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Wolf Maisernte Gülle und Wirtschaftsdünger

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Beinahe ein Traumberuf

Lesezeit: 12 Minuten

6 000 Frauen beurteilten in der top agrar-Bäuerinnenumfrage ihr Leben auf den Höfen. Das Ergebnis: Trotz einiger Probleme lieben sie ihren Beruf.Familien- und Betriebsorganisatorin, Landwirtin oder schlicht Allround-managerin? Unsere Umfrage erbrachte zahlreiche Alternativen zum Begriff Bäuerin (siehe Beitrag ab Seite 130.) In ihrer ganzen Bandbreite zeigen sie: Der Beruf Bäuerin wird bunter. Wer heute drei Bäuerinnen fragt, bekommt drei verschiedene Lebensentwürfe präsentiert. Denn je nach Alter, Herkunft, Ausbildung, Region und Betriebsstruktur sieht der Alltag der Bäuerinnen oft ganz unterschiedlich aus. Zum Beispiel: In Milchviehbetrieben arbeitet jede dritte Bäuerin länger als fünf Stunden täglich im Außenbetrieb mit – in Ackerbaubetrieben gilt das nur für jede achte. In kleineren Vollerwerbsbetrieben findet man die meisten Bäuerinnen mit außerbetrieblichem Zusatzjob. Dort zählt ein zusätzliches Einkommen häufig mehr als eine weitere helfende Hand im Betrieb. Noch immer gibt es auf den Höfen regionale Unterschiede. In Niedersachsen arbeiten die Bäuerinnen deutlich kürzer im Betrieb mit als etwa in Baden-Württemberg. Der Hof als Lebensbühne Im Vergleich zur top agrar-Bäuerinnen-Umfrage von 1998 ist daran neu: Die Bäuerinnen begreifen den Hof heute stärker als Bühne für ihren Lebensentwurf. Sie nehmen die Strukturen nicht mehr als starr gegeben hin, sondern passen sie – im Rahmen des Möglichen – an die eigenen Bedürfnisse an. Die persönliche Neigung spielt dabei die größte Rolle. Wer also eine landwirtschaftliche Ausbildung hat, bringt sich besonders stark im Betrieb ein. Mehr als jede zweite ausgebildete Landwirtin macht den Betrieb sogar zu ihrer Hauptaufgabe oder gründet irgendwann einen eigenen Betriebszweig. Wer landwirtschaftlich nicht so passioniert ist, hält den Ball lieber flach und leistet über einen Zusatzjob seinen Beitrag zum Familieneinkommen. Das gilt z. B. für viele Quereinsteigerinnen, die erst durch den Partner einen Draht zur Landwirtschaft bekommen haben. Hauswirtschaft auf dem Rückzug Die Bäuerinnen kommen heute mit anderen Vorstellungen vom Beruf auf die Höfe als noch vor zehn Jahren. Das zeigt sich auch in ihrer Herkunft und Ausbildung: Noch nie waren sie so uneinheitlich. Der Beruf Hauswirtschafterin etwa verliert zusehends an Bedeutung. Während von den Bäuerinnen über 45 Jahren noch 42 Prozent diesen Beruf gewählt haben, sind es bei den jungen Bäuerinnen nur noch 15 Prozent. Stattdessen wächst der Anteil der Bankangestellten, Ärztinnen, Erzieherinnen und Co. unter den jungen Bäuerinnen auf über die Hälfte. Vom Hof kommt nur noch jede zweite Bäuerin unter 35 Jahren. Andererseits haben 20 Prozent der jungen Landwirtsfrauen selbst eine landwirtschaftliche Ausbildung absolviert. Keine Entscheidung ohne die Frauen Diese Zahlen bestätigen, was wir schon längst wussten: Die Emanzipation hat auch vor den Höfen nicht haltgemacht. Ein Beleg: Für knapp jede zweite Bäuerin ist es heute selbstverständlich, dass ohne sie im Betrieb nichts entschieden wird. Noch mehr Mitbestimmungsrecht haben die ausgebildeten Landwirtinnen und die Bäuerinnen, die täglich länger als fünf Stunden im Betrieb arbeiten. Daran ist neben dem Zeitgeist offenbar auch das wachsende fachliche Know-how der Bäuerinnen nicht ganz unschuldig. Außerdem attestieren sich immerhin 61 Prozent der Bäuerinnen unter 40 Jahren ein hohes Selbstbewusstsein im Vergleich zu allen Generationen vor ihnen. Konsequent bezeichnen sich denn auch immerhin 37 Prozent aller Bäuerinnen als „Mitunternehmerin“, etwa 7 Prozent sind sogar selbst Betriebsleiterin. Doch etliche Bäuerinnen setzen lieber andere Prioritäten. 