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So rüsten Sie auf alternative Substrate um

Lesezeit: 6 Minuten

Bei der Umstellung von Mais auf Gras, Stroh und Gülle gibt es neue Verfahren und Hilfsmittel, damit die Umstellung technisch, biologisch und wirtschaftlich gelingt.


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In vielen Regionen hat sich die Dürre 2022 extrem auf den Maisertrag ausgewirkt. Mancherorts sind zudem die Preise für die Energiepflanze stark gestiegen. Dazu kommt der politisch motivierte „Maisdeckel“ im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), der Silomais in der Ration immer stärker einschränkt. Aus diesem Grund suchen viele Anlagenbetreiber weiter nach Alternativen.


Allerdings sind Gras, Ganzpflanzensilage, Mais- oder Getreidestroh beispielsweise schwer zu vergären. Welche Lösungen es hier gibt, stellten mehrere Referenten auf der Tagung „Biogas aus Stroh und Gülle“ Ende August im westfälischen Heiden vor.


Angepasste Enzyme


Bei der Umstellung auf diese Substrate hilft die Zugabe von speziellen Enzymen und Spurenelementen. „Dabei sollten Betreiber aber beachten, dass Enzyme ihr bestimmtes Milieu benötigen, um richtig wirken zu können“, erklärt Uwe Wilms vom Unternehmen Biogas-Additive. Dazu gehört der pH-Wert. Ist dieser zu hoch, wirken die meisten Enzyme nicht. „Sie werden dann wie andere Eiweißstoffe ohne weitere Wirkung verstoffwechselt“, sagt er. Mit der Produktgruppe „Zymaxx“ hat sein Unternehmen unterschiedliche Enzymkomplexe kombiniert für Substrate wie z.B. Gras oder GPS. „Darin sind u.a. Hydrolasen enthalten, die Cellulose und Hemicellulose spalten und die darin enthaltenen Zuckermoleküle freisetzen“, schildert Wilms.


Höhere Gärtemperatur


Eine andere Möglichkeit ist die Erhöhung der Gärtemperatur. „Bei einem Anstieg um 10 Grad Kelvin verdoppelt sich die Bakterienaktivität“, betont Fabian Koch vom Unternehmen energie+agrar. Als zweiten Schritt sollten Anlagenbetreiber die Spurenelementversorgung prüfen. Denn die Biologie steht beim Substratwechsel vor neuen Herausforderungen: Will ein Anlagenbetreiber z.B. Mais komplett durch Rindermist ersetzen, ohne dass sich der Biogasertrag reduziert, halbiert sich aufgrund der doppelten Einsatzmenge die Verweilzeit im Fermenter. „Dabei kann es zu einer Unterversorgung mit Spurenelementen kommen“, weiß er aus der Beratungspraxis.


Walter Danner vom Ingenieurbüro Snow Leopard rät sogar dazu, bei Einsatzstoffen wie Gras, GPS, Getreide, Mist oder Stroh die Gärtemperatur auf 60 bis 62°C zu erhöhen. Hierzu hat er gute Erfahrung mit einer vorgeschalteten Hydrolyse gemacht. Danner bezeichnet diese als „Biologische Vorbehandlungseinheit für Stroh“(BVES).


Auf der Biogasanlage werden dabei zwei dieser Tanks mit jeweils 200 bis 300 m³ errichtet. „Zwei Tanks sind sinnvoll, um eine kontinuierliche Belieferung des Fermenters zu garantieren“, sagt er. Die Biomasse wird alle ein oder zwei Tage auf einmal eingefüllt und verbleibt ca. zwei bis vier Tage in den BVES-Tanks. Danach wird sie stündlich in kleinen Mengen in den Fermenter gepumpt. Zum Anmaischen empfiehlt er Flüssigkeit aus dem Gärrestlager.


In den BVES-Tanks sollte die Biomasse nur solange bleiben, dass es noch nicht zur Biogasbildung kommt. Mit diesem Verfahren sei die Gasausbeute in den von ihm betreuten Biogasanlagen bis zu 135% höher als die errechneten Standardwerte nach KTBL. „Wichtig ist dabei auch eine gute Spurenelementeversorgung mit Selen, Mangan, Kobalt und Molybdän“, rät er.


Um die hohe Temperatur in den BVES und später im Fermenter zu erreichen und dauerhaft zu erhalten, müssen die Gärbehälter entsprechend gedämmt sein. Hierzu ist laut Danner auch eine gedämmte Folienhaube nötig. Will ein Betreiber einer bestehenden Anlage die Temperatur so stark erhöhen, sollte er die Garantiehinweise des Anlagenherstellers beachten.


