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Stromhandel: Verträge nicht blind unterschreiben!

Lesezeit: 7 Minuten

Viele Stromhändler vermarkten Strom aus Biogasanlagen an der Börse direkt. Worauf Sie vor Vertragsschluss achten sollten, erklären die Rechtsanwälte Dr. Florian Valentin und Christian Buchmüller, Berlin.


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Das neue Marktprämienmodell im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) motiviert Betreiber von Windkraft-, Biogas- und Photovoltaik­anlagen Strom direkt zu vermarkten. Vor allem, wenn sie den Strom flexibel erzeugen und bedarfsgerecht anbieten, können sie höhere Erlöse als mit der sonst üblichen Festvergütung nach dem EEG erzielen (siehe top agrar 2/2012 und Energiemagazin 1/2012).


Bei der Direktvermarktung ist der Anlagenbetreiber in der Regel auf einen Partner angewiesen, an den er den Strom abgibt. Dieser Stromhändler sollte das notwendige Know-how haben, um den Strom dauerhaft und mit Gewinn weiterzuvermarkten.


Der Anlagenbetreiber sollte sich daher bei der Wahl des Direktvermarktungspartners die nötige Zeit nehmen, um das Geschäftsmodell des Partners zu verstehen und herauszufinden, ob „die Chemie stimmt“. Wichtig ist auch, dass er mehrere Angebote und Verträge miteinander vergleicht und prüft.


Kompetenten Händler wählen: Art und Umfang der Direktvermarktung sowie der Vermarktung von Erzeugungsflexibilität können sich je nach Geschäftsmodell des Vermarktungspartners und Ausgestaltung des Vertrages deutlich unterscheiden. Daher sollte der Anlagenbetreiber darauf achten, dass der gewählte Händler für die Stromvermarktung möglichst breit aufgestellt ist. Damit sind insbesondere der Stromhandel an der Börse, außerhalb der Börse sowie das Angebot von Regelenergie gemeint, die zum Ausgleich von Stromlücken (z. B. bei zu viel oder zu wenig Windstrom im Netz) notwendig sind.


Wichtig ist zunächst, die Art und den Umfang der Direktvermarktung vertraglich klar zu regeln. Mit dem Vertrag überträgt der Anlagenbetreiber dem Direktvermarkter üblicherweise exklusiv das Recht zum Erwerb und zur Vermarktung des Stroms aus seinen Anlagen und – je nach Ausgestaltung des Vertrages – zur Vermarktung der Erzeugungsflexibilität der jeweiligen EEG-Anlage. Das bedeutet: Der Betreiber stellt die Kapazität seiner Anlage zur Verfügung, damit sie je nach Strombedarf hoch- oder heruntergefahren werden kann. Der Händler verpflichtet sich dagegen zur Abnahme und Vergütung des abgenommenen Stroms.


Damit die Direktvermarktung in die Wege geleitet werden kann, erteilt der Anlagenbetreiber dem Vermarktungspartner meistens eine umfassende Vollmacht. Sie berechtigt den Händler unter anderem dazu, die Anlage aus dem EEG Bilanzkreis des Netzbetreibers in seinen Bilanzkreis umzumelden.


Je nach Reichweite der vom Direktvermarkter angebotenen Leistungen (insbesondere Teilnahme am Regelenergiemarkt) werden spezielle energierechtliche Regelungen und mehrere Vertragsanlagen nötig.


Mögliche Strafen beachten: Damit der Händler die Vermarktung planen kann, muss der Anlagenbetreiber Wartungszeiträume und Ausfälle der Anlage frühzeitig mitteilen. Er sollte dabei darauf achten, welche Rechtsfolgen eintreten, wenn er diese Pflichten ein- oder mehrmalig verletzt. In der Regel muss er für den Schaden, der bei einem nicht rechtzeitig mitgeteilten Ausfall der Anlage bei der Vermarktung entsteht, aufkommen. Ein Schaden kann z. B. entstehen, wenn der Händler wegen der ausgefallenen Anlage Ausgleichsenergie dazukaufen muss. Darüber hinausgehende Vertragsstrafen sollten dagegen nicht anfallen.


Der Vertrag sollte zudem festlegen, welche Informationen wie und in welcher Frist zwischen den Partnern ausgetauscht werden müssen. Einige Anbieter stellen hierfür Online-Masken zur Verfügung, in die der Anlagenbetreiber z. B. Anlagenausfälle eintragen kann.j


Flexibel bleiben: Je größer die Spielräume des Vermarkters bei der Vermarktung sind, desto größer sind die möglichen Zusatzerlöse.


Der Anlagenbetreiber sollte jedoch stets darauf achten, dass er die von ihm angebotene Flexibilität auch tatsächlich zur Verfügung stellen kann. Bei der Vor-Ort-Verstromung von Biogas müssen dazu etwa ausreichende Kapazitäten zur Zwischenspeicherung von Biogas vorhanden sein, wenn die Anlage zeitweilig gedrosselt werden soll. Zudem sollte der Anlagenbetreiber das Recht haben, in gewissen Abständen (z. B. monatlich) die von ihm angebotene Flexibilität zu ändern.