43 Prozent können sich noch am ehesten mit dem Begriff „mithelfende Familienangehörige“ identifizieren und überlassen die Ent­scheidungen landwirtschaftlicher Natur weitgehend dem Betriebsleiter. Auch wenn sie vorher mit ihm alle Alternativen durchsprechen. Unter ihnen befinden sich überdurchschnittlich viele Quereinstei­gerinnen, Berufstätige und junge Bäuerinnen, die gerade voll in der Familienphase stecken. Unterschiedliche Prioritäten Das zeigt: Sie haben nicht etwa eine schwächere Position auf den Höfen, sondern setzen einfach andere Prioritäten. Zudem macht fehlendes Fachwissen sie bei weitreichenden Betriebsentscheidungen unsicher. Bei mancher älteren Bäuerin löst der Begriff Mitunternehmerin zudem Unbehagen aus – sie will sich nicht so nennen, auch wenn sie de facto schon längst in die Rolle der Mitunternehmerin hineingewachsen ist. Nur ganz wenige Bäuerinnen mischen sich überhaupt nicht ins Betriebsgeschehen ein und überlassen lieber alle Entscheidungen dem Betriebsleiter. Etwa drei Prozent geben an, dass sie im Betrieb gar keine Aufgaben übernehmen. Im Umkehrschluss: Überwältigende 97 Prozent haben feste Aufgaben auf dem Hof.Drei Viertel aller Bäuerinnen arbeiten zwischen zwei und mehr als fünf Stunden täglich im Außenbetrieb mit. Ihre wichtigsten Aufgabengebiete sind die Stallarbeit und die Buchführung. 71 bzw. 64 Prozent sind damit regelmäßig befasst. Vorteile des Berufs überwiegen Dieses hohe Engagement macht deutlich: Egal, welchen Lebensentwurf die Bäuerinnen gewählt haben, kaum eine sieht den Betrieb nur als zufällige Wohnstätte. Stattdessen ist die Identifikation hoch, unabhängig davon, wie ausgeprägt das betriebliche Engagement ist. Fast zwei Drittel sehen ganz klar die Vorteile des Lebens als Bäuerin: Sie betrachten die Selbstständigkeit als Pfund, mit dem sie wuchern können. Fast ebenso hoch schätzen sie die enge Naturverbundenheit des Berufs. Kein Wunder also, dass 87 Prozent der Bäuerinnen, die Aufgaben im Betrieb übernehmen, an der Mitarbeit große Freude haben. Darunter befinden sich auch viele Fachfremde und Quereinsteigerinnen. Mit besonders großer Begeisterung sind zudem die ausgebildeten Landwirtinnen und die Frauen mit besonders hoher Stundenzahl im Betrieb bei der Sache. Das legt einerseits nahe, dass sie im Beruf Bäuerin ihre Berufung gefunden haben. Auf der anderen Seite übernehmen sie vermutlich verantwortungsvollere Arbeiten als so manche Springerin im Betrieb. Das fordert sie heraus und macht daher auch mehr Spaß. Nur 13 Prozent geben an, dass sie auf die Mitarbeit im Betrieb auch verzichten könnten, wenn jemand sie entlasten würde. Kinder und Karriere Der Hof, ein idealer Wohnort? In den Augen vieler Bäuerinnen schon. Ihre wichtigste Begründung: In keinem anderen Job lassen sich Beruf und Kinder so leicht vereinbaren wie in der Landwirtschaft. Die hohe durchschnittliche Kinderzahl von 2,6 im Vergleich zum bundesdeutschen Durchschnitt von nicht mal 1,4 Kindern pro Frau belegt das eindrucksvoll. Wo andere Berufstätige vor der Zerreißprobe stehen, macht der Hof es vielen Bäuerinnen leichter. Ganz selbstverständlich verlagern die Frauen in der Familienphase ihren Schwerpunkt vom außerlandwirtschaftlichen Job in den Betrieb oder treten kurzzeitig bei den Außenarbeiten kürzer, beschränken sich auf Springeraufgaben und Büroarbeit – und scheinen auch mit den neuen Aufgaben glücklich zu sein. Nach der Familienphase steigen viele Frauen häufig erst so richtig in den Betrieb ein oder finden den Weg zurück in den erlernten Beruf. Dabei ändert sich oft die Position im Betrieb von der mithelfenden Familienangehörigen zur