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Alles über 400 €-Jobs

Lesezeit: 9 Minuten

Ratgeber


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Immer mehr Landwirte beschäftigen Aushilfen auf 400 €-Basis. Unser Ratgeber zeigt, wie flexibel Sie die Mini-Jobber einsetzen können – und wo Sie aufpassen müssen, damit es bei Prüfungen keinen Ärger gibt.


Sie sind oft die Retter, wenn zu viel Arbeit die Betriebsleiterfamilie an die Grenzen bringt: Flexible Arbeitskräfte, die als Verkäuferin im Hofladen, Schlepperfahrer in der Saison oder Hilfskraft im Stall Arbeitsspitzen auffangen. Besonders beliebt sind 400 €-Jobs, bei denen die Aushilfe weder Steuern noch Sozialabgaben zahlt und ihren Lohn 1 :??1 ausgezahlt bekommt.


Vorteilhaft für Arbeitgeber sind die flexible Arbeitszeitaufteilung und die unproblematische Handhabung des 400 €-Jobs – auch wenn die auf den Lohn zu zahlenden pauschalen Abgaben von mehr als 30 % relativ hoch sind.


Wie flexibel 400 €-Jobs mittlerweile sind, zeigt das Beispiel von Ackerbauer Schulze, der jedes Jahr von August bis Oktober gut zu tun hat. Dann stellt er Uwe als Treckerfahrer für 8 € je Stunde ein. Uwe arbeitet in den drei Monaten jeweils 150 Stunden und erhält dafür monatlich 1 200 €. In den übrigen 9 Monaten des Jahres ist Uwe nur einen Tag pro Monat auf dem Hof und erhält dafür 40 € pro Monat. Trotz des vollen Einsatzes im Sommer bleibt Uwe 400 €-Jobber, denn sein Verdienst von zusammengerechnet 3 960 € pro Jahr wird durch zwölf Monate geteilt, was im Durchschnitt 330 € monatlich bedeutet.


Auch beim Gehalt gibt es Spielraum:Hätte Uwe gerne ein gleichbleibendes Gehalt, könnte er mit Landwirt Schulze auch z. B. 330 € monatlich für eine variabel abzuarbeitende Stundenzahl von 495 Stunden im Jahr verabreden. Die Voraussetzungen für diese flexiblen Einsätze:


Im Jahresdurchschnitt darf die Aushilfskraft maximal 400 €/Monat verdienen – inklusive Sonderzahlungen wie z. B. Weihnachts- oder Urlaubsgeld. Achten Sie darauf, dass die Beschäftigung nicht Mitte des Monats beginnt oder vor dem letzten Monatstag endet. Denn dann zählt dieser Monat bei der Berechnung des Durchschnittsverdienstes nicht voll mit. Beispiel: Ein 400 €-Job endet am 13. Mai. Damit ist der Höchstverdienst in diesen Monat nicht 400 €, sondern 173,33 €.


In jedem Monat muss die Aushilfe mindestens 1 Tag auf Ihrem Betrieb arbeiten oder einen Urlaubstag nehmen, ansonsten zählt der Kalendermonat bei der Durchschnittsberechnung nicht mit.


Es darf maximal ein Monat zwischen den Einsätzen liegen: War der letzte Arbeits-/bzw. Urlaubstag der 31.1., muss der nächste spätestens der 28.2. sein.


Bei gleichen monatlichen Gehältern muss der Arbeitnehmer die festgelegte Zeit innerhalb des Jahres abbauen.


Welche Abgaben für den Landwirt?