Lösung für Schweinegülle


Als Substratalternative findet Schweinegülle bislang wegen des geringen TS-Gehalts und der entsprechend geringen Gasausbeute kaum den Weg in Biogasanlagen. Die FH Münster hat als Lösung dafür im Projekt Bio-Smart einen Hochlastfermenter umfunktioniert, mit dem bislang Abwässer aus der Lebensmittel- oder Zellstoffindustrie behandelt wurden. „Wichtige Vorteile gegenüber einer herkömmlichen Biogasanlage sind eine kurze Verweilzeit, eine höhere Mikroorganismenkonzentration und dadurch hohe Raumlast bei geringem Fermentervolumen“, erklärt Projektingenieur Jurek Häner von der FH Münster.


Die Hochlastvergärung könnte dazu beitragen, dass sich das Fermentervolumen beim Einsatz von Schweinegülle reduzieren lässt. Dazu müsste ein Hochlastfermenter als Zusatzmodul bei einer herkömmlichen Biogasanlage integriert werden. Wie sich das auf das Volumen auswirkt, zeigt Häner an einem Beispiel: Würde man jährlich 20000 m³ Schweinegülle und 5000 m³ Rindergülle in einer klassischen Biogasanlage vergären, wäre ein Fermentervolumen von rund 2700 m³ bei 40 Tagen Verweilzeit nötig.


Wird die Gülle dagegen separiert und die Flüssigphase in 8,5 Tagen in einem Hochlastfermenter mit 500 m³ und die Festphase in einem herkömmlichen Fermenter mit 770 m³ vergoren, sind insgesamt nur knapp 1300 m³ Behältervolumen nötig.


Biomasse aus dem Moor


Die Vernässung von Moorböden gilt als wichtiges Klimaschutzinstrument in der Landwirtschaft. Der Aufwuchs von diesen nassen Flächen wird als Paludibiomasse bezeichnet, die sich stofflich oder energetisch verwerten lässt. Der Ökoenergieversorger Green Planet Energy will die Biomasse, für die keine stoffliche Verwertung umsetzbar ist, in Biogasanlagen vergären und das Gas zu Biomethan aufbereiten. Dieses soll dann als Ökogas an Kunden geliefert werden. Als mögliche Rohstoffe kommen dazu der Aufwuchs von Feucht- oder Nasswiesen, Rohrglanzgras oder breitblättriger Rohrkolben zum Einsatz. „Für diese Rohstoffe benötigen wir eine angepasste Erntetechnik sowie eine gute Vorzerkleinerung vor der Vergärung und eine gute Durchmischung im Fermenter“, erklärt Paul Alvermann von der Green Planet Projects GmbH.


Als Erlösoptionen für das Material könnten künftig neben einem höheren Preis für das Gas auch CO2-Zertifikate wie „Moorfutures“ helfen. „Die Vernässungskosten lassen sich alleine nicht von der Paludikultur tragen. Hier müssen staatliche oder private Förderprogramme helfen, die es teilweise heute schon gibt“, sagt Alvermann.


Green Planet Energy bietet hierfür mehrere Lösungswege an: Abnahme des Biomethans zum Festpreis, Bau und Betrieb einer Biogasaufbereitung auf dem Standort einer Biogasanlage in der Nähe von Moorflächen und in einzelnen Regionen auch die direkte Abnahme der Biomasse.


Neue Ernteverfahren


Künftig könnte zusätzlich zum Stroh auch Spreu als neuer Rohstoff mitgeerntet werden. Dazu schlägt Jörg Ortmaier von der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen neue Verfahren für die Ganzpflanzenernte in der Vollreife vor. Die Biomasse müsste im Anschluss stationär vom Korn für die Vermarktung getrennt werden. Infrage kommen dazu das Kompakternteverfahren (ein Mähdrescher ohne Reinigungseinheit), der Feldhäckseldrusch oder die Ernte mit dem Ladewagen, nachdem das Getreide zuvor ins Schwad gelegt wurde. Wegen der geringeren Biomasseverluste und niedrigerer Kosten wären damit über 200 €/ha mehr Gewinn möglich als mit dem Mähdrusch und der Ballenkette. „Es werden auch Unkrautsamen und Krankheitserreger abgefahren, die bei der Vergärung in der Biogasanlage neutralisiert werden“, erklärt er.


Ihr Kontakt zur Redaktion:


hinrich.neumann@topagrar.com

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