Mitunternehmerin, die selbst z. B. eine Direktvermarktung aufbaut oder die Ferkelaufzucht übernimmt. An der grundsätzlichen Zufriedenheit ändert auch die schlechter werdende Infrastruktur des ländlichen Raums nichts. Knapp zwei Drittel aller Bäuerinnen können laut Umfrage vom Hof aus alle wichtigen Einrichtungen des täglichen Lebens gut erreichen. Immerhin 13 Prozent müssen weite Wege auf sich nehmen und fühlen sich dadurch in ihrer Lebensqualität eingeschränkt. Doch auch wenn der Arzt oder die Einkaufsmöglichkeit im Ort fehlt: Die meisten Bäuerinnen arrangieren sich mit der Situation, wie sie ist. Dennoch: Auf den Höfen ist längst nicht alles Gold, was glänzt. Zwar sind beeindruckende 95 Prozent aller Bäuerinnen grundsätzlich mit ihrem Beruf zufrieden. Fast 60 Prozent verspüren dabei aber doch zum Teil erhebliche Einschränkungen. Wer pflegt, ist häufig überlastet Als großes Manko des Berufs wird die hohe Arbeitsbelastung empfunden. 45 Prozent der Bäuerinnen bezeichnen sie als gravierenden Nachteil ihres Berufs. Insgesamt fühlt sich jede vierte Bäuerin im Arbeitsalltag leicht oder sogar stark überfordert. Pflegetätigkeit im Dauereinsatz führt bei jeder dritten Bäuerin mit pflegebedürftigen Angehörigen zu Überlastungserscheinungen. Auch unter den Milchviehbäuerinnen ist fast jede Dritte durch ihr hohes Arbeitspensum überfordert. Kein Wunder: Kein anderer Betriebszweig hängt so stark vom Einsatz der Frauen ab wie die Milchviehhaltung. 91 Prozent der Bäuerinnen übernehmen die Stallarbeit zumindest teilweise. Offenbar können Bäuerinnen mit außerbetrieblichem Job leichter die Notbremse ziehen. Der Anteil der Überlasteten liegt bei ihnen immerhin 4 Punkte niedriger als bei den Vollzeitbäuerinnen. Dafür gibt es zahlreiche Gründe: Die Frauen mit außerbetrieblichem Job erfahren mehr Anerkennung, verdienen eigenes Geld und sind durch den intensiveren Außenkontakt zufriedener. Der Haushalt – Arbeitsfalle Nr. 1 Als größte Arbeitsfalle entpuppt sich bei näherem Hinsehen die Hausarbeit. 40 Prozent der Bäuerinnen wünschen sich hier Entlastung. Die Mitarbeit im Außenbetrieb wird hingegen von der Mehrheit der Bäuerinnen als Bereicherung angesehen. Nur jede Sechste könnte dabei Mithilfe gebrauchen. Erwartungsgemäß besteht bei den Bäuerinnen mit pflegebedürftigen Angehörigen der größte Entlastungsbedarf in der Altenpflege. Immerhin 23 Prozent aller Bäuerinnen sagen von sich, dass sie keine Entlastung nötig haben. Doppelspitze im Betrieb … Diese Ergebnisse machen deutlich: Während viele Bäuerinnen betrieblich gesehen mit ihrem Mann eine Doppelspitze bilden, sind sie von einer konsequenten Partnerschaft in puncto Hausarbeit und Kindererziehung noch weit entfernt. Sicherlich: Im Vergleich zu 1998 ist manches besser geworden. Dennoch können auch 2010 nur 12 Prozent aller Bäuerinnen von sich behaupten, dass sie in Bezug auf Haushalt und Kindererziehung eine gleichberechtigte Partnerschaft führen – oder zumindest erhebliche Unterstützung durch ihren Partner erfahren. Dabei ist scheinbar die Hausarbeit noch mehr Frauensache als die Kinderbetreuung. Fahrten zu Hobby oder Sportverein übernehmen immerhin 45 Prozent der Männer hin und wieder. Mehr als jede Dritte wird aber weiterhin „kaum“ oder „gar nicht“ von ihrem Partner bei der Hausarbeit unterstützt. Unwesentlich fortschrittlicher ist die Rollenverteilung bei den Bäuerinnen unter 35 Jahren. Fortschrittliche Landwirtinnen Einzig bei den Frauen mit landwirtschaftlicher Ausbildung und den Quereinsteigerinnen hat sich das Blatt gewendet: 88 bzw. 85 Prozent berichten von einer konsequenten Partnerschaft oder werden von ihren Männern bei der Hausarbeit erheblich unterstützt. Ein Grund dafür könnte sein, dass die Landwirtinnen sich überdurchschnittlich