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Einheiraten leicht gemacht

Lesezeit: 7 Minuten

Ob das Miteinander auf dem Hof funktioniert, hängt von vielen Faktoren ab. Mit welcher Einstellung Sie Konflikte entschärfen und vermeiden können, zeigt Elke Pelz-Thaller.


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Auf den meisten landwirtschaftlichen Betrieben wird bis heute noch generationenübergreifend gearbeitet. In vielen Fällen klappt das ohne große Schwierigkeiten. Kleine Meinungsverschiedenheiten gibt es in jeder Firma und in jeder Familie.


Es kommt aber dennoch vor, dass sich gerade durch eine „Einheirat“ die Fronten verhärten. Es entstehen dadurch komplizierte Lebens- und Arbeitssituationen – für alle Beteiligten.


Eins muss klar sein: Eine Einheirat ist nicht nur Thema für denjenigen, der neu hinzukommt, sondern auch für alle anderen, die davon betroffen sind. Dazu gehören Ehepartner, Schwiegereltern, vielleicht sogar Geschwister und Großeltern, die noch auf dem Hof leben. Jeder hatte bis zum Einzug des „neuen Familienmitgliedes“ seinen angestammten Platz. Und jetzt muss man quasi etwas rücken, um dem oder der „Neuen“ auch einen Bereich anbieten zu können.


Rein ins geschlossene System:

Dem Einheiratenden muss klar sein, dass er sich in ein gewachsenes, geschlossenes System begibt. Dieses funktioniert durch unausgesprochene Regeln, die man als selbstverständlich erachtet und nicht immer hinterfragt. „Das haben wir schon immer so gemacht“ oder „bei uns ist das so üblich“ sind Denkmuster, die jeder kennt. Interessant ist auch, dass wir ca 80% unseres Wertesystems, das wir zu Hause vorgelebt bekamen, im Gepäck haben. Unsere Herkunft ist also spätestens dann wieder präsent, wenn wir eine eigene Familie gründen.


Denken Sie alleine an die Gestaltung des Heiligen Abends. Die meisten wollen ihn so gestalten, wie sie ihn selbst als Kind erlebt haben. Spätestens bei der Menüwahl wird klar, dass es sehr schwierig werden kann, die vom Partner gewohnten Bratwürste mit Kraut, in ein von Ihnen stets zelebriertes Raclette umzuändern oder umgekehrt.


Unterschiedliche Ansichten:

An diesem kleinen Beispiel wird das Ausmaß deutlich, wenn es darum geht, eine „Einheirat“ in eine ganze Familie zu beleuchten. Je unterschiedlicher die Ansichten zu Lebensentwurf, Lebensraum, Arbeitsfeldern sind, desto größer ist auch das Konfliktpotenzial. Jeder ist in die eigenen Denkmuster verliebt, trifft natürlich folgerichtig Entscheidungen und hat die „richtige Meinung“.


Ein weiterer entscheidender Punkt ist eine gewisse Erwartungshaltung an den anderen. Ein neues Familienmitglied hat sich eventuell an die schon immer so praktizierten Abläufe anzupassen. Das neue Familienmitglied hingegen erwartet Verständnis für Privatsphäre, die man als junge Familie haben möchte. Kommt die Schwiegermutter ohne Anklopfen in die eigenen vier Wände, ist das für viele indiskutabel. Die Schwiegermutter wiederum kann es nicht nachvollziehen, dass das so schlimm sein soll. Schließlich hat das ihre Schwiegermutter damals auch so gemacht. Sie musste das akzeptieren.


Du musst dich ändern!

Schnell werden aus solchen Mustern Konfliktmassen. Denn auch das wurde uns in der Gesellschaft oft nicht anders vorgelebt: Der andere soll sich ändern, damit es mir gut geht. Aber haben Sie schon versucht, einen Menschen zu verändern?


Es ist ein fast aussichtsloses Unterfangen, das viel Energie raubt und doch meist nicht das gewünschte Ziel erreicht. Die Folge ist Frustration. Ein Teufelskreis entsteht. Denn als frustrierter Mensch werde ich kaum positive Ergebnisse erzielen können. Denn Gefühle beeinflussen auch meine Wahrnehmung.


Je unverstandener ich mich fühle, desto weniger Positives nehme ich in meiner Umwelt wahr. Und je weniger ich Positives wahrnehme, desto schlechter fühle ich mich. Der eine neigt nun dazu, gar nichts mehr zu sagen und sich abzukapseln. Der andere geht in die Offensive und versucht, seinem Frust Luft zu machen. Beide Varianten sind zwar menschlich, aber überhaupt nicht geeignet, um ein glückliches Miteinander in die Wege zu leiten.