Ob eine Anlage die Anforderungen zur Vermarktung von Regelenergie erfüllen kann, ist daher rechtzeitig zu prüfen. Voraussetzung ist eine so genannte Präqualifikation der Anlage. Diese Prüfung der einzelnen Anlage oder des Anlagentyps eines Herstellers führt der Übertragungsnetzbetreiber durch. Um diese Formalitäten kümmert sich in der Regel der Vermarktungspartner. Der Anlagenbetreiber hat zusätzlich eine Reihe von Vollmachten und Formularen auszufüllen. Diese finden sich im Idealfall bereits in den Vertragsanlagen.


Eine Direktvermarktung des erzeugten Stroms und insbesondere eine Nutzung der Erzeugungsflexibilität setzen voraus, dass an der Anlage eine elektronische Schnittstelle installiert wird. Damit ermöglicht der Anlagenbetreiber dem Vermarktungspartner einen Zugriff auf die Erzeugungsanlage per Fernsteuerung.


Der Vertrag sollte entsprechende Regelungen dazu vorsehen, wer die Schnittstelle beschaffen muss, wer die Kosten dafür trägt und wie sie beschaffen sein muss.


Mehrerlös kann schwanken: Standardmäßig garantiert der Vermarktungspartner dem Anlagenbetreiber einen Mehrerlös gegenüber der sonst möglichen EEG Vergütung, die dem Anlagenbetreiber üblicherweise zustehen würde. Dieser Mehrerlös ist bei vielen Anbietern erst einmal auf das Jahr 2012 beschränkt.


Darüber hinaus unterscheiden sich die am Markt angebotenen Direktvermarktungsverträge danach, in welchem Umfang der Anlagenbetreiber an den Chancen und Risiken der Direktvermarktung beteiligt ist.


Viele Vermarktungspartner garantieren dem Anlagenbetreiber einen bestimmten Erlös, der über der sonst üblichen EEG Vergütung liegt. Dieser wird dem Anlagenbetreiber garantiert. Allerdings wird der Betreiber in diesem Modell nicht an zusätzlichen Vermarktungserlösen seines Partners beteiligt.


Andere Vermarktungspartner setzen auf mehr Transparenz über Kosten und Erlöse der Vermarktung und beteiligen den Betreiber prozentual an den erzielten Mehrerlösen. In der Regel ist der Anlagenbetreiber dabei aber über die gesamte Laufzeit des Vertrages so abgesichert, dass er nicht schlechter steht, als wenn er die EEG Vergütung vom Netzbetreiber erhalten würde.


Letztlich muss jeder Anlagenbetreiber entscheiden, welche Chancen und Risiken er eingehen möchte. Über den Vermarktungsvertrag sollte jedoch sichergestellt sein, dass er in keinem Fall weniger erhält als bei der EEG Festvergütung.


Auch in den Abrechnungszeiträumen und -modalitäten gibt es zwischen einzelnen Verträgen zur Direktvermarktung erhebliche Unterschiede. Hier lohnt es sich, auf eine transparente und zeitnahe Vergütung oder Abschlagszahlung und Abrechnung zu achten.


Da der Anlagenbetreiber mit seiner Stromlieferung in Vorleistung geht, sind für ihn Sicherheiten wichtig. Die Sicherheiten sollten die vereinbarte Vergütung für mindestens einige Monate umfassen. Außerdem ist aus Sicht des Anlagenbetreibers darauf zu achten, dass er bei einem Zahlungsausfall des Partners berechtigt ist, den Vermarktungsvertrag außerordentlich zu kündigen. Er kann dann die Anlage für den übernächsten Monat „ins EEG“ zurückmelden und für die Zwischenzeit die Sicherheit in Anspruch nehmen.


Kein Vertrag über zwei Jahre: Die Vertragsdauer der gängigen Verträge zur Direktvermarktung bewegt sich derzeit zwischen ein und zwei Jahren. Durch die relativ kurze Laufzeit erhält der Anlagenbetreiber die Möglichkeit, den Vermarktungspartner zu wechseln, wenn er mit der Zusammenarbeit und den Ergebnissen nicht zufrieden ist. Eine längere Laufzeit ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht empfehlenswert. Auch sollte der Anlagenbetreiber dem Vermarktungspartner keine Option zur längerfristigen Bindung einräumen. Viele Verträge sehen auch kurzfristige Kündigungen während der Vertragslaufzeit vor.


Standardmäßig enthalten Vermarktungsverträge außerdem Bestimmungen zur höheren Gewalt, Haftung, Wirtschaftlichkeitsklauseln, möglichen Vertragsänderungen, zur Rechtsnachfolge, Geheimhaltung, Gerichtsstand und Schriftform. Insbesondere die Regelungen zur Haftung sowie Wirtschaftlichkeitsklauseln sollte der Anlagenbetreiber genau prüfen. Diese können etwa dann Bedeutung erlangen, wenn der Netzbetreiber die Leistung der Erzeugungsanlage im Rahmen des Einspeisemanagements reduziert.


In den Anlagen zum Vertrag finden sich im Regelfall eine umfassende Abfrage der Eigenschaften der EEG-Anlage, die Definition der elektronischen Schnittstelle, sowie – wenn vom Vertrag umfasst – die notwendigen Vollmachten und Datenblätter zur Vermarktung von Regelenergie.

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