Bundes-Entwicklungshilfe-Minister Dirk Niebel (FDP) will den Verkauf von Super mit einem Ethanolanteil von 10 Prozent (E10) in Deutschland vorübergehend stoppen. Dem Nachrichtensender n-tv sagte der Minister gestern: Der Ökosprit verschärfe den "Konflikt zwischen Tank und Teller". Vor allem bei den derzeit steigenden Lebensmittelpreisen könne das "zu stärkerem Hunger in der Welt beitragen". Hinzu komme: Die Deutschen stünden E10 sehr skeptisch gegenüber.
Unverständnis in der Biospritbranche
„Ein Verbot von E10 wäre nichts anderes als Symbolpolitik, weil die bei weitem überwiegende globale Nachfrage nach Getreide und Mais nicht von den Bioethanolherstellern, sondern aus dem Futtermittelsektor kommt“, kontert Elmar Baumann, Geschäftsführer des Verbandes der Deutschen Biokraftstoffindustrie (VDB). Ein E10-Verbot habe keine Auswirkungen auf die Ernährungssituation in Entwicklungsländern. „Getreidepreise hängen wegen der Energiepreise maßgeblich am Rohölpreis, während die augenblickliche Preisentwicklung mit der Dürre in den USA zusammenhängt“, sagte Baumann. „Ein solches Verbot würde dazu führen, dass die billigste Kraftstoffsorte von der Tankstelle verschwindet.“
Für die Bioethanolproduktion wird nur der Stärkeanteil des Getreides genutzt, das verbleibende Protein wird zu Tierfuttermittel verarbeitet. Dies macht etwa 1/3 der Getreidepflanze aus. Von der deutschen Getreideernte gingen im vergangenen Jahr etwa vier Prozent in die Bioethanolproduktion, also rund 1,5 Mio. Tonnen. Dies machte etwa 0,1 Prozent der Weltgetreideernte aus. Daraus produzierten die deutschen Hersteller neben Bioethanol etwa 500.000 Tonnen Eiweißfuttermittel.
Hunger hat andere Gründe
Hunger entstehe durch Bürgerkriege, Korruption, Klimawandel und Armut. Bioethanol als Sündenbock zu präsentieren, führe nicht zu einer Lösung des Problems, so der VDB weiter. Vielfach seien die Weltmärkte zudem abgekoppelt von den lokalen Handelsplätzen in Entwicklungsländern, auf denen sich die Menschen mit Lebensmitteln eindecken. Preisschwankungen auf den Weltmärkten führten daher nicht automatisch zu Schwankungen der Preise im Inland.
„Die Forderung des Bundesentwicklungsministers steht in deutlichem Kontrast zu seiner bisherigen Politik. Durch diese unbedachte Äußerung widerspricht er nicht nur der bisherigen Politik seines Hauses, die Biokraftstoffe als Chance gerade für Entwicklungsländer begreift, sondern er verunsichert abermals die deutsche Industrie und bezieht damit eine ähnlich irrige Position wie seine Vorgängerin im Amt“, sagte Baumann. (ro/vdb)