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Verkaufen Sie Wärme statt Waldholz!

Lesezeit: 8 Minuten

Der Verkauf von Holzwärme ist eine Chance für Waldbauern. Wie Sie ein ­Heizwerk richtig planen und betreiben, erklären Sabine Hiendlmeier und Gilbert Krapf von C.A.R.M.E.N. aus Straubing.


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Es rattert und knackt in bayerischen Wäldern: Rund 400 000 t Waldhackschnitzel produzieren Waldbauern hier Jahr für Jahr. Zusammen mit 120 000 t Sägerestholz oder Landschaftspflegematerial beliefern die Waldbesitzer damit rund 300 Heizwerke in Bayern.


Und jedes Jahr kommen mehr Biomasseheizwerke dazu, die Gebäude meist über ein Nah- oder Fernwärmenetz mit Wärme zur Raumbeheizung und zur Trinkwassererwärmung versorgen oder Prozesswärme zur Verfügung stellen.


Die steigende Nachfrage ist für Waldbauern auch in anderen Regionen eine Chance, mehr Energieholz in Form von Hackschnitzeln gewinnbringend zu vermarkten.


Eine deutschlandweite Umfrage von C.A.R.M.E.N. weist aktuell einen Waldhackschnitzelpreis von brutto 82 € pro Tonne bei einem Wassergehalt von 35 % aus. Dies entspricht einem Heizölpreis von 26 Cent pro Liter (s. Übersicht 1).


Der enorme Preisabstand zu Heizöl oder Erdgas und vor allem die geringen Preissprünge machen Waldhackschnitzel zu einem günstigen und gut kalkulierbaren Energieträger für Feuerungen zur Erzeugung von Wärme und Strom.


Gemeinsam die Initiative ergreifen


Ein Heizwerk ist wegen der hohen Investitionskosten und des Brennstoffbedarfs häufig ein Gemeinschaftsprojekt. Denn rund 1 000 t Hackschnitzel sind beispielsweise für den Betrieb eines Heizwerkes mit einer Leistung von 1 MW aufzubringen.


Es gibt viele erfolgreiche Beispiele, bei denen Waldbauern, Maschinenringe und Forstbetriebsgemeinschaften als Wärmedienstleister für Kommunen tätig sind. Denn angesichts leerer Kassen schreiben die Kommunen die Wärmeversorgung ihrer Liegenschaften immer häufiger öffentlich aus. Das bedeutet: Sowohl die Planung, die Errichtung als auch der Betrieb der Heizanlagen werden an Externe vergeben. Da es sich meist um EU-weite Ausschreibungsverfahren handelt, gilt es, sich auch gegen große Energieversorger durchsetzen, die im Bereich Wärmecontracting auf Basis von Biomasse mit viel Know-how und Finanzkraft tätig werden.


Trotzdem sind die Chancen für Waldbauern und deren Vereinigungen nicht schlecht, sich nicht nur an der Ausschreibung der Brennstofflieferungen zu beteiligen, sondern selbst als Wärmelieferant ein Angebot abzugeben. Sie haben wichtige Trümpfe in der Hand: die Regionalität und der direkte Zugriff auf den Brennstoff, der mittlerweile zu einem wichtigen Standortfaktor für den Bau von Holzheizwerken geworden ist.


Auch bei der Gründung von Betreibergesellschaften zur Realisierung ausgedehnter Wärmenetze mit kommunalen, gewerblichen und privaten Wärmeabnehmern holen sich die Investoren in aller Regel Brennstofflieferanten als Teilhaber ins Boot, um die Brennstoffversorgungssicherheit der Anlage zu gewährleisten.


Land- und Forstwirte können auch selbst Biomasseprojekte anschieben. Ansätze ergeben sich, wenn z. B. die marode Heizungsanlage einer Schule ausgetauscht werden soll oder ein Dorf zum „Bioenergiedorf“ werden will. In jedem Fall sollte die Gemeinde in die Projektfindung einbezogen werden, denn hier fallen die wichtigen Entscheidungen. Auch kann es nicht schaden, die örtlichen Banken, die Heizungsbauer und die Schornsteinfeger zu berücksichtigen.


