mixen: Treten Störungen in der Biogasanlage auf, wird in vielen Fällen zunächst ein mobiler Güllemixer angefordert. Diese Dienstleistung hat sich bereits auf vielen Anlagen etabliert und ist mittlerweile flächendeckend im ganzen Bundesgebiet verfügbar. Zwar sind die „Mixer mit Stiel“ (EM 4/2009) in der Tat überaus leistungsfähig, wenn es ums Einrühren langfaseriger Mate-rialien oder das Auflösen massiver Schwimmschichten geht.


„Sandhaltige Sinkschichten kann die Maschine aber nur kurzzeitig beseitigen. Denn Sand- und Erdpartikel setzen sich ziemlich schnell wieder am Boden ab“, weiß Henning Grünhagen, der mit seinem LKW-Güllemixer zahlreiche Biogasanlagen betreut. Daher reicht die Zeit, in der Sand und Erde nach dem Aufrühren im Gärsubstrat schweben, nicht aus, um das Material im laufenden Betrieb herauszufördern. Durch Sand und Fremdkörper werden bei dieser Methode außerdem die Pumpen stark in Mitleidenschaft gezogen: Man verlagert das Problem eigentlich nur ins Endlager.


Alles muss raus! Wenn Probleme mit sandigen Sinkschichten auftreten, sollte man das Gärsubstrat zuerst komplett abpumpen und dann im zweiten Schritt das Sediment entfernen. So wird der Behälter auch wirklich sauber.


Doch Vorsicht! Eine Fermenterräumung ist keine Arbeit, die man mit Minibaggern, Hofladern und Förderbändern in Eigenregie durchführen sollte. Bevor man in den Fermenter einsteigt, müssen zahlreiche Sicherheitsvorkehrungen getroffen werden. Denn durch explosionsfähige Gasrückstände besteht große Gefahr für Mensch und Technik. Deshalb ist es ratsam, sich für diese Arbeit eine erfahrene Firma sowie den Rat der Berufsgenossenschaft einzuholen. (Lesen Sie dazu auch den Beitrag auf Seite 12 bis 13)


Mit langem Arm: Neben seinem Mixer-Service bietet Lohnunternehmer Grünhagen auch Kompletträumungen an. Für besonders hartnäckige Sinkschichten hat er ein brandneues Fahrzeug im Einsatz. Dies ist ein LKW, auf den ein stabiler Kranausleger aufgebaut ist. An dem 23 m langen Arm wird ein Schalengreifer montiert. So können Sinkschichten aus bis zu 12 m hohen Behältern geräumt werden. Schwimmschichten erreicht der Arm sogar bis zu 18 m Höhe. „Wir schaffen mit diesem Gerät Bergeleistungen von bis zu 300 m3 pro Tag“, erklärt Grün­hagen.


Wird der Greifer nicht benötigt, kann der Ausleger auch um weitere 20 m verlängert werden. Mit einem Propeller versehen wird er dann als Mixer genutzt, der auch sehr hohe oder entlegene Behälter noch erreicht.


Bevor der Greifer loslegt sind, allerdings einige Vorbereitungen am Behälter nötig: Man öffnet die Behälterfolie und entfernt gegebenenfalls ein paar Balken der Dachkonstruktion, damit der lange Schaufelarm genug Platz zum Arbeiten hat. Bei besonders großen Materialmengen setzt Grünhagen zusätzlich einen kleinen Radlader in den Behälter, der dem Schalengreifer zuarbeitet. Er fährt das Sediment direkt vor die 1 m3 große Schaufel, so dass sie immer ausgelastet ist und das Material nur noch herausbefördern muss.


Die Sicherheit hat bei solchen Aktionen für Henning Grünhagen aber oberste Priorität: „Wir klären vorher alle Gefahren mit dem Kunden ab. Außerdem wird der Behälter ständig mit Luft gespült und der Gasgehalt gemessen.“


Insgesamt rechnet Grünhagen für die Dienstleistung 220 € (zzgl. MwSt.) pro Stunde ab. Hinzu kommt die Anfahrt.


