Die Bundesregierung arbeitet daran, dass das Kükentöten schnellstmöglich beendet wird. Schnellstmöglich heißt, dass die Brütereien mit dem Kükentöten aufhören müssen, sobald ihnen praxistaugliche Alternativen zur Verfügung stehen. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke hervor.
Zur Einführung von Alternativen befindet sich die Bundesregierung nach eigener Aussage im stetigen und engen Austausch mit allen Beteiligten. Die jüngsten Entwicklungen hat Bundesministerin Julia Klöckner bei einer Pressekonferenz am 8. November 2018 vorgestellt. In den Medien interessiert aufgenommen wurde damals das von der Firma SELEGGT eingesetzte endokrinologische Verfahren zur Geschlechtsbestimmung, an dem der Handelskonzern Rewe beteiligt ist.
Generell habe die Regierung aber bei den derzeit in Frage kommenden Alternativen wie Bruderhähne, Zweinutzungshühner und Geschlechtsbestimmung im Brut-Ei keine Präferenz und folglich auch keine Ziele in Bezug auf deren Marktanteile. Sie ist jedoch der Ansicht, dass sich das Kükentöten in der Breite am schnellsten durch die Geschlechtsbestimmung im Brut-Ei beenden lassen dürfte.
Die Bundesregierung hat für die Entwicklung aller genannten Alternativen Fördermittel bereitgestellt. Seit 2008 waren das insgesamt 6,5 Mio Euro. Davon entfallen rund 4,9 Mio. Euro auf vier Projekte zum spektroskopischen bzw. endokrinologischen Verfahren, deren Förderzeiträume in der Vergangenheit liegen. Rund 1,6 Mio. Euro entfallen auf das Projekt SELEGGT, das im November 2018 begonnen hat und nach derzeitigem Stand im Jahr 2021 endet.
Aus der Förderung ist neben dem endokrinologischen auch ein spektroskopisches Verfahren zur Geschlechtsbestimmung im Brut-Ei hervorgegangen. Auch dieses Verfahren wurde wirtschaftsseitig aufgegriffen und soll zur Praxisreife gebracht werden.
Wer entwickelt die App für die Rückverfolgbarkeit bei SELEGGT?
Nach Kenntnis der Bundesregierung hat die Firma SELEGGT ein Verfahren entwickelt, das auf einer Blockchain-Technologie basiert und mit dem jederzeit nachvollziehbar sein soll, ob ein Konsum-Ei mit dem Prädikat „ohne Kükentöten“ von einer mittels SELEGGT-Verfahren in-ovo-geschlechtsbestimmten Legehenne stammt. Die Bundesregierung hat Kenntnis von einer App, die SELEGGT in diesem Zusammenhang entwickelt hat. Zur Funktionsweise der App oder zur Datenspeicherung liegen der Bundesregierung aber keine weiteren Erkenntnisse vor. Die Entwicklung der App habe die Bundesregierung nicht gefördert.
Nach Kenntnis der Bundesregierung verfolgt SELEGGT folgende Strategie zur Marktdurchdringung: Derzeit sind mittels SELEGGT-Verfahren „ohne Kükentöten“ erzeugte Konsum-Eier ausschließlich in Berliner Einzelhandelsfilialen der REWE GROUP erhältlich. Bis Ende des Jahres 2019 sollen alle Filialen der Firma in Deutschland die Eier anbieten. Ab dem Jahr 2020 soll das Verfahren auch anderen Marktteilnehmern zugänglich gemacht werden.
Da SELEGGT Schutzrechte an dem Verfahren besitzt, ist dem Unternehmen eine exklusive Nutzung möglich. Den Brütereien will SELEGGT das Verfahren als kostenneutrale Dienstleistung zur Verfügung stellen, heißt es aus dem BMEL. Es sei aber nicht ausgeschlossen, dass es zwischen verschiedenen Verfahren zur Geschlechtsbestimmung im Brut-Ei zu einer Konkurrenzsituation kommen wird.
Hintergrund
Am 8. November 2018 verkündete das Bundesagrarministerium (BMEL) öffentlich den „Durchbruch“ bei der Beendigung des Kükentötens gemeinsam mit dem Geschäftsführer des zur Lösung vorgestellten SELEGGT-Verfahrens, Dr. Ludger Breloh und Jan Kunath, stellvertretendem Vorstandsvorsitzenden der REWE Group.
Bereits im Sommer 2015 hatte der damalige Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt das Ende des Kükentötens im Jahr 2017 angekündigt. Die Universität Leipzig und ihre Partner wurden beauftragt, an Alternativen zu forschen und schließlich – mit zwei Jahren Verzögerung – wurde das nun beworbene Verfahren vom BMEL als „marktreif“ angekündigt.
Die Universität Leipzig hatte die Grundlagen des endokrinologischen Verfahrens zur Geschlechtsbestimmung im Brut-Ei entwickelt und ist dann eine Kooperation mit der Firma SELEGGT eingegangen. Im Rahmen dieser Kooperation hat SELEGGT Schutzrechte der Universität Leipzig erworben. SELEGGT hat sich dann entschieden, die Markteinführung des Verfahrens gemeinsam mit der Firma REWE GROUP vorzunehmen.
Der Zentralverband Deutscher Geflügelzüchter e. V. (ZDG) bewertet das Verfahren allerdings als „nicht zu Ende gedacht“.
Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster bestätigte 2016, dass das Töten männlicher Eintagsküken aus betriebswirtschaftlichen Gründen nicht gegen geltendes Recht verstoße.