Planung dauert bis zu drei Jahren


Für die Planung des Heizwerkes sind mehrere Planungsschritte zu berücksichtigen. Gerade die erste Phase der Projektfindung und Beurteilung kann im Einzelfall viel Zeit in Anspruch nehmen, ein bis zwei Jahre sind keine Seltenheit (siehe Zeitplan in Übersicht 2). Von der Planung bis zur Inbetriebnahme eines Biomasseheizwerks mittlerer Leistungsgröße kann nochmals ein Jahr vergehen. Dabei ist vorausgesetzt, dass sich keine Bürgerinitiativen gegen das Heizwerk bilden, der Kesselhersteller keine langen Lieferzeiten hat und die Genehmigungsbehörde klar entscheiden kann.


Jeder, der ein solches Projekt selbst realisieren möchte, muss sich im Klaren darüber sein, dass er zum Energieversorger wird und ein großes Maß an Verantwortung trägt. Wichtig ist eine qualitätsorientierte Planung durch ein Planungsbüro mit ausgewiesenen Fachkenntnissen und Erfahrungen.


Richtige Abnehmer für die Wärme finden


Je größer der Wärmebedarf eines Objektes über das Jahr gesehen ist, um so vorzüglicher wird sich eine Biomassefeuerung im Vergleich zur fossilen Versorgung rechnen. Denn eine Hackschnitzelheizanlage bedeutet eine hohe Investition in die Anlagentechnik. Diese Kosten müssen sich über die Stückzahl „verkaufte Wärmemenge“ erst einmal amortisieren.


Optimale Wärmeabnehmer sind daher Krankenhäuser, Schulen, Gewerbebetriebe mit hohem Prozesswärmebedarf oder mehrgeschossige Wohnbauten, bei denen eventuell eine Sanierung der alten Heizanlage ansteht. Kleine Einzelobjekte, gebaut nach der Energieeinsparverordnung oder ganze Neubaugebiete sind für eine zentrale Versorgung durch ein Hackschnitzelheizwerk dagegen schlecht geeignet.


Fehlplanungen lassen sich im Nachhinein nicht mehr korrigieren. Daher ist es unerlässlich, die wesentlichen Basisdaten möglichst genau und nicht pauschal zu erfassen. Dazu zählen Leistungs-, Energie- und Temperaturbedarf der einzelnen Objekte, die versorgt werden sollen.


Abhängig von der Wahrscheinlichkeit, wie häufig die einzelnen Objekte gleichzeitig Leistung anfordern, ist ein so genannter Gleichzeitigkeitsfaktor für die Ermittlung der Heizlast zu berücksichtigen. Zudem sind Wackelkandidaten im Auge zu behalten: Wurde bereits eine Absichtserklärung für den Bezug von Wärme unterzeichnet oder ist der Kunde nur interessiert, sich in naher oder ferner Zukunft an das Heizwerk anzuschließen?


Auch für den Anschlusszeitpunkt und für den Beginn des Wärmebezuges müssen realistische Ansätze getroffen werden, denn aufgrund der hohen jährlichen Kapitallast können Anfangsdurststrecken ein Heizwerk in den Ruin treiben.


Die Nenn-Wärmeleistung des Biomasseheizkessels wird bei größeren Anlagen nicht auf die maximal zu erwartende Leistungsanforderung festgelegt. Denn diese wird nur an ganz wenigen Tagen im Jahr gebraucht. Stattdessen sollte der Kessel nur 30 bis 50 % der Maximallast abdecken. Den übrigen Leistungsbedarf deckt ein zusätzlicher Heizkessel ab, meist ein Öl- oder Gaskessel, der auch für die Schwachlast und als Reserve zur Verfügung steht. Bei typischen Leistungsanforderungen wird der Biomassekessel über das Jahr gesehen trotzdem weit über 80 % der nötigen Wärme bereitstellen.


Die Bauart der Holzheizkessels sollte zudem so festgelegt werden, dass er für das vorgesehene Brennstoffsortiment hinsichtlich Aschegehalte oder Feuchte des Materials geeignet ist und dem Lastgang entspricht.