Einsatz für den Saugbagger: In ganz Deutschland gibt es Firmen für Industriereinigungen, die sich auch auf Fermenterrevisionen spezialisiert haben. Sie beraten den Kunden vor Ort und stimmen die nötigen Schritte mit ihm ab. Ihre Schlüsselmaschine ist der Saugbagger, der im Prinzip wie ein überdimen-sionaler Staubsauger funktioniert. Wie beim Güllemixer ist auch die Saugvorrichtung des Saugbaggers auf ein LKW-Fahrgestell montiert, wodurch er ein großes Einsatzgebiet abdecken kann.


Die Firma Kappler Umwelt Service aus Baindt-Schachen setzt ihre Geräte im südlichen Baden-Württemberg sowie in Bayern ein. Zur Kundschaft gehören über 70 Biogasanlagen – mit steigender Tendenz. „Viele Anlagen sind seit vier bis fünf Jahren in Betrieb. Erfahrungsgemäß treten dann die ersten Probleme wegen Ablagerungen auf“, sagt Michael Schubert, Prokurist bei Kappler.


Mitunter können die Ablagerungen sogar so hart werden, dass sie zuerst mit Pressluftwerkzeugen gelöst werden müssen. Die Leistung eines Saugbaggers hängt deswegen stark davon ab, was für Verunreinigungen anfallen. Wenn es gut läuft, sind zwischen 80 und 100 m3 pro Tag möglich. Dafür sind dann drei bis vier Helfer mit Schaufel und Spaten im Behälter nötig. In schlecht zugänglichen Behältern werden als Verlängerung des Saugschlauchs KG-Rohre benutzt. So sind die Wege für das Reinigungspersonal möglichst kurz und die Arbeit geht schneller, indem die Helfer den Sand dann direkt vor das Rohr schippen.


Sicher ist sicher! „Auf motorbetriebene Fahrzeuge im Behälter verzichten wir bewusst. Denn die Explosionsgefahr ist auch in einem belüfteten Fermenter sehr groß, weil beim Bewegen der Gärreste immer wieder Gaswolken austreten,“ gibt Michael Schubert zu bedenken. Von den gleichen Gefahren berichtet auch Michael Fülster von der AKO Industriereinigung aus Kaltenkirchen in Schleswig-Holstein. „Trotz der permanenten Belüftung des Fermenters mit ex-geschützten Gebläsen geht wegen der Erstickungsgefahr niemand ohne einen außenluftunabhängigen Atemschutz in den Behälter“, sagt Fülster. Bei vielen Anlagenbetreibern ist dieses Gefahrenbewusstsein dagegen noch we-nig ausgeprägt.


Der schlammig-sandige Bodensatz aus dem Fermenter landet im Tank auf dem LKW. Ist er voll, wird auf einen Anhänger oder in eine Radladerschaufel übergeladen. Die meisten Betriebe fahren die Ablagerungen anschließend wieder dahin, wo sie hergekommen: Aufs Feld.


Eine so vielseitige Maschine wie der Saugbagger hat natürlich seinen Preis. Die Firma Kappler berechnet pro Stunde ca. 250 € (zzgl. MwSt.) plus Anfahrt. Darin sind zwei Arbeitskräfte und die Sicherheitsausrüstung mit inbegriffen. Das Gebläse zur Lüftung stellt in der Regel der Anlagenbetreiber.


Weitere Spezialisten für Fermenterreinigungen sind beispielsweise die Firmen Hözl Saugtechnik aus Schonstett in Oberbayern und Vatro Sanierungs- und Trocknungstechnik GmbH mit Sitz in Hamburg. Die beiden Unternehmen sind mit ihren Spezialfahrzeugen im ganzen Bundesgebiet und teilweise sogar in den Nachbarstaaten unterwegs.


Tjade Gronau j

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