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Trend: Heizen mit Solarstrom

Lesezeit: 8 Minuten

Heizen mit Solarstrom ist unrentabel – eigentlich! Denn wer mit dem Sonnenstrom eine Wärmepumpe antreibt, kann davon profitieren.


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Auf den ersten Blick klingt der Werbeslogan absurd: Heizen Sie Ihr Brauchwasser für Haus und Hof mit Solarstrom und sparen Sie ganz nebenbei Tausende Euro. Doch genau das versprechen derzeit immer mehr Firmen ihren Kunden. Dabei hat die Kilowattstunde Solarstrom mindestens einen Wert von 16 Cent, die gleiche Energiemenge aus Erdgas oder Öl kostet derzeit höchstens zwischen sieben und zehn Cent. Berücksichtigt man noch die Verluste, die beim Umwandeln von Strom in Wärme entstehen, erscheint die Idee völlig verrückt.


Dennoch ist der Ansatz auf den zweiten Blick gar nicht so abwegig, denn die Industrie bedient sich eines Tricks. Anstatt mit einer Öl- oder Gasheizung soll das Trink-, Spül- und Duschwasser mit einer Wärmepumpe erhitzt werden.


„In den allermeisten Fällen setzen die Unternehmen dazu auf eine Luft-Wärmepumpe“, erklärt Elmar Brügger von der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen am Standort Münster das Prinzip. Deren Funktionsweise lässt sich am besten mit der eines Kühlschrankes vergleichen. Nur gibt die Pumpe nicht Wärme an die Umgebung ab, sondern entzieht diese der Außenluft und überträgt sie auf das Brauchwasser.


Aus eins mach drei:

Gradmesser für die Effektivität einer Wärmepumpe ist die so genannte COP-Zahl (Coefficient of Performance oder Leistungszahl). Sie ist der Quotient aus der Wärme, die in einen Heizkreis abgeben wird, zur elektrischen Arbeit, die für die Pumpe aufgewendet wird.


Beispiel: Moderne Brauchwasser-Wärmepumpen erreichen COP-Werte zwischen drei und vier. Aus einer Kilowattstunde Strom werden mithilfe der Wärmepumpe somit drei bis vier Kilowatt-stunden Wärme erzeugt. Unter diesen Bedingungen stellt sich das Heizen mit Strom schon günstiger dar.


Kostenlos ist die moderne Technik aber nicht. „Deshalb sollte jeder zunächst einmal prüfen, ob sich eine Wärmepumpe überhaupt in seinem Haushalt rentiert – unabhängig davon, ob sie mit Solarenergie oder Strom aus der Steckdose betrieben werden soll“, gibt Brügger zu bedenken.


Extra Tarife für Wärmepumpen:

Für einen Vier-Personen-Haushalt haben wir daher den Einsatz einer Wärmepumpe näher unter die Lupe genommen. Damit immer genügend warmes Brauchwasser vorhanden ist, benötigt die Beispiel-Familie 4 800 Kilowattstunden Wärme pro Jahr.


Außerdem gehen wir davon aus, dass der Strom für die Pumpe zu günstigen Konditionen eingekauft werden kann. Denn viele Energieversorger bieten einen so genannten Wärmepumpen-Tarif an. Für unsere Berechnung haben wir den der RWE gewählt (Arbeitspreis: 16,8 Cent je Kilowattstunde; Jahresgebühr: 78,54 Euro). Berücksichtigt man für die Pumpe Ausgaben in Höhe von 3 500 Euro (inklusive Installation und MwSt.), eine Abschreibung auf 15 Jahre und 3 Prozent Zinsen für das eingesetzte Kapital ergeben sich daraus Kosten von rund 633 Euro pro Jahr (Übersicht 2, Seite 26).