C.A.R.M.E.N empfiehlt, Wärmeerzeugungsanlagen anhand einer projektspezifischen Jahresdauerlinie so auszulegen, dass der Biomasseheizkessel wenigstens 2 500 Stunden im Jahr rechnerisch in Volllast läuft. Je höher die Volllaststunden und damit die Auslastung des Biomassekessels, desto günstiger kann in der Regel die Wärme bereitgestellt werden, wie auch Betriebsdaten bayerischer Heizwerke belegen (siehe Übersicht 3).


Das Wärmenetz richtig auslegen


Jede Kilowattstunde Wärme, die ein Nahwärmenetz an das Erdreich abgibt, ist verloren und muss vom Betreiber als Hackschnitzelverbrauch bezahlt werden, ohne dass er dafür eine Vergütung vom Wärmekunden erhält.


Mit unweigerlichen Verlusten zwischen 20 und 30 Watt pro Trassenmeter ist bei üblichen Dämmstärken und Betriebstemperaturen der Nahwärmleitungen zu rechnen. Prozentual gesehen fallen diese Verluste umso stärker ins Gewicht, je weniger Wärme über das Netz genutzt wird. In günstigen Fällen können sie unter 10 % der vom Heizwerk bereitgestellten Wärmemenge liegen, in ungünstigen Fällen aber auch bei 30 % oder deutlich darüber, was einen Nahwärmeverbund hinsichtlich seiner Effizienz berechtigter Weise in Frage stellt.


Ein wichtiger Kennwert ist in diesem Zusammenhang die so genannte Wärmebelegungsdichte. Sie kennzeichnet die jährliche Wärmeabnahme im Verhältnis zur Länge der Wärmetrasse. Erfahrungsgemäß sollte sie bei mindestens 1,5 MWh (Megawattstunden) pro Trassenmeter liegen, um die Verluste einzugrenzen.


Mitunter kann es sinnvoll sein, das Netz oder Teilstränge davon im Sommer abzuschalten und den geringen Sommerbedarf einzelner Objekte durch eine dezentrale Wärmeerzeugung zu decken.


Für ein Wärmenetz muss im Durchschnitt mit 270 € pro Trassenmeter für Material und Verlegung gerechnet werden. Je nach dem, ob für das Verlegen der Leitung ein Kopfsteinpflaster in der Innenstadt aufgerissen werden muss oder die Wärmeleitung über ein freies Feld laufen kann, liegt die Schwankungsbreite zwischen 150 und 450 €.


Kosten: Ab 600 €/kW wird es kritisch


Bezogen auf die benötigte Heizlast der Wärmeverbraucher nehmen Bauherrn für den Bau des Heizwerks durchschnittlich 500 €/kW in die Hand, bei Großanlagen auch etwas weniger. Davon fallen rund 55 % der Kosten auf die Heiztechnik, 35 % auf bauliche Maßnahmen und 10 % werden für die Planung ausgegeben. Steigen die Investitionskosten über 600 €/kW Heizlast, lässt sich erfahrungsgemäß nur schwer eine Wirtschaftlichkeit erzielen.


Bei einer sinnvollen Versorgungsstruktur und einer guten Planung können die marktüblichen Wärmepreise um die 80 € pro MWh (entsprechen 8 Ct pro kWh) die Kosten gut decken, so dass sich trotz hoher Investitionskosten sowie langer Abschreibungszeiträume gute Renditen ergeben oder den Waldbauern anständige Preise für das Waldhackgut ausbezahlt werden kann.


Fazit


Waldbauern können sich mit der Dienstleistung des Wärmeverkaufs ein interessantes Betriebsstandbein schaffen und eine lukrative Vergütung für ihr Waldrestholz erzielen. Dazu können sie nicht nur auf Ausschreibungen reagieren, sondern Projekte auch selbst anschieben.


Doch für die Wirtschaftlichkeit muss die Wärmeabnahme der Gebäude entsprechend hoch sein, weshalb eine genaue Planung wichtig ist. Wie die erfolgreich umgesetzten Projekte aus Bayern zeigen, können Landwirte und Kommunen von Biomasseheizwerken gemeinsam profitieren.

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