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„Der Garten , mein Ruhepol“

Lesezeit: 8 Minuten

Seit über 60 Jahren hegt und pflegt Agnes Sester ihren Bauerngarten im Schwarzwald. Das Portrait eines außergewöhnlichen Gartens und einer 88-jährigen Frau, die keine Krückemehr braucht, sobald sie eine Harke in der Hand hält.


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W ie ein ausgerollter, bunter Teppich erstreckt sich der Bauerngarten vor dem Schwarzwaldbauernhof. Schon wenn man in das Tal hineinfährt, an dessen Ende der Sesterhof liegt, erkennt man die Vielfalt des 400 m2 großen Gartens.


Er ist das Werk von Agnes Sester – als ihr Lebenswerk könnte man ihn fast bezeichnen. Denn seit über 60 Jahren ist der Bauerngarten Teil des Lebens auf dem Sesterhof. Hege, Pflege und Ernte gehören seit 1954 zur täglichen Routine der heute 88-jährigen Seniorbäuerin. Damals, als sie auf den Hof ihres Mannes zog, gab es den Garten bereits, in Form und Größe identisch mit der heutigen Struktur – allerdings mit einem Betonweg in der Mitte und eingeteilt in acht Parzellen.


Die Gestaltung und Bepflanzung war fortan das Werk von Agnes Sester. Den ursprünglichen Teil, den bäuerlichen Nutzgarten, hat die Seniorin dabei über die Jahre immer erhalten. Auf etwa der Hälfte der Fläche wachsen je nach Jahreszeit Salat, Beeren, Kohl und Radieschen. Im vorderen Bereich, zum Haus hin, hat Agnes Sester zudem den – wie sie sagt – schönen Teil angelegt: Den farbenfrohen Blumengarten, der versteckt und teilweise von Strauch und Hecke überwachsen, die eine oder andere Überraschung bereithält.


Garten für Leib und Seele:

Wenn man den Bauerngarten durch den mit Rosen bewachsenen Bogen betritt, wird bereits nach wenigen Schritten klar, welche Blumen die Lieblinge der Seniorbäuerin sind. Überall entlang des Zaunes – und auch zwischen den Stauden des Ziergartens – recken sich rote, rosa und weiße Stockrosen in die Höhe. „Die Stockrosen haben es mir angetan“, erzählt Agnes Sester. „Aber auch Zinnien finde ich wunderschön.“


Ein gepflastertes Wegekreuz mit einem von Lavendel umrandeten Rosenhochstock teilt den Garten in vier Bereiche auf. Zwei sind für den Nutzgarten reserviert, die anderen beiden für den „schönen Teil“. In dieser Form besteht der Garten seit etwa 14 Jahren. Im Laufe der Zeit hat Agnes Sester aus dem Nutzgarten für den Leib einen „Garten für Leib und Seele“ gemacht.


Ruhe, Rosen und Kräuter:

Der beschauliche Garten strahlt viel Ruhe aus. Rechts vom gepflasterten Weg schwimmen Goldfische in einem kleinen, von schlitzblättrigem Ahorn umwachsenen und von Taglilien umwucherten See-rosenteich.


Hinter dem Teich hat Agnes Sester ein erhöhtes Kräuterbeet in Form einer Spirale angelegt. Hier wachsen neben Salbei, Schnittlauch, Petersilie und Bohnenkraut auch Ananasminze und mediterrane Kräuter. Umrandet ist das Kräuterbeet, wie auch der Teich, von Sandsteinen. Die Inspiration dazu fand die 88-Jährige in Gartenfachzeitschriften und -büchern, die sie auch heute noch regelmäßig liest. Sie ist experimentierfreudig: „In diesem Jahr habe ich unter vier der acht Tomatensträucher Brennnesseln als Dünger vergraben“, erzählt sie. „Ich weiß noch nicht, ob es wirklich hilft. Aber die Tomaten sehen jetzt schon kräftiger aus.“


Auch die Gestaltung und Bestückung der Blumenbeete überlässt sie ganz ihrem Gefühl, einen Plan macht sie sich hierfür nicht. „Zwischen einigen mehrjährigen Stauden pflanze ich, worauf ich Lust habe oder bringe einfach die Samen aus, die ich im Gartenhäuschen finde. Bei uns darf es bunt sein!“, sagt die Gartenliebhaberin.


Unterschiedliche Wuchshöhen:

Bunt ist es vor allem in dem Beet gegenüber vom Teich. Hier steht eine Gartenlaube, die Agnes Sesters Mann 1970 selbst errichtet hat. Genießt man an heißen Tagen den Schatten unter der mit Trompetenblumen bewachsenen Laube, hat man einen herrlichen Blick auf Etagen-blumen, Dahlien und Phlox. Durch das Aussäen „ohne Plan“ entstehen – wie zufällig – unterschiedliche Wuchshöhen, die dem Beet einen besonderen Reiz geben. So wachsen z. B. Verbenen neben Astern und Zinnien, Ringelblumen neben Scheinmohn.


Bei dieser Aussicht ist es kein Wunder, dass die Laube der Lieblingsplatz der fünffachen Großmutter ist. Hier findet sie Ruhe und Entspannung. Denn der Garten ist nicht nur ein Ort desTätigseins, sondern vor allem ein Ort, der ihr stille Momente beschert.


