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Ein Herz und eine Seele

Lesezeit: 6 Minuten

Großväter und ihre Enkel sind auf vielen Höfen ein Dreamteam. Toben, klettern, stundenlang in der Werkstatt tüfteln – von der gemeinsamen Zeit profitieren Opa und Enkel gleichermaßen.


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Kürzer kann der Rasen nicht mehr werden. Dennoch bleibt August Finkenbrink auf dem Rasenmähertrecker sitzen und dreht mit Enkel Moritz auf dem Schoß noch eine Extra-Runde. Nötig ist es nicht, aber es macht beiden riesigen Spaß.


August Finkenbrink geht es wie vielen anderen Großvätern auch: Seit der Geburt seines Enkels ist er wie ausgewechselt. Stundenlang tüftelt er mit Moritz in der Werkstatt, schiebt ihn auf dem Gokart über die Feldwege und beantwortet mit einer Engelsgeduld seine unzähligen Fragen. Es ist augenscheinlich: Er genießt es, Opa zu sein – und stellt anderes dafür gerne zurück.


Im Alter weich geworden


Fachleute wissen: Viele Großväter verändern sich mit der Ankunft der Enkel. Sie entdecken ihren Familiensinn neu und werden offener. „Da kommt eine neue Saite in ihnen zum Schwingen“, sagt Bildungsreferent Peter Langenstein. In der Landvolkshochschule Kloster St. Ulrich in Bollschweil veranstaltet er regelmäßig Großeltern-Enkelkind-Seminare. „Bei den Großvätern bewegt sich etwas.“


Unsere Gespräche mit Bauernfamilien zeigen: Die Veränderung des Großvaters überrascht die Familienmitglieder zunächst – im positiven Sinne. Stand doch bis dato für die gestandenen Betriebsleiter häufig der Betrieb, die Arbeit oder das Ehrenamt im Vordergrund. Zudem war lange Zeit häufig die Frau nach klassischer Rollenverteilung für die Familienarbeit zuständig.


Überrascht von der Wandlung ihrer Ehemänner zeigen sich vor allem die Großmütter. So schildert eine Oma aus Niedersachsen: „Ich lerne meinen Mann noch einmal von einer ganz neuen Seite kennen. Er tobt mit den Kleinen durch die Betten und liest Geschichten vor.“ Auch ein Landwirt der mittleren Generation kommentiert: „Mein Vater – früher und heute? Das ist ein Unterschied wie Tag und Nacht!“.


Und die Großväter? Sie sind oft selbst erstaunt über ihr neu erwachtes Engagement für die Familie. „Ich erlebe die Kindheit meiner Enkel viel intensiver als die meiner eigenen Kinder“, sagt Hans-Uwe Rohwer, Landwirt und fünffacher Großvater aus Stafstedt in Schleswig-Holstein.


Die innige Beziehung zwischen Opa und Enkel verwundert Experten hingegen nicht. Meistens fällt die Geburt der Enkel in eine Zeit, in der sich das Leben des Seniors sowieso ändert. Die Abgabe von Verantwortung im Betrieb schenkt den Großvätern die Ruhe, Zeit und Muße, sich auf die Beziehung zu ihren Enkelkindern einzulassen. Selbst wenn sie bereits mit ihren eigenen Kindern gerne mehr unternommen hätten – die Gelegenheit dazu bietet sich für viele erst in ihrer Rolle als Opa.


So ist die Betriebsübergabe für viele Großväter auch der Zeitpunkt, eingeschlafene Hobbys – jetzt zusammen mit den Enkelkindern – wieder aufzunehmen oder einen Urlaub in Begleitung der Kinder nachzuholen.


Außerdem können alle von uns befragten Großväter entspannter mit ihren Enkeln umgehen, weil sie nicht mehr für deren Erziehung verantwortlich sind. Beruhigt drücken sie auch schon mal ein Auge zu. „Konsequenz ist für mich wichtig. Aber bei uns wird auch mal Blödsinn gemacht“, erzählt Hans-Uwe Rohwer.


Wenn Opa mit dem Enkel …


Fest steht: Der neu entdeckte Familiensinn des Seniors tut allen Familienmitgliedern gut. Zunächst bedeutet er eine Entlastung für die mittlere Generation, da der Opa z. B. die Fahrdienste zum Sport- oder Reitunterricht übernimmt und geduldig vor der Halle auf die Sprösslinge wartet.


Am meisten profitieren von der engen Bindung jedoch die Enkelkinder und der Großvater selbst.


Für den Nachwuchs ist der Großvater auf vielen Höfen eine der wichtigsten Vertrauens- und Bezugspersonen nach den Eltern. Auf ihren Opa können sie zählen, berichten die Kinder. Bei ihm dürfen sie auch unangemeldet vor der Tür stehen, technischen Rat einholen oder genauso gut ihr Herz ausschütten. Nicht zuletzt: Wenn es mit den Eltern Unstimmigkeiten gibt, vermittelt der Opa für sie.


Dass der Großvater ihnen zudem viele Geschichten „von früher“ erzählen kann, fasziniert die meisten Enkelkinder. Schließlich hat er viele historische Ereignisse als Zeit- oder Augenzeuge selbst miterlebt. Aber auch besondere Geschichten aus der Familie oder Anekdoten der mittleren Generation amüsieren die Kinder ebenso.


Um so schmerzlicher wirkt es sich auf die Enkelkinder aus, wenn der Kontakt zwischen ihnen und dem Großvater aufgrund von Generationsstreitigkeiten oder Beziehungsproblemen der Eltern unterbleibt.


Doch auch den Großeltern tut der Kontakt mit den Enkel durchweg gut. Ganz automatisch, so berichten sie, hält sie der Umgang mit den Enkelkindern fit, da sie geistig und körperlich gefordert werden. Darüber hinaus empfinden sie die gemeinsamen Aktivitäten als sinngebend. Vielen ist es außerdem eine Herzensangelegenheit, bei den Enkeln Begeisterung für die eigenen Interessen und Fähigkeiten zu wecken und weiterzugeben. So unterrichtet manch ein Opa seinen Enkel im Schnitzen, Sensen oder Angeln und trainiert mit ihm die regional­typische Mundart. Die Gespräche mit der jungen Generation bieten dem Senior Anschluss an die moderne Welt – auch wenn ihm die Enkel längst nicht alle Geheimnisse anvertrauen.


In puncto Medien und Technik dreht sich der Wissenstransfer an dieser Stelle um: Auch wenn die Großväter selbst keine E-Mails schreiben, die neue Jeans im Internet bestellen oder einen Fachbegriff bei Google nachschauen: Wie die Systeme funktionieren, lassen sie sich von den Jungen dennoch gerne zeigen und erklären.


Der Ausspruch „Enkel brauchen Großeltern“ wird viel zitiert. Unsere Gespräche aber zeigten: Umgekehrt wird auch ein Schuh daraus. Großeltern brauchen Enkel.


Dies gilt in besonderem Maße für die Großväter. „Die Enkel bieten ihnen eine echte Chance zur Entwicklung“, so Dr. Andrea Hötger, Erwachsenenpädagogin aus Borchen. „Spielerisches und Emotionales, das zuvor keinen Platz im Leben hatte, können sie jetzt umsetzen.“ Ein Großvater beschreibt den Prozess, der mit der Geburt seiner Enkel in Gang gesetzt wurde, wie folgt: „Vater war ich erst, als ich Opa wurde.“R. Bröcker

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