Stellen Sie eine 400 €-Kraft ein, erhält diese den Lohn ohne Abzüge brutto für netto ausgezahlt. Die Sozialabgaben zahlen Sie in Form von Pauschalbeiträgen an die Bundesknappschaft, auch Minijobzentrale genannt. Wie Sie Ihre Aushilfen dort anmelden, lesen im top agrar-Leserservice unter www.topagrar.com


Im Jahr 2011 zahlen Sie als Arbeitgeber im Regelfall Abgaben in Höhe von 30,74 % des Lohns:


15 % für die Rentenversicherung,


13 % für die Krankenversicherung, falls die 400 €-Kraft gesetzlich versichert ist. Das ist der Fall bei pflichtversicherten Angestellten, Rentnern, Arbeitslosen, frei­wil­lig Versicherten oder familienversicherten Aus­hilfen, wie z. B. Hausfrauen oder Schülern,


2 % pauschale Lohnsteuer, es sei denn, die Aushilfe legt eine Lohnsteuerkarte vor,


Umlagen von 0,6 % für die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall (U 1) sowie 0,14 % für den Mutterschutz (U 2).


Verdient Ihr Helfer 400 € monatlich, zahlen Sie also zusätzlich 122,96 € an Abgaben. Diese dürfen Sie nicht auf den Mi-ni-Jobber abwälzen, auch nicht teilweise oder mit Zustimmung der Aushilfskraft.


Etwas günstiger wird die Rechnung, wenn Sie privat krankenversicherte Aushilfen beschäftigen. Der 13%ige Kranken­versicherungsbeitrag entfällt dann.


Fast alle Betriebe in der Landwirtschaft müssen die Umlagen U 1 für die Lohnfortzahlung und U 2 für den Mutterschutz zahlen. Die Umlage U 2 fällt dabei auch für männliche Arbeitnehmer an! Eine Befreiung von der Umlagenpflicht U 1 gibt es nur, wenn Sie länger als vier Monate pro Jahr mehr als 30 Vollzeit-Mitarbeiter beschäftigen.


Auf freiwillige Renten­beiträge hinweisen!


Bei allen 400 €-Jobbern fällig wird der 15%ige Rentenversicherungsbeitrag – sogar für Rentner, deren Rente sich dadurch aber nicht erhöht. Bei den anderen Aushilfen ist der Zuwachs an Rentenansprüchen gering. Sie erwerben pro Jahr nicht 12 Monate Rentenanwartschaften, sondern nur 2 bis 3 Monate. Desweiteren fehlt der Schutz bei Erwerbsminderung, Invalidität und der Anspruch auf Kuren.


Diese Ansprüche können Mini-Jobber aber erwerben, indem sie aus eigener Tasche aufstocken auf den vollen Beitragssatz in die gesetzlichen Rentenversicherung (2011: 19,9 %) zahlen. Dieser so genannte „Verzicht auf Rentenversiche-rungsfreiheit“ funktioniert so: Mini-Jobberin Ina verdient 360 € pro Monat. Arbeitgeber Schulze zahlt 15 % (54 €) an die Rentenversicherung. Ina will die Rentenversicherung aufstocken. Arbeitgeber Schulze behält die noch fehlenden 4,9 % (17,64 € pro Monat) vom Lohn ein und führt sie an die Minijobzentrale ab.


Wichtig für Arbeitnehmer mit mehreren Minijobs: Sie müssen die Aufstockung bei allen Jobs durchziehen. Mindestbeitrag sind 7,60 € je Monat. Dazu kommt, dass 400 €-Kräfte, die ihre Rentenversicherung aufstocken, versicherungspflichtig werden im Zusatzversorgungswerk der Land- und Forstwirtschaft (ZLF). Diese Pensionskasse erhebt monatlich 5,20 € pro rentenversicherungspflichtiger Arbeitskraft bei den land- und forstwirtschaftlichen Arbeitgebern. Das ZLF finanziert daraus Beihilfen beim Bezug einer Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Um Leistungen zu erhalten, muss der Arbeitgeber min­destens 180 Monate an das ZLF eingezahlt haben.


Als Arbeitgeber müssen Sie übrigens auf die mögliche Aufstockung hinweisen und sich die Entscheidung schriftlich bestätigen lassen. Sonst risikieren Sie, schadenersatzpflichtig zu werden – etwa wenn 400 €-Kräfte später erwerbsgemindert sind und keine Rente bekommen.


Schriftlicher Arbeitsvertrag notwendig!