Alte Ölheizung flop:

Heizt derselbe Haushalt weiterhin sein Brauchwasser mit Öl, liegen die Kosten dafür deutlich höher (816 €/Jahr, siehe Übersicht 3 auf Seite 27). Im Übrigen: Die Kosten für die Ölheizung haben wir nicht berücksichtigt. Sie ist in den allermeisten Fällen ohnehin vorhanden wird auch beim Aufheizen des Brauchwassers mit einer Wärmepumpe noch für die Raumheizung benötigt.


Neue Ölheizung top:

Anders sieht die Rechnung aus, wenn es sich um eine neue Ölheizung handelt. Deren Kessel-Wirkungsgrad ist sehr viel besser als der einer alten. Das heißt, sie wandelt die Energie aus dem Öl besser in Wärme um. Während alte Heizungen (älter als zehn Jahre) einen Nutzungsgrad von etwa 50 Prozent erreichen, kommen neue Anlagen auf rund 80 Prozent. Dementsprechend sinken bei Kesseln jüngeren Datums der Ölbedarf und somit auch die Kosten auf nur noch 510 Euro pro Jahr.


In diesem Falle hat die Wärmepumpe das Nachsehen. Sie ist zu teuer. Erst bei einem Ölpreis von rund einem Euro pro Liter erreichen die Wärmepumpe und die moderne Ölheizung mit Blick auf die Kosten einen Gleichstand.


„Bevor eine Wärmepumpe in Verbindung mit einer alten Ölheizung zum Einsatz kommt, sollte die alte Ölheizung daher durch eine moderne Brennwertheizungsanlage ersetzt werden“, sagt Brügger. Der moderne Kessel spart unterm Strich für die Gesamt-Wärmeerzeugung mehr ein, als die Wärmepumpe!


Achtung Kleingedrucktes:

Und die Sache hat noch einen Haken. Die COP-Zahl der Hersteller ist oftmals ein theoretischer Wert. Sie wird im Labor unter standardisierten Bedingungen gemessen. Experten warnen davor, diese Werte in die Praxis zu übernehmen. Demnach erreichen nur wenige Luft-Wärmepumpen in der Praxis eine COP-Zahl von drei (siehe Ausgabe top agrar 12/2008, Seite 114).


Achten Sie daher in den Angeboten bzw. im Datenblatt der Hersteller auf das Kleingedruckte. Dort finden Sie die Voraussetzungen unter denen die COP-Zahl ermittelt wurde. Wenn Sie diese Werte wie beispielsweise eine Kaltwasser-Temperatur von 10 Grad Celsius und eine Luftfeuchtigkeit von 70 Prozent nicht dauerhaft garantieren können, sollten Sie sicherheitshalber die Berechnung mit einer COP-Zahl von zwei durchführen. In unserem Beispiel steigen dadurch die Kosten der Wärmepumpe auf 793 Euro. Damit liegen diese aber immer noch unter denen des alten Ölkessels.


Den Strom verbrauchen:

Diejenigen, die sich dennoch für den Kauf einer Wärmepumpe entscheiden, stehen erst im nächsten Schritt vor der eigentlichen Frage: Sollte man den notwendigen Strom für die Pumpe zukaufen oder dafür eine vorhandene Solarstromanlage anzapfen? „Die Antwort darauf hängt vom Jahr der Inbetriebnahme der Anlage ab“, sagt Brügger. Wurden die Module nach dem 1. April dieses Jahres installiert, besteht zwangsläufig die Verpflichtung, bei Solarstromanlagen mit mehr als zehn Kilowatt Leistung zehn Prozent des Stromes selber zu verbrauchen (die meisten Anlagen in der Landwirtschaft sind von dieser Regel betroffen).


In diesem Falle stellt sich aber die Frage, ob der Solarstrom für die Brauchwasser-Erwärmung oder für Haus und Hof verwendet werden sollte? Wer mit seinem Sonnenstrom Steckdosenstrom ersetzt, spart je nach Tarif zwischen 19 und 22 Cent pro Kilowattstunde. Wird der Ökostrom für die Brauchwasserwärmepumpe genutzt, ersetzt dieser die Kosten des Wärmepumpentarifes von 16,8 Cent je Kilowattstunde (Übersicht 2). Allerdings muss die Grundgebühr von 78,54 Euro pro Jahr berücksichtigt werden. Die Kosten für den Einbau eines extra Stromzählers sind dabei noch nicht einmal berücksichtigt.


Achtung teure Tarife:

Da die Pumpe nur wenig Strom verbraucht, macht sich die Gebühr bei den Kosten pro Kilowattstunde deutlich bemerkbar. In unserem Beispiel schlägt die Kilowattstunde Wärmepumpen-Strom tatsächlich mit mehr als 22 Cent zu Buche. Darum sollte immer vorher geprüft werden, ob ein Wärmepumpentarif günstiger ist als das herkömmliche Angebot des Energieversorgers!


Außerdem: Sofern das Heizen mit Öl teurer zu Buche schlägt, als das mit einer Wärmepumpe, sollte diese mit Solarstrom betrieben werden. Denn wenn der Sonnenstrom aus neuen Anlagen ins Netz eingespeist wird, vergüten die Netzbetreiber diesen mit maximal 18 Cent. Da der Strom aus der Steckdose teurer ist, zahlt sich der Selbstverbrauch aus.


Den Bonus ausnutzen:

Wenn die Solarstromanlage älter ist und vom Eigenverbrauchs-Bonus profitiert, sieht die Rechnung so aus: Eine 10-Kilowatt-Solaranlage wurde beispielsweise am 1. Oktober 2010 in Betrieb genommen. Für diese hat der Betreiber Anspruch auf den so genannten Bonus für den Strom, den er selbst verbraucht. Diese Extrazahlung beträgt 16,65 Cent je Kilowattstunde für die ersten 30 Prozent des in einem Jahr erzeugten Solarstromes. Alles was darüber hinaus verbraucht wird, belohnt der Staat mit 21,03 Cent. Die Anlage in unserem Beispiel erzeugt 10 000 Kilowattstunden im Jahr. Davon werden 5 000 Kilowattstunden selbst verbraucht.


Für die ersten 3 000 Kilowattstunden (30 Prozent von 10 000 Kilowattstunden) werden jeweils 16,65 Cent gezahlt. Für die übrigen 2 000 Kilowattstunden (Anteil über 30 Prozent) 21,03 Cent. Im Haushalt sollen die ersten 30 Prozent des PV-Stromes den herkömmlichen Bezugsstrom ersetzen (Haushaltsgeräte). Der darüber hinausgehende Eigenverbrauchs-Strom der Solaranlage wird dann der Wärmepumpe zugerechnet und ersetzt in un­serem Beispiel die Kosten des Wärmepumpen-Stromes inklusive Grundgebühr. Das sind 21,71 Cent.


Zusammen mit dem Eigenverbrauchs-Bonus ergibt sich daraus ein finanzieller Vorteil von 42,74 Cent je Kilowattstunde (21,03 Cent plus 21,71 Cent)! Das Heizen mit Solarstrom zahlt sich somit aus!


Ölheizung nicht zu schlagen:

Bei einer Wärmepumpe, die eine neue Öl-Brennwert-Heizung ersetzt, rechnet sich das Heizen mit Strom hingegen nicht. Denn in diesem Falle ersetzt der Solarstrom nur Heizkosten von 11 Cent je Kilowattstunde. Der Vorteil des Heizens mit Strom beträgt daher nur 32,03 Cent (21,03 Cent plus 11 Cent).


Würde der Strom eingespeist, wird dieser mit 33,03 Cent je Kilowattstunde vergütet. Für die Einspeisung des Solarstroms in das öffentliche Netz erhält man also mehr als wenn damit die Wärmepumpe betrieben wird. Grundsätzlich muss jedoch jeder diese Rechnung für seinen eigenen Haushalt aufstellen. Denn die individuellen Verhältnisse sind sehr unterschiedlich.Diethard Rolink

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