stark im Betrieb einbringen. Viele Quereinsteigerinnen kommen zudem mit weniger traditionellen Rollenmustern auf die Höfe und fordern von ihren Partnern mehr Mithilfe ein. Ingesamt bescheinigt jede zweite Bäuerin ihrem Mann, dass er sie unterstützt, so gut er kann. Hier liegt die Vermutung nahe, dass viele Frauen mit der eigenen Rollenverteilung einverstanden sind. Sie sehen sich als hauptverantwortlich für Haus, Garten und Familie – und wollen diese Verantwortung auch gar nicht teilen. Dass der Wert bei den Bäuerinnen unter 35 Jahren noch höher ist, hängt vermutlich damit zusammen, dass sie sich gerade mitten in der Familienphase befinden und größtenteils Kleinkinder betreuen. Urlaub? Keine Zeit! Kein Wunder also, dass den Bäuerinnen bei ihren zahlreichen Aufgaben nicht mehr viel Zeit zum Abschalten und Ausspannen bleibt. Erschreckende 12 Prozent aller Bäuerinnen sind im Betrieb so eingespannt, dass sie gar nicht dazu kommen, sich eine Auszeit zu nehmen. Alle anderen kommen zumindest gelegentlich zur Ruhe: Jeder Dritten hilft ihr Hobby beim Abschalten, jede Vierte entspannt sich bei Unternehmungen mit Freunden. Sport treibt nur jede fünfte Bäuerin zum Ausgleich. Doch: Regelmäßig gemeinsam mit dem Partner oder der Familie in den Urlaub zu fahren ist nur für jede zehnte Bäuerin eine Option. Etwas höher liegt die Reisequote bei den Bäuerinnen über 45 Jahren. Ihnen können die halbwüchsigen oder erwachsenen Kinder schon mal einige Tage den Rücken im Betrieb freihalten. Dieses Gebundensein an den Betrieb empfinden viele Bäuerinnen als das Manko schlechthin: 57 Prozent stufen es als gravierendsten Berufsnachteil überhaupt ein. Der Generationskonflikt,ein Dauerbrenner Bei so viel Einsatz und Engagement für den Betrieb ist klar: Ohne die Bäuerinnen würde sich das Rad auf vielen Höfen nur halb so schnell drehen. Die meiste An­erkennung dafür bekommen die aktiven Landfrauen von ihrer Kernfamilie: Für zwei Drittel sind der Partner und die Kinder die wichtigste Quelle für Aner­kennung, gefolgt von den Freunden. Bei der Anerkennung durch die Altenteiler (13 Prozent) empfinden viele Bäuerinnen dagegen durchaus Defizite. Das zeigt: Auch im Jahr 2010 bleibt die Generationenproblematik ein Dauerbrenner. Allerdings wurden die zwischenmenschlichen Probleme vor zehn Jahren noch gravierender eingschätzt. Damals nahmen sie Platz zwei der Negativliste ein, heute belegen sie nur noch Rang vier. Die Situation auf den Höfen hat sich also entschärft. Nur noch 15 Prozent der Bäuerinnen glauben, dass sie es genauso schwer haben, wie die Generationen einheiratender Bäuerinnen vor ihnen. Diese Tatsache schreiben übrigens 61 Prozent der Bäuerinnen unter 35 dem eigenen selbstbewussten Auftreten zu – und weniger der steigenden Toleranz der weichenden Generation. Falsches Medienbild Zudem nagt an vielen Bäuerinnen, dass ihr Image in den Medien durch aktuelle Sendungen wie z. B. „Bauer sucht Frau“ leidet. Das glauben immerhin 76 Prozent der Bäuerinnen. Auch die Berufsbezeichnung Bäuerin trägt ihrem vielseitigen Tätigkeitsfeld in der Öffentlichkeit nicht mehr Rechnung, finden immerhin 44 Prozent der Bäuerinnen. Zu den zahlreichen altbekannten Problemen des Berufs Bäuerin gesellen sich also noch einige brandneue Baustellen. Trotzdem hat sich für die meisten Bäuerinnen manches in den letzten Jahren zum Positiven gewendet. Das gelockerte Berufsbild der Bäuerin gibt ihnen die Freiheit, sich nach den eigenen Vorstellungen auf dem Hof zu entfalten und ihr Leben dort selbstbestimmt mitzugestalten. Von der Frau mit Vollzeitjob bis zur Vollzeitbäuerin: Den Frauen stehen heute viele Türen offen. Und das haben sie sich selbst erkämpft. Kathrin Hingst

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