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Und plötzlich bricht das Dach zusammen

Lesezeit: 5 Minuten

Immer häufiger brechen Stützbalken in Biogasfermentern. Das führt zu erheblichen Schäden. Wir sprachen mit dem Sachverständigen Detlef Krause über mögliche Ursachen.


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Sie haben mehrere Fälle begutachtet, bei denen die Holzbalkendecke in Biogasfermentern eingebrochen ist. Welche Schäden sind dabei entstanden?


Krause: Es kam dabei zum Bruch von einem oder mehreren Sparren, die in das Gärsubstrat gefallen waren und dort zu Folgeschäden an den Rührwerken geführt haben. Meistens musste die Holzdachkonstruktion komplett ersetzt werden. Zusammen mit weiteren Kosten wie für das Reinigen des Behälters und dem Ausfall der Gasproduktion kam es z. T. zu finanziellen Schäden deutlich über die 100 000 €.


Wie häufig kam das vor?


Krause: Ich selbst habe seit Mai 2012 insgesamt 13 Fälle untersucht. Mir sind ca. 30 weitere Schadensfälle bekannt geworden, Tendenz steigend.


Was ist die Ursache dafür?


Krause: Es gibt mehrere Gründe für die Schäden: Die Kombination einer sehr hohen relativen Feuchte in den Holzbauteilen und der Schwefelsäure, die bei der biologischen Entschwefelung im Fermenter entsteht, führt zu einer Schädigung und Zersetzung von Holz-Bestandteilen. Durch diesen „sauren Angriff“ kommt es zu einem allmählichen Überschreiten der Biegefestigkeit und letztendlich zum Bruch der Hölzer. Dieser Mechanismus war in diesem Ausmaß bisher weitgehend unbekannt. Dazu kommt, dass die von mir untersuchten statischen Berechnungen dieser Anlagen meistens nicht von den realen Belastungszuständen der Holzkonstruktionen ausgingen und demzufolge fehlerhaft waren. Letztendlich ist auch die Verwendung von Hölzern mit mangelhafter Qualität mitverantwortlich für deren Versagen.


Welche Anlagen sind besonders betroffen?


Krause: Bisher gibt es dazu keine Untersuchungen. Es ist anzunehmen, dass die Geschwindigkeit und Stärke der Zerstörung von Holzbestandteilen auch von der Menge des bei der Biogas­erzeugung zwangsläufig entstehenden Schwefelwasserstoffs abhängt. Dabei sind natürlich Fermenter und Nachgärer deutlich anfälliger als zum Beispiel Gärrestlager, da bei letzteren kaum noch Schwefelwasserstoff entsteht.


Ab welchem Alter der Anlage sollten die Betreiber sensibel werden?


Krause: Sensibilität ist eigentlich von Anfang an gefragt. Dies fängt damit an, dass bei Baubeginn – je nach Bundesland verschieden – eine prüffähige bzw. geprüfte Statik nicht nur für den Behälter, sondern auch für die Dachkonstruktion vorliegen muss. Da diese nach meinen bisherigen Erfahrungen oft unvollkommen bzw. falsch waren, sollte hier eine erste Überprüfung erfolgen. Des Weiteren kann kontrolliert werden, ob die rechnerisch notwendigen Dimensionen der Hölzer auch eingebaut wurden. Die biochemische Zersetzung des Holzes verläuft sehr unterschiedlich. Die durchgeführten chemischen Analysen der letzten zwölf Fälle zeigen bereits nach vier bis fünf Jahren eine deutliche Belastung der Holzbauteile mit chemischen Stoffen. Dies deckt sich mit den Schäden, die etwa nach fünf bis sieben Jahren Standzeit der Biogasanlage zu verzeichnen waren. Dabei stehen statische und chemische Probleme im direkten Zusammenhang mit dem Zeitpunkt des Schadenseintritts.


Kann man ein mögliches Einbrechen im Vorfeld feststellen und rechtzeitig verhindern?


Krause: Dies halte ich kaum für möglich. In den zum Großteil unbeleuchteten Behältern sind Schäden an den Holzbauteilen durch die nur ca. 30 cm großen Schaugläser kaum zu erkennen. Ein Durchbiegen der Holzbalken ist im Regelfall von vornherein eingeplant und praktisch auch sichtbar. Aus dieser Durchbiegung, die relativ schnell nach Inbetriebnahme zu erkennen ist, kann aber nicht abgeleitet werden, wann ein Sparren bricht. Ich sehe gegenwärtig keine Möglichkeit, eine statische Schwächung der Holzbauteile aufgrund der biochemischen Zersetzung im Vorfeld visuell und ohne Laboranalysen zu erkennen.


Wie sieht eine Reparatur aus: Sollte man die beschädigten Balken nur ersetzen oder gibt es andere Maßnahmen?


Krause: Auch hier mangelt es bisher an geeigneten Untersuchungen, da sich bis dato kaum jemand diesem Problem gewidmet hat und für notwendige Forschungen keine Gelder bereitgestellt werden. An der Hochschule Wismar werden in den nächsten Monaten Untersuchungen zu diesem Thema erfolgen, die zur Frage von Ersatzbaustoffen hoffentlich erste Antworten geben wird.


Würden Sie dazu raten, künftig auf Holz als Baumaterial im Fermenter zu verzichten?


Krause: Ob Holz als Bau­stoff ungeeignet ist, kann ich abschließend zum derzeitigen Zeitpunkt nicht beantworten. Wir wissen lediglich, dass Holz unter dem Einfluss der aggressiven Medien in Biogasbehältern dauerhaft geschädigt wird. Ob die Verwendung anderer Holzarten als die derzeitig überall eingesetzte Fichte bzw. Tanne oder deren Modifizierung oder gänzlich anderer Baustoffe eine größere Sicherheit bieten, ist Spekulation und muss durch wissenschaftliche Untersuchungen erforscht und belegt werden. Da diese nicht vorliegen, bleibt den Betreibern im Schadensfall nur ein Wiederaufbau mit analogen Holzbauteilen unter Beachtung einer nachprüfbaren Statik.


Erste Anlagen­hersteller setzen z. B. Spann­gurte als Ersatz ein. Ist das eine Alternative?


Krause: Die Frage ist, wie diese Konstruktionen ohne Holz funktionieren. Biogasanlagenbetreiber nennen als mögliches Problem, dass hierbei die notwendige Besiedlungsfläche für die Thio­bakterien, die die interne Entschwefelung erst ermöglichen, nicht erreicht wird. In dem Fall wäre eine externe Entschwefelung notwendig, die aber deutlich teurer ist.

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