In den letzten Jahren ist der Garten vor allem ein Platz zum Ruhen geworden. „Sonntags mache ich häufig ein Nickerchen auf der Couch unter der Gartenlaube“, berichtet die 88-Jährige. „Oder ich sitze hier und hänge meinen Gedanken nach. Wir haben in der Laube viele schöne Stunden mit der Familie, Freunden und Feriengästen verbracht.“


Harke statt Krücke:

Immer häufiger ist aber ihre Tochter Maria Harter, die heute gemeinsam mit ihrem Mann den Milchviehbetrieb mit Obst- und Weinbau führt, im Garten aktiv. Dennoch hat Agnes Sester weiterhin die Regie, sie gibt Anweisungen und entscheidet, was wo wachsen soll. „Die Hüfte macht oft nicht mehr so richtig mit“, berichtet die Altenteilerin. „Doch wenn ich eine Harke in der Hand halte, brauche ich nicht mal mehr meine Krücke. Harken kann ich stundenlang.“


So ist das Harken auch das Geheimnis ihres Gemüsegartens, der direkt an die Blumenvielfalt anschließt. Zwei Beete, ein Gewächshaus und mehrere Anzuchthäuschen gehören zum Nutzgartenbereich, in dem sie keinen Pflanzenschutz anwendet und nur biologisch düngt.


In einem der beiden Nutzbeete wachsen entlang des Holzzauns Heidelbeeren, Brombeeren, Trauben und Johannisbeeren. Dahinter bilden Flieder, Schneeball und Stockrosen die Grenze zu einer Wiese mit Kirschbäumen.


Auch das zweite Beet des Nutz-gartens bietet so manche Köstlichkeit. Hier wachsen Salate, Bohnen, Tomaten, Erbsen, Kohlrabi und Mangold. Bohnen und Salatpflänzchen zieht Agnes Sester selbst heran.


„Ich habe viel Freude daran, zu sehen, wie das Gemüse wächst, es dann zu ernten und zu kochen“, beschreibt sie ihre Leidenschaft. Im Sommer durchstreift sie jeden Tag den Garten, schaut, was reif ist und bereitet aus dem Gemüse das Mittagessen zu. In den Beeten lässt sich immer etwas finden – auch wenn es nur die Kräuter für die Salzkartoffeln sind.


Selbst im Winter zehrt die 88-Jährige von dem, was ihr 400 m2 großes Gartenparadies hervorbringt. „Kohl und Feldsalat sind die späten Kulturen. Aber ich schlage auch viel in Mieten ein, so kann ich den ganzen Winter über Möhren und Rote Bete genießen.“


Lebenslinien:

Die Geschichte und die Bedeutung des Gartens für die Familie ist eng mit der Lebensgeschichte von Agnes Sester und ihren vier Töchtern verbunden. Agnes Sester ist selbst mit einem Bauerngarten auf ihrem elterlichen Hof, nur ein Tal von ihrem heutigen Zuhause im Kinzigtal entfernt, groß geworden. „Als Kind war ich immer gerne im Garten, in der Jugend wurde er eher zur Pflicht, aber als Belastung habe ich das Gärtnern nie gesehen“, erzählt die Seniorbäuerin. „Was man zur damaligen Zeit essen wollte, musste man eben selbst anbauen.“


So war es zunächst auch noch, als sie nach der Heirat zu ihrem Ehemann auf den Sesterhof zog und sofort für den Bauerngarten zuständig war. 1972 starb ihr Mann und die Witwe hatte plötzlich nicht nur die alleinige Verantwortung für die vier Töchter, sondern auch für den landwirtschaftlichen Betrieb. Den Garten pflegte sie weiterhin, doch neben Melk- und Feldarbeit spielte er nur noch eine untergeordnete Rolle.


Abends, wenn die Stallarbeit erledigt war und die Kinder Zeit zum Spielen hatten, ging Agnes Sester in ihren Garten, um Unkraut zu jäten, zu säen, zu gießen oder zu ernten. „Der Garten war stets mein Ruhepol“, berichtet sie. „Hier konnte ich mich von der Arbeit erholen.“


Kindheits-Erinnerungen:

Auch ihre Töchter verbinden sehr viel mit dem Garten. Ihre schönsten Kindheitserinnerungen seien hier zu finden, berichten sie. Mit Begeisterung sind sie z.B. während der Mitarbeit im Stall immer wieder in den Garten „gehuscht“ und haben frische Erdbeeren, Erbsen oder Radieschen genascht.


Je älter sie werden, desto mehr schätzen sie den Garten und die Zeit, die sie dort verbringen können. Wenn die drei Töchter, die vom Hof fortgezogen sind, zu Besuch kommen, nehmen sie zum Abschied gerne einen üppigen Blumenstrauß oder Kräuter für eine selbst gemachte Kräuterbutter mit nach Freiburg, Homburg und Hannover.


Dadurch, dass alle vier Töchter mit dem Garten aufgewachsen sind, profitieren sie noch heute vom Wissen ihrer Mutter. „Ich habe immer alles ausprobiert. Wenn es nicht geklappt hat, habe ich es im nächsten Jahr wieder anders gemacht“, berichtet Agnes Sester. „Nicht jedes Jahr ist gleich. Wenn mal etwas nicht gelingt, darf man sich nicht entmutigen lassen.“ Bemerkenswert: Damit Feldsalat und Wurzelgemüse gut gedeihen, orientiert sich die Seniorin seit vielen Jahren am Mond. Damit hat sie beste Erfahrungen gemacht.


Agnes Sester ist stolz auf ihren Garten, das merkt man bei jedem Wort, mit dem sie ihn beschreibt. Ihr Praxis-wissen gibt sie auch an Feriengäste des Hofes oder Spaziergänger weiter. „Viele halten am Zaun an und fragen nach. Dann berichte ich gern. Es ist toll, wenn man im Alter noch gefragt ist“, sagt sie lächelnd. Anja Rose

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