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Erst das Handy, dann die Pubertät

Lesezeit: 4 Minuten

top agrar hat mit Medienpädagoge Moritz Becker diskutiert – über Klassengruppen, vergessene Smileys und Mütter, die merken, wie verführerisch es ist, ständig das Handy zu kontrollieren.


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Wann „brauchen“ Kinder ein Smartphone?


Becker: Aus Kindersicht: Am besten schon in der 5. Klasse, zum Wechsel auf die weiterführende Schule.


Wie sehen Eltern das?


Becker: Die Eltern beruhigt es, wenn ihr Kind erreichbar ist und im Notfall anrufen kann. Dafür würde ein einfaches Handy reichen. Die Kinder aber wollen ins Internet.


Wozu wird es genutzt?


Becker: Die Schüler der 5. und 6. Klassen lieben Spiele, wie Clash of Clans oder Candy Crush. Außerdem ist WhatsApp beispiellos beliebt. Klassenaktivitäten und Verabredungen werden so koordiniert.


Ohne WhatsApp ist ein Kind „raus“?


Becker: Das würde ich nicht sagen. Es gibt Kinder, die sind so beliebt, dass sie trotzdem nicht vergessen werden. Eine Bürde ist es aber, wenn Kinder nach dem Schulwechsel erst wenige Klassenkameraden kennen.


Raten Sie, Kinder ab Klasse 5 mit Smartphone auszurüsten?


Becker: Wenn es nicht gewichtige Gründe dagegen gibt – ja. Ich würde von einem Smartphone abraten, wenn sich ein Kind generell nicht gut an Absprachen hält.


Viele Eltern haben Angst, dass Kinder verstörende Bilder sehen.


Becker: Die Angst kann ich als Vater verstehen. Mit 11 kann man ein Kind aber behutsamer an das Smartphone heranführen als mit 14, wenn es pubertätsbedingt kaum noch auf die Eltern hört. Früh können Eltern besser steuern, welche Funktionen das Kind nutzt. Es reicht noch, nur über das Haus-WLAN online zu sein. Aber: Eltern müssen Zeitlimits festlegen und Lösungen für Hausaufgaben und Schlafenszeit finden.


Und die gewalttätigen oder pornografischen Bilder?


Becker: Diese Inhalte sind leider allgegenwärtig. Es ist eine Illusion, zu glauben, dass ich mein Kind davor schützen kann, wenn ich ihm das Smartphone verweigere. In den Klassen sehe ich die Kinder oft zu dritt oder zu viert Bilder auf dem Display anschauen.


Was raten Sie den Eltern?


Becker: Dazu eine Geschichte aus der Schule: Eine 12-Jährige bekam einen – aus Kindersicht bedrohlichen – Kettenbrief. Die Botschaft: Wer den Brief nicht weiterleitