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Fachtagung Biogas: Keine vorgezogene Novelle!

Die Spannung unter den Hunderten von Zuhörern war förmlich zu spüren, als die Parlamentarische Staatssekretärin Katherina Reiche (CDU) auf der Jahrestagung des Fachverbandes Biogas das Podium betrat. Um nichts Geringeres als um die Zukunft der Biogasbranche sollte es in ihrem Vortrag am Mittwoch dieser Woche gehen.

Lesezeit: 6 Minuten

Die Spannung unter den Hunderten von Zuhörern war förmlich zu spüren, als die Parlamentarische Staatssekretärin Katherina Reiche (CDU) auf der Jahrestagung des Fachverbandes Biogas das Podium betrat. Um nichts Geringeres als um die Zukunft der Biogasbranche sollte es in ihrem Vortrag am Mittwoch dieser Woche gehen.


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Bereits nach einigen Minuten war aber klar: Einen fertigen Fahrplan für die Zukunft hatte die CDU-Politikerin nach Nürnberg nicht mitgebracht. Man wolle im Ministerium zunächst den Erfahrungsbericht zu den Auswirkungen des derzeit noch gültigen Erneuerbaren-Energien-Gesetzes (EEG) abwarten und dann erst in die Diskussion um die Neugestaltung des Gesetzes einsteigen, betonte die Staatssekretärin. Streckenweise blieb sie in ihren Aussagen daher vage.


Keine vorgezogene Novelle


Lediglich ein klares Bekenntnis zum Fortbestand des EEG und dem Versprechen, die Novelle für den Bereich Biogas nicht vorzuziehen, ließ sich die 37-jährige Politikerin abringen. Damit wies sie Spekulationen vom Tisch, dass Umweltministerium wolle bereits vor dem 1. Januar 2012 die Vergütung für den Bereich Biogas überarbeiten. In der Branche ging bereits seit Monaten die Sorge um, ihr könnte das gleiche Schicksal blühen wie der Solarindustrie. Diese musste bereits im vergangenen Jahr außerplanmäßige Einschnitte verkraften. Weitere sollen in diesem Jahr folgen.


Wie zu erwarten, sparte Reiche das heikle Thema "Flächenkonkurrenz zwischen der Biogas- und Lebensmittelbranche" in ihrem Referat nicht aus. Das Problem konzentriere sich zwar nur auf die Veredlungshochburgen, aber man nehme die Sorgen der Landwirtschaft im Umweltministerium sehr ernst. Fest stehe bereits heute: In Zukunft wird der Einsatz von Abfällen und landwirtschaftlichen Reststoffen deutlich stärker gefördert als bislang, um den Anbau von Energiepflanzen einzudämmen.


"Uns ist aber auch bewusst, dass erst die Kombination von verschiedenen Boni zu Problemen geführt hat", betonte Reiche in diesem Zusammenhang. Damit dürfte die Staatssekretärin vor allem die Kopplung des Güllebonus an den Nawaro-Bonus gemeint haben. Diese Regelung stößt mittlerweile selbst in der Biogasbranche auf starke Kritik und wird vor allem für die Zerwürfnisse zwischen der Biogas- und Veredlungsbranche verantwortlich gemacht.


Gülle- und Nawarobonus entkoppeln


Hintergrund: Nur Anlagen, die den Nawaro-Bonus in Anspruch nehmen, haben auch einen Anspruch auf die zusätzliche Vergütung für den Einsatz von Gülle. Folge: In den vergangenen Jahren schwenkten immer mehr Abfallanlagen auf die Vergärung von Mais und Gülle um, da diese finanziell deutlich lukrativer war als die reine Reststoffverwertung. Der Maisanbau nahm somit deutlich stärker zu als eigentlich nötig.


Außerdem moniert der Fachverband, dass der Güllebonus nur dann ausgezahlt wird, wenn mindestens 30 % des Reststoffes in einem Fermenter eingesetzt werden (gemessen an der gesamten Substratmenge im Fermenter). Dadurch konzentriere sich die Biogasproduktion in den Veredlungshochburgen, wo überhaupt genügend Gülle zur Verfügung stehe, um diese Hürde nehmen zu können. Hinzu kommt: Gülle enthält nur wenig Energie \- die Gasausbeute ist somit gering. Viele Kraftwerke setzen daher nur soviel von dem Reststoff ein, wie nötig und füllen aus wirtschaftlichen Gründen ihre Fermenter stattdessen mit energiereichen nachwachsenden Rohstoffen auf. Das verstärkt die Konkurrenz um Anbauflächen in den Veredlungsregionen zusätzlich.


Wie das Ministerium das Problem lösen will, lies Reiche nicht durchblicken. Der Präsident des Fachverbandes Biogas, Josef Pellmeyer, wurde hingegen sehr konkret: "Pauschalen Aussagen und Spekulationen, dass diese negativen Debatten um Biogas auf den Nawaro-Bonus zurückzuführen sind, erteile ich eine klare Absage. Der Grund für den überhitzten Boom in den Veredelungsregionen ist ohne Zweifel die falsche Ausgestaltung des Güllebonus", machte Pellmeyer deutlich. Dieser müsse entgegen der bisherigen Regelung ohne Mindestschwelle und ohne Koppelung an den Nawaro-Bonus auch für Abfallanlagen gelten. Das würde die Querfinanzierung des Energiepflanzenanbaus in den "Gülleregionen" eindämmen. "Dass die Höhe des Nawaro-Bonus von sieben Cent pro Kilowattstunde unter den derzeitigen Agrarpreisen passt, zeigt die moderate Biogasentwicklung in Ackerbauregionen, wo kein Güllebonus generiert werden kann", sagte Pellmeyer.


Biogas wird zur Ausgleichsenergie


"Mit der nächsten EEG-Novelle will die Regierung auch sicherstellen, dass "ausreichende Anreize für Biogasanlagen bestehen, den Strom je nach Bedarf zu erzeugen", sagte Reiche weiter. Experten sprechen in diesem Zusammenhang auch von Regelenergie. Beispiel: Wenn im Herbst an einigen Tagen in Deutschland besonders viel Windenergie erzeugt wird, sollen Biogasanlagen ihr Methan zwischenspeichern und erst dann verstromen, wenn Flaute herrscht.


Dazu wären allerdings größere Speicher für die Biogasanlagen notwendig. Außerdem müssten die Betreiber sich größere Blockheizkraftwerke zulegen, um die gleiche Menge Gas, in kürzerer Zeit verstromen zu können. Reiche lies durchblicken, dass man dies daher entsprechend finanziell fördern wolle. Der Branche könnten daher ganz neue Boni ins Haus stehen. Allerdings erwähnte die Staatssekretärin auch: Das Umweltministerium denke darüber nach, die derzeit vielen Boni für die Biogasvergütung künftig auf einige wenige zu reduzieren.


Keinen Rechtsanspruch auf Boni


Welche Brisanz sich hinter dieser Andeutung verbirgt, erklärte der Rechtsanwalt Prof. Dr. Martin Maslaton aus Leipzig. Er machte darauf aufmerksam, dass selbst Betreiber von bestehenden Anlagen womöglich damit rechnen müssen, irgendwann auch ohne die Zusatzvergütung auskommen zu müssen. "Es gibt per se keinen Rechtsanspruch auf die Boni", warnte er. Anders als bei der Grundvergütung handele es sich bei der zusätzlichen Vergütung um eine Art "Sahnehäubchen", dass jederzeit vom Gesetzgeber eingestampft werden könne. Zwar glaube er nicht daran, dass die Energieversorger bereits ausgezahlte Boni zurückfordern könnten. "Aber wenn der Gesetzgeber die ein oder andere zusätzliche Vergütung streicht, müssen Sie womöglich fortan ohne die lukrative Einnahme auskommen." Und dieses Vorgehen habe vermutlich sogar vor dem Bundesverfassungsgericht Bestand.


Biogas nicht in Erdgasthermen


Reiche ging in ihrem Vortrag auch auf das Wärmegesetz ein. Dieses schreibt Eigentümern von Neubauten vor, einen Teil ihres Wärmebedarfes mit erneuerbaren Energien abzudecken. Viele Eigenheimbesitzer schrauben sich daher beispielsweise eine Solarthermieanlage auf das Dach oder heizen ihre vier Wände mit Biogas. Allerdings muss dieses dazu in einem Blockheizkraftwerk (BHKW) verbrannt werden, das nicht nur Wärme, sondern auch noch Strom erzeugt. Die Energie aus dem Biogas wird somit in einem BHKW sehr viel effizienter genutzt als in einer einfachen Heizung, die nur Wärme erzeugt.


In der Biogasbranche gibt es dennoch vereinzelte Stimmen, die diese Einschränkung am liebsten sofort wieder streichen würden. Sattdessen müsse es möglich sein, das Biomethan auch in einfachen Erdgasthermen zu verheizen. Reiche argumentierte hingegen: "Diese Verwertung sei ineffizient und daher lehne das Umweltministerium sie ab." -ro-

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