In dieser Situation wird dann nicht selten der Partner zur Zielscheibe, der sich gefälligst auf die jeweilige Seite zu stellen hat. „Du bist doch mein Mann. Du musst meine Meinung vertreten und zu mir stehen.“


Auf der Seite der Eltern hört man vielleicht: „Du bist unser Sohn, für dich haben wir das alles aufgebaut und nun wendest du dich ab“. Eine wahrhafte Zerreißprobe für denjenigen, der sich einen Partner auf den Hof geholt hat. Denn was er auch tut, er macht es für irgendjemanden sicher nicht richtig.


Bis der Supergau kommt:

Im negativen Gefühlszustand werden auch Aktionen des anderen negativ interpretiert. Ein nicht ausgesprochener Morgengruß wird z.B. als Ablehnung gedeutet, eine nicht erledigte Arbeit als Boykott.


Wenn möglich, sollte man es so weit nicht kommen lassen, denn die Fronten verhärten sich von Tag zu Tag. Manche Familien erleben in diesem Stadium den Supergau. Trennung, Krankheit, alles ist möglich und oft läuft dies „isoliert“ ab. Das heißt, niemand soll davon erfahren. Das verstärkt den Druck auf alle in der Familie zusätzlich.


Doch wie komme ich aus dieser sprichwörtlich verfahrenen Situation wieder heraus? Der beste Ansatz ist stets, bei sich selbst zu beginnen. Nur ich selbst kann Veränderung herbeiführen. Nur ich selbst kann sie verursachen.


Wechseln Sie die Blickrichtung!

Machen Sie sich bewusst, dass Ihr Gegenüber das gleiche Recht hat, eine Meinung zu einem Thema zu haben, wie Sie selbst. Wechseln Sie so oft es geht die Blickrichtung und fragen Sie, wenn Sie eine Meinung nicht verstehen. Das kann folgendermaßen aussehen: „Ich verstehe nicht ganz, warum dir das so wichtig ist. Ich möchte es aber nachvollziehen können, bitte erkläre es mir.“


Machen Sie sich bewusst, dass Sie Ihr Gegenüber immer durch psychologische Filter wahrnehmen. Das heißt, jeder Mensch sieht durch unterschiedliche unbewusste Brillen. Wechseln Sie bewusst zur „rosaroten“ Brille.


Vielleicht erinnern Sie sich noch an die Zeit, in der Sie über beide Ohren verliebt waren. Nichts hat Sie gestört, keiner konnte Sie aus der Reserve locken, Sie haben das Positive im Gegenüber gesehen oder es bei „Ausrutschern“ als nicht so schlimm bewertet.


Dies kann man sich bewusst erarbeiten, indem man sich täglich schon am Morgen die Aufgabe stellt, bewusst aufzupassen, was einem am anderen wertvoll erscheint. Sie gehen automatisch anders auf den anderen zu. Eine weitere hilfreiche Übung könnte folgende sein: Sagen Sie sich täglich „Es gibt keine schlechten Menschen, es gibt nur manchmal unpassendes Verhalten!“


Angenommen, ein Familienmitglied ist gerade genervt und verhält sich in Ihren Augen unpassend. Gehen Sie nicht darauf ein, sondern machen Sie vielleicht sogar ein Kompliment. Beachtung bringt in der Regel Verstärkung.


Versuchen Sie es doch mal mit: „Irgendwie beneide ich dich darum, wie du so völlig selbstverständlich deine Gefühle zeigst“ – natürlich mit einem Lächeln im Gesicht und vielleicht einem Schulterklopfer. Schon verändern Sie die Stimmungslage.


Miteinander reden:

Freundliche, wohlwollende Offenheit ist der Schlüssel zu einem gegenseitigen Respektieren und Aneinandergewöhnen. Sagen Sie, was Sie nicht verstehen, sagen Sie, wo Sie sich schwertun, reden Sie miteinander, solange der Bogen noch nicht überspannt ist. Gelingt es Ihnen nicht alleine, so suchen Sie sich professionelle Hilfe von außen.


Jeder Beteiligte in einem landwirtschaftlichen Betrieb ist daran interessiert, die Familie und den Hof zusammenzuhalten. Und jeder Blick von außen verhindert Betriebsblindheit. Das allein als fest formuliertes und gemeinsames Ziel stellt in der Regel die Weichen.


Und vergessen Sie niemals: Menschen, die anders sind als wir selbst, helfen uns immer dabei, den eigenen Horizont Stück für Stück zu erweitern. So vergrößert sich der Überblick und unsere eigene Persönlichkeit wird gestärkt.

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