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Der Wurst-Wahnsinn

Lesezeit: 4 Minuten

Der öffentliche Druck auf Fleischerzeuger und -verarbeiter nimmt weiter zu. Jetzt hält dieInternationale Krebsforschungsagentur (IARC) Wurst und Schinken sogar für krebserregend. Welche Folgen hat das?


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W HO: Rotes Fleisch ist krebs-erregend“ meldet die Süddeutsche Zeitung am 27. Oktober, „Wurst und Schinken als krebserregend eingestuft!“, titelt BILD am selben Tag auf ihrer Homepage. Die Nachricht, dass rotes Fleisch „wahrscheinlich krebserregend“ und verarbeitetes Fleisch wie Wurst „krebserregend“ sei, verbreitete sich in den Medien wie ein Lauffeuer. Auslöser für diesen Medien-Hype war ein Bericht der Internationalen Agentur für Krebsforschung (IARC), die ein Gremium der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ist.


In ihrer Hauptaufgabe koordiniert die IARC die Forschung zu allen Krebsarten weltweit. In diesem Fall stellten im Vorfeld mehrere wissenschaftliche Untersuchungen unabhängig voneinander fest, dass Menschen, die z. B. an Darmkrebs erkranken, häufig viel Fleisch essen. Um zu klären, ob es tatsächlich einen Zusammenhang zwischen einem hohen Fleischverzehr und Krebs gibt, werteten die Spezialisten der IARC daraufhin etwa 800 weltweit verfasste Untersuchungen aus.


Es ist jedoch schwer, darauf allein die These zu stützen, dass Fleisch und Wurst Krebs im Darm verursachen. Dabei spielen nämlich meist mehrere Faktoren eine Rolle. Die Vererbung, die sportliche Aktivität, Übergewicht, Rauchen und Alkohol steuern unter anderem ihren Beitrag zum Krebsrisiko bei.


Bislang blieb die IARC jedoch den Beweis schuldig, wie sie zu ihrer Einschätzung kam. Denn die reine Auswirkung von Fleisch oder Fleischprodukten in unserer vielfältigen Ernährung einzeln zu betrachten, ist ein kompliziertes Unterfangen. Der genaue Bericht über das Vorgehen und die Ergebnisse der IARC lag Mitte November noch nicht vor. Die Berichterstattung in den Medien stützte sich allein auf die Pressemeldung der IARC und eine Stellungnahme auf der Internetseite der WHO.


Keine Handlungsempfehlung:

Für ei- ne wissenschaftliche Einrichtung ist es durchaus typisch, solche Ergebnisse ohne genaue Handlungshinweise für die breite Bevölkerung zu veröffentlichen. Zum einen begründet die WHO ihr Vorgehen damit, dass ein hoher Fleischkonsum in vielen Ländern üblich sei. Zum anderen erscheint es sinnvoll, dass es eine zentrale Stelle gibt, die zahlreiche Studien zusammenfasst, vergleicht und feststellt, welche Felder zukünftig noch untersucht werden sollten.


Deshalb heißt es in der Stellungnahme der WHO auch häufig, dass man zu genauen Fragen noch keine Empfehlungen geben kann, weil die Studien dies nicht eindeutig belegen. Das Ergebnis einer solchen Veröffentlichung durch die IARC ist also „im Normalfall“, Kräfte zu bündeln und eine zukünftige Forschungs-Richtung auszuweisen.


So kann die WHO die Frage, ob Kinder, Erwachsene oder Senioren unterschiedlich stark betroffen sind, welche Zubereitungsart für Fleisch die am wenigsten krebserregende ist oder ganz banal, ob die Blutwurst gesünder als die Bockwurst ist, auf Grundlage der vorhandenen Informationen noch nicht beantworten.


Rechnung mit Unbekannten:

Auch der Hinweis, dass 50 g verarbeitetes Fleisch am Tag die Wahrscheinlichkeit an Darmkrebs zu erkranken um 18 % steigere, ist irreführend. Für Deutschland liegt das Darmkrebsrisiko aktuell etwa bei 5 %. Bezieht man die neue Datenlage mit ein, errechnet sich ein Risiko von ca. 6 %.


Weltweit gesehen spricht man von ca. 34 000 Menschen, die durch den Verzehr von verarbeitetem Fleisch in einem Jahr an Darmkrebs erkranken. Das sind 34 000 schlimme Schicksale, ohne Frage. Verglichen mit 1 Mio. Krebserkrankungen, die man im selben Zeitraum dem Rauchen zuschreibt, sind dies jedoch vergleichsweise wenige Menschen.


In Kreisen der Wissenschaft ist der Zusammenhang zwischen dem Fleischverzehr und Krebs schon seit mehreren Jahren ein Thema. Obwohl die IARC auf über 800 Studien zurückgreifen konnte, bleiben viele Fragen offen.


Was die Forscher des Max-Rubner-Institutes (MRI), das sich in Deutschland schwerpunktmäßig mit dem gesundheitlichen Verbraucherschutz beschäftigt, von der Botschaft des IARC halten, lesen Sie im Interview mit dem Präsidenten des MRI, Prof. Dr. Rechkemmer (S. 16).


Wie die IARC-Nachricht in der Praxis ankommt, zeigen die Standpunkte von Petra Bentkämper, Deutscher LandFrauenverband, Matthias Redlich, Fleischermeister, und Katharina Meusener aus der Redaktion top agrar. -km-

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