Gemessen an der Erzeugung und am Verbrauch sind Puten nach Hähnchen das zweitwichtigste Geflügel in Deutschland. Etwa 20 % des bei uns erzeugten Geflügelfleisches stammt von Puten. Beim Verbrauch beträgt der Anteil 24 %.
Trotz eines Selbstversorgungsgrades von nur etwa 80 % war die wirtschaftliche Situation für die Mäster in den zurückliegenden Jahren stärker schwankend und in Summe nicht ganz so gut wie in der Hähnchenmast. „Es gab auch Zeiten, in denen wir unsere Vollkosten nicht decken konnten“, berichtet Mäster Ralf Oltmann aus der Region Weser-Ems. Aktuell seien die Margen aber auskömmlich, so der Landwirt.
Die Preiserhöhungen für Putenfleisch führten dazu, dass der Verbrauch in Deutschland auf etwa 5 kg pro Kopf und Jahr zurückging. Deshalb und wegen der stark gestiegenen Investitionskosten für neue Ställe finden Neuinvestitionen praktisch nicht mehr statt. Ställe von Aussteigern werden jedoch von anderen Mästern übernommen.
Die größte Bedrohung für die Wirtschaftlichkeit der Putenmast kommt aber nicht vom Markt, sondern von der Politik. Das Bundeslandwirtschaftsministerium hat Ende 2022 Eckpunkte für eine Putenhaltungsverordnung veröffentlicht, die über die Vorgaben fast aller EU-Länder hinausgehen.
So soll die maximale Besatzdichte für Hähne 40 kg/m2 betragen, für Hennen 35 kg/m2. In Polen, dem wichtigsten Exporteur von Putenfleisch, sind z. B. 57 kg/m2 erlaubt. „Wenn diese Vorgaben so kommen, schießen wir uns aus der Wettbewerbsfähigkeit heraus“, warnt Mäster Oltmann.
52 bis 54 ct/kg Mehrkosten
Nach Kalkulationen der Landwirtschaftskammer Niedersachsen würden die Vorgaben die Mast von Hähnen um 52 ct/kg LG und die von Hennen um 54 ct/kg LG gegenüber den bundeseinheitlichen Eckwerten verteuern, zu denen sich die Branche seit 2013 selbst verpflichtet hat.
Thomas Palm, Putenhalter aus Hohenlohe und Co-Vorsitzender der Südhof Truthahn Erzeugergemeinschaft w. V. befürchtet deshalb für den Fall, dass Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemirs seine Pläne umsetzt, ähnlich katastrophale Folgen wie in Österreich. Das Nachbarland hat 2015 seine Besatzdichten auf 40 kg/m2 reduziert. Mittlerweile werden dort aus Kostengründen 92 % der Großhandelsware importiert. Gleichzeitig ist der Absatz von heimischen Putenfleisch eingebrochen und etliche Putenställe stehen leer.
Aus Sicht von Palm würde Özdemir bei einem deutschen Alleingang deshalb mehrere zentrale gesellschaftliche Anforderungen aufgeben:
- die Kontrolle von Tierwohl,
- die nachhaltige Erzeugung,
- die Regionalität und
- die sichere Versorgung mit Lebensmitteln.
Zudem bestünde die Gefahr, dass bestehende Verarbeitungsstrukturen, z. B. der einzige im Süden noch bestehende Schlachthof zerschlagen würden.
Die Putenerzeugergemeinschaften plädieren deshalb für eine europäische Putenhaltungs-Verordnung, die gleiche Wettbewerbsverhältnisse für alle schafft. Palm: „Dann können wir deutschen Mäster uns auch bei hohen Tierwohlvorgaben am Markt behaupten.“