Nach vorläufigen Zahlen sollen im Jagdjahr von April 2019 bis März 2020 etwa 856.000 Wildschweine zur Strecke gebracht worden sein - mehr als doppelt so viele wie noch vor 20 Jahren. Anfang der 2000er Jahre wurden in Deutschland im Zeitraum der jeweils vergangenen zehn Jahre etwa 3 Mio. Schweine erlegt, heute sind es über 6 Mio.
"Die Wildschweinbestände erholen sich schnell von diesen Verlusten, in wenigen Jahren werden wir Jahresstrecken mit einer Million und mehr Wildschweinen haben." Davon ist Lovis Kauertz, Vorsitzender von Wildtierschutz Deutschland, überzeugt. Sein Verein fordert die Abschaffung der Hobbyjagd.
"Die Jagd ist völlig kontraproduktiv, auch weil dadurch mit einer intakten Sozialstruktur der letzte limitierende Faktor der Zahl der Wildschweingeburten zerschossen wird. Darüber hinaus trägt die Fütterung zu Jagdzwecken, die sogenannte Kirrung dazu bei, dass auch junge Tiere so kräftig werden, dass sie bereits vor Vollendung des ersten Lebensjahres Nachwuchs bekommen", kritisiert der Tierschützer.
Kauertz hält den Jagdbetrieb hinsichtlich der Reduzierung der Zahl der Wildschweine für nicht zielführend. Auch dass jetzt zur ASP-Bekämpfung immer weitere Jagdpraktiken erlaubt und toleriert werden, die nicht zur nachhaltigen Reduzierung der Wildschweinbestände führen, aber Tierleid provozierten, prangert der Tierschützer an. Er nennt beispielhaft die ganzjährige Jagd ohne Schonzeiten auf Jungtiere, Alttiere und Leitbachen. Nachts würden sie mit Scheinwerfern gejagt, in vielen Bundesländern bereits mit Nachtzieltechnik. Teilweise seien auch wieder Saufänge im Einsatz, Drückjagden bis in den März hinein würden vermehrt Unruhe in die Wälder bringen. Hundemeuten würden Frischlinge packen.
Und nicht zuletzt gebe es laut Kauertz „zahlreiche Jäger, die einfach nicht treffsicher sind“. Seiner Meinung nach gehe es den Politikern nur darum, den Wählern, der Öffentlichkeit und der Wirtschaft vorzugaukeln, man habe "das Problem Wildschwein" im Griff. Jäger, Bauern und Waldbesitzer seien wichtige Wähler.
Jagdverband für verstärkte Bejagung gegen ASP
Der Deutsche Jagdverband (DJV) hatte dagegen im September unter anderem mehr Anreize für die verstärkte Bejagung gefordert. Weiter reduzierte Wildschweinbestände erschwerten dem ASP-Virus die Ausbreitung. Beschränkungen der Schwarzwildjagd in Schutzgebieten sollten aufgehoben werden. Der Einsatz von Nachtzieltechnik (Vor- und Aufsatzgeräte) sollte bundesweit mit Infrarot-Aufheller für die Jagd auf Schwarzwild möglich sein. Die Bundesländer sollten alle Möglichkeiten ausschöpfen, dass Landwirte Jagdschneisen unbürokratisch anlegen können. Mehr hier im Forderungspapier
Brandenburg erhöht Abschussprämie
Brandenburg hat diese Woche nun angekündigt, die Abschussprämien für Wildschweine im gefährdeten Gebiet und in der Pufferzone zu erhöhen, sobald diese wieder für die Jagd freiegeben sind. Trotz der Rekordstrecke von 102.131 erlegten Wildschweinen im Jagdjahr 2019/20 und der Auszahlung einer Abschussprämie von mehr als 1,4 Mio. € muss, so die Forderung von Agrar- und Umweltminister Axel Vogel, „mit Blick auf die Afrikanische Schweinepest derzeit noch mehr getan werden, um die Wildschweinpopulation im Land zu reduzieren.“
Wildschweine mit einem Gewicht bis 30 kg werden mit 30 € abgegolten und schwerere Tiere mit 50 €. Anschließend erfolgen eine zentrale Beprobung und unschädliche Beseitigung der Tierkörper. Das erlegte Schwarzwild wird an zentralen Sammelstellen entgegengenommen, die von den Landkreisen und dem Landesbetrieb Forst Brandenburg eingerichtet werden.