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Vom Maisstroh bis zum Bio-CNG

Lesezeit: 7 Minuten

Auf einer Maschinenvorführung zeigte die Firma BioG aus Utzenaich in Österreich innovative Techniken, um Reststoffe zu vergären und das Gas im Traktor zu nutzen.


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Nahrungsmittel wie Körnermais für den Teller, Reststoffe wie Maisstroh für die Biogasanlage: Dies ist das Credo der vier Landwirte, die im österreichischen Utzenaich seit 2005 gemeinsam eine Biogasanlage mit 500 kW elektrischer Leistung betreiben. „Wir haben von Anfang an auf Reststoffe gesetzt und uns in den letzten Jahren auf Maisstroh konzentriert. Das Material hat viele Vorteile, es ist günstig, hat eine hohe Gasausbeute und lässt sich außer in der Biogasanlage in der Landwirtschaft nicht einsetzen“, sagt einer der vier, Josef Höckner. Er ist auch Geschäftsführer der BioG GmbH, die er 2009 gegründet hat und seitdem Techniken für die Reststoffbergung und Vergärung anbietet.


Auf einer Maschinenvorführung zu Beginn der Körnermaisernte Mitte September zog das Unternehmen Bilanz und zeigte die bisher entwickelten Lösungen – vom Feld bis zur Biogasanlage.


Am Anfang der Kette steht die Bergung des Strohs. „Wir haben viel experimentiert, um den Rohstoff mit möglichst wenig Arbeitsaufwand und ohne Schmutzanhang in die Biogasanlage zu bekommen“, blickt Höckner zurück.


Mulcher und Schwader


Herausgekommen ist am Ende der BioChipper, eine Kombination aus Mulcher und Bandschwader. Das Mulchen der Stoppel ist in der Gegend üblich, um das Einnisten und Überwintern von Schädlingen wie dem Maiszünsler zu verhindern. Es bringt aber noch einen weiteren Vorteil: Die Pickup eines Ladewagens kann das Material im Schwad nur sehr schwer aufnehmen, wenn die Stoppeln nicht gekürzt sind.


Bei der Vorführung kam der BioChipper – gezogen von einem NH T6.180 mit 180 PS und Biomethanantrieb – direkt nach dem Körnermaisdrusch zum Einsatz. Das Gerät hat eine Arbeitsbreite von 6 m. Die Schlegel des Mulcher sorgen für einen Sogeffekt, der das Maisstroh auf das Seitenförderband befördert. Dieses legt es links neben der Maschine im Schwad ab.


Mit einer Hin- und Herfahrt ergibt sich also bei 12 m Arbeitsbreite ein Schwad, das anschließend vom Ladewagen oder Häcksler aufgenommen werden kann. „Wir empfehlen den Ladewagen, weil er wegen der Verdichtung im Vergleich zum vom Feldhäcksler befüllten Häckselwagen pro m3 das 2,5fache an Material mitnehmen kann“, sagt Höckner.


Silo mit Zwischenfrüchten


In Utzenaich wird das Material auf einem Silo neben der Biogasanlage aufgetürmt. 75 % des Substrates ist Körnermaisstroh. Dazu kommen Zwischenfrüchte. „Wir arbeiten mit Imkern zusammen. Sie bestimmen, welche Zwischenfrüchte wir wann für eine optimale Blühphase anbauen“, sagt Höckner. Das bedeutet: Diese Pflanzen sind vorrangig für den Boden und die Bienen gedacht, nicht für die Biogasanlage.


Ein weiterer Reststoff, der in der Gegend häufig anfällt, ist Gras von Überschwemmungswiesen. Dieses ist nicht mehr zum Verfüttern geeignet. „Es gibt Jahre, da haben wir nach einem Hochwasser 50 Ladewagen und mehr am Tag, die hier Gras abliefern“, sagt er.


Wegen der langen, unregelmäßigen und nicht immer planbaren Anlieferzeit wird das Silo nicht mit einer Folie, sondern lediglich mit einer etwa 20 cm dicken Mistschicht abgedeckt. „Es wäre arbeitstechnisch nicht anders möglich“, sagt Höckner.


Vom Silo wird die Maisstroh-Gras-Mist-Mischung per Radlader einmal am Tag in den 80 m3 großen BioFeeder gefüllt: Ein auch von BioG entwickeltes Dosiersystem mit Walking-Floor-Boden und sechs schrägstehenden Frässchnecken. Sie sind frequenzgesteuert und sorgen dafür, dass das Material aufgefasert wird. Im Normalfall sind zwei bis drei Schnecken in Betrieb. Die Steuerung reagiert auf die Stromaufnahme der einzelnen Schnecken und kann bei Bedarf bis zu sechs von ihnen auf einmal ansteuern.


Anmaischen mit Gärsubstrat


Nach dem BioFeeder folgt eine Zerfaserungseinheit, bei der ein rotierender Prallhammer für eine Auffaserung von Stroh oder Mist sorgt. Daran schließt sich der relativ neue BioMerge an, eine Kombination aus Anmaischanlage und Fremdkörperabscheider. Die Flüssigkeit dazu wird aus dem Fermenter in den Biomerge gepumpt zusammen mit dem Feststoff über eine schräg nach unten laufende Schnecke vermischt und wieder in den Fermenter gepumpt.


Dieser besteht aus einem Ring-in-Ring-System mit 32 m Durchmesser. Der innere Ring mit der ersten Stufe hat 23 m Durchmesser. Beide sind gerührt. Die Verweilzeit beträgt 80 Tage. „Die Gasausbeute von Maisstroh liegt pro Tonne bei 90% im Vergleich zu Silomais“, lautet Höckners Erfahrung.


Günstiges Substrat


Er sieht noch Potenzial: „Wir wollen die Fütterungszeit verkürzen und den Eigenstromverbrauch senken. Aber Maisstroh ist ein günstiges Substrat. Daher wollen wir nicht das letzte Prozent mehr Gasausbeute.“


Den Substratpreis im Vergleich zum Silomais sieht er so: Für die Arbeit mit dem BioChipper, dem Ladewagen bis zum Silo und das anschließende Verdichten im Silo hat er 29 bis 30 €/t Trockensubstanz (TS) ermittelt. Die Erntekosten für Silomais sieht er auf ähnlichem Niveau. Zwar ist mit dem Feldhäcksler ein Arbeitsschritt weniger nötig als mit dem Ladewagen. Dafür ist der Feldhäcksler teurer. „Unterm Strich sind die Ernte- bzw. Bergekosten auf gleichem Niveau“, sagt Höckner. Denn auch nach der Silomaisernte müssten die Stoppeln gemulcht werden.


Unterschiede gibt es dagegen beim Substratpreis. Höckner zahlt pro t TS für Maisstroh 10 €, wenn er Gärrest zurückliefert und 40 €/t, wenn er den Gärrest behalten darf. Silomais kostet in normalen Jahren dagegen 100 bis 120 €/t TS, dieses Jahr sogar 160 bis zu 180 €/t TS.


Doch mit der Gasproduktion hört für Höckner die Wertschöpfung noch nicht auf. „Wir müssen auch in Österreich dazu kommen, Strom nur noch in den Zeiten zu produzieren, in denen Wind- und Solaranlagen nicht liefern“, sagt er.


Eigener Kraftstoff


Neben der Strom- und Wärmeerzeugung könnten Landwirte künftig auch ihren eigenen Biokraftstoff produzieren. Mit dem T6.180 von New Holland gibt es dazu das erste serienreife Traktormodell, das mit Methan fährt und dank eines zusätzlichen außen liegenden Fronttanks genügend Kraftstoff mit sich führt, um 7 bis 8 Stunden mit einer Füllung arbeiten zu können. Das Tanken ist mit zwei bis drei Minuten so schnell wie beim Dieselmotor.


Was jetzt noch fehlt, ist eine kleine Aufbereitungsanlage mit Tankeinrichtung, um das Biogas von der eigenen Anlage auch tatsächlich einsetzen zu können.


In diese Lücke will BioG jetzt stoßen. Eine erste Hofanlage haben die Ingenieure zusammen mit dem TÜV und anderen Unternehmen für die Universität Potsdam entwickelt. Das Modul ist zwar noch nicht serienreif und muss noch seine Praxistauglichkeit beweisen, verspricht aber, eine interessante Lösung zu werden.


Das Rohbiogas wird in einer Gasvorreinigung mit Eisenpellets entschwefelt, auf 9 bar verdichtet und durch eine Membraneinheit geleitet. Sie trennt Methan und CO2. Das aufbereitete Biomethan mit 97 % Methangehalt wird anschließend auf 250 bar komprimiert und in Druckflaschen gespeichert. Eine Einheit besteht aus zehn Flaschen mit jeweils 50 l Volumen. Darin lassen sich etwa 10 m3 komprimiertes Gas speichern. „Das ist auf das Betanken eines Traktors am Tag ausgelegt“, sagt Höckner. In der Praxis können an den Verdichter bis zu drei Flascheneinheiten angeschlossen werden, um damit bis zu drei Traktoren betanken zu können. Mit dieser einfachen Aufbereitung und Verdichtung soll es möglich sein, einen Teilstrom der Gasproduktion abzuzweigen und als Kraftstoff für den Eigenbedarf aufzubereiten. Eine Tankstelle wie diese wird nach Schätzung von BioG ca. 200000 € kosten.


Einen Zusatzeffekt gibt es, wenn der Betreiber nur Reststoffe wie Gülle oder Maisstroh einsetzt. Dann kann er die beim Einsatz von Biomethan als Kraftstoff anfallenden Treibhausgasminderungsquoten verkaufen und einen zusätzlichen Erlös erwirtschaften. „Damit wird die Biogastechnik immer mehr zum Problemlöser für die Landwirtschaft – auch bezüglich Klimaschutz“, resümiert Höckner.


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