Ein schriftlicher Arbeitsvertrag ist ab 4 Wochen Beschäftigungsdauer vorge­schrie­ben. Wichtige Vertragsbestandteile sind:


Name und Anschrift von Arbeitgeber und Aushilfe,


Beginn der Beschäftigung,


vorgesehene Beschäftigungsdauer,


Arbeitsort und Tätigkeit,


Arbeitszeit und Arbeitsentgelt,


Urlaub und Kündigungsfristen,


Erklärung über den Verzicht auf Rentenversicherungsfreiheit,


Erklärung über weitere Beschäftigungen.


Einen geeigneten Arbeitsvertrag mit Einstellungsfragebogen finden Sie bei top agrar im Internet unter www.topagrar.com im Bereich Leserservice.


Wichtig zu wissen: Auch ohne Schriftform kommt ein Arbeitsvertrag zustande. Schwierig wird es im Streitfall – dann können Sie möglicherweise nicht beweisen, was aus Ihrer Sicht tatsächlich verabredet war. Auch Befristungen und Kündigungen sind nur schriftlich wirksam. Wenn Sie dies nicht beachten, müssen Sie u. U. für mehrere Monate Löhne weiter- oder nachzahlen.


Urlaub und Krankengeld


Genau wie für alle sozialversicherungs­pflichtigen Beschäftigungsverhältnisse gel­ten auch für Minijobs die gesetzlichen Mindestanforderungen:


Die Höchstarbeitszeit pro Tag beträgt 8 Stunden oder pro Woche 48 Stunden. 10 Stunden täglich sind dann erlaubt, wenn im Schnitt von 24 Wochen 48 Stunden pro Woche eingehalten werden. Verstoßen Sie gegen die maximale Wochenarbeitszeit, müssen Sie mit ordnungs- und strafrechtlichen Folgen rechnen.


Jede Aushilfe hat pro wöchentlichem Arbeitstag gesetzlich mindestens 4 Tage bezahlten (!) Jahresurlaub. Bei z. B. zwei Tagen durchschnittlicher Wochenarbeitszeit sind das 8 Tage Urlaub im Jahr. Die Urlaubstage verfallen am 31.3. des Folgejahres. Bei Beschäftigungsende hat die Aushilfe Anspruch auf Auszahlung der noch gültigen Urlaubstage.


Auch Minijobber profitieren von der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. Das heißt: Sie müssen den Lohn bei Krankheit bis zu 6 Wochen weiter bezahlen. Allerdings erstattet die Bundesknapp­schaft 80 % des wegen Krankheit gezahlten Lohns aus der Umlage U 1 zurück. Nach 6 Wochen Lohnfortzahlung durch den Arbeitgeber gibt es für Minijobber kein Geld mehr – auch nicht von der Krankenkasse.


Erwartet eine 400 €-Kraft ein Kind, müssen Sie 6 Wochen vor und 8 Wochen nach der Geburt Mutterschutzlohn zahlen – dieser wird allerdings zu 100 % aus der U 2 von der Minijob-Zentrale erstattet. Mehr zum Verfahren lesen Sie im Leserservice unter www.topagrar.com


Lohnunterlagen für die Prüfer


Ein Risiko für Sie als Arbeitgeber besteht vor allem darin, dass Ihre Aushilfe möglicherweise weitere Minijobs verschweigt. Zwar überprüft die Bundesknappschaft jeden neuen Minijob und meldet sich bei etwaigen Unstimmigkeiten beim jeweiligen Arbeitgeber. Vor Nach­zahlungen sind Sie aber nur sicher, wenn Sie Ihre Aushilfe innerhalb von 6 Wochen nach Arbeitsbeginn bei der Bundesknappschaft anmelden und sich von ihr unterschreiben lassen, ob und in welchen weiteren Mini-Jobs sie angestellt ist. Außerdem sind alle Mini-Jobber dazu verpflichtet, ihrem Arbeitgeber jede neu angenommene Arbeit schriftlich zu melden. Haben Sie Zweifel über die Wahrheit der Angaben, müssen Sie diese ausräumen.


Meldet sich der Prüfer der Rentenversicherung an, müssen folgende Lohnunterlagen da sein:


An- und Abmeldung bei der Bundesknappschaft,


Arbeitsvertrag mit Erklärungen über sonstige Beschäftigungen und den Verzicht auf Rentenversicherungsfreiheit,


Stundenlohnzettel mit Angaben zur täglichen Arbeitszeit,


Nachweise über das monatliche Arbeitsentgelt z. B. Überweisung,


Beitragsnachweise,


Meldungen zur Sozialversicherung,


Unterlagen der Lohnsteuerprüfung.


Insgesamt können die Prüfer der Rentenversicherung in der Regel fünf Jahre rückwirkend kontrollieren, denn die gesetzliche Verjährungsfrist von vier Jahren beginnt immer erst am 1.1. des Jahres.


Extra-Geld für 400 €-Kräfte


Es gibt einige ganz legale Schlupflöcher für sozialversicherungs- und steuerfreie Lohnzahlungen an 400 €-Kräfte. Das ist interessant, wenn


die 400 €-Grenze erreicht ist, Sie die Arbeitskraft aber gerne noch mehr beschäftigen würden oder


die Arbeitskraft unter der 400 €-Grenze liegt, Sie aber Pauschalabgaben und Steuern sparen wollen.


Die Zauberworte heißen: „Steuerfrei zugewendete Lohnbestandteile“ und „Betriebliche Altersversorgung“. Solche Zahlungen gefährden den Status der Minijobs nicht und lassen sich als Betriebsausgaben absetzen. Über die „Betriebliche Altersversorgung“ können Sie über eine Direktversicherung oder Pensionskasse Ihrer 400 €-Kraft bis zu 220 € monatlich steuer- und sozialabgabenfrei zukommen lassen. Vereinbaren Sie dazu mit ihrer Aushilfskraft eine Summe, die Sie direkt an eine Versicherung überweisen, die auf den Mitarbeiternamen läuft. Voraussetzung ist, dass der Mini-Jobber nur dieses eine Beschäftigungsverhältnis hat. Beispiel: Aushilfe Arnold verdient 390 € pro Monat. Nun soll sein monatliches Gehalt auf 520 € steigen. Arnold will 400 €-Kraft bleiben, sein Chef zahlt deshalb per Entgeltumwandlung 130 € pro Monat in eine Direktversicherung.


Die „steuerfrei zugewendeten Lohnbestandteile“ müssen Sie zusätzlich zum bisher gezahlten Lohn zahlen, damit sie steuer- und pauschalabgabenfrei bleiben:


Beim Kindergartenzuschuss für die Betreuung nicht schulpflichtiger Kinder darf der Zuschuss die tatsächlichen Kosten nicht übersteigen. Dazu ein Praxisbeispiel für eine Hofladenhilfe: Ida verdient 200 €, Arbeitgeberin Müller möchte sie mehr beschäftigen. Sie vereinbaren 100 € Kindergartenzuschuss. Ida erhält nun 300 € monatlich, Frau Müller legt einen Originalbeleg über die Kindergartenkosten zu ihren Unterlagen. Die Arbeitgeberin spart die Pauschalbeiträge – bei 100 € zusätzlich immerhin gut 30 € monatlich!


Warengutscheine dürfen nicht in Euro lauten, damit sie steuer- und sozialabgabenfrei bleiben, sondern müssen die Sache bezeichnen: z. B. „30 Liter Diesel“. Der Arbeitgeber muss an die Tankstelle zahlen, max. 44 € monatlich sind erlaubt.


Geschenke wie Bücher usw. bis zu 40 € pro besonderem persönlichen Anlass.


Geld für Arbeitskleidung, Werkzeug.


Wir halten fest


Aushilfen arbeiten wegen der Abgabenfreiheit gerne als 400 €-Kraft, Arbeitgeber profitieren von der Flexibilität und relativ einfachen Handhabung. Die pauschalen Abgaben lassen sich in manchen Fällen geschickt senken, prüfen Sie aber auch, ob statt 400 €-Job eine kurzfristige Beschäftigung für Ihre Aushilfe in Frage kommt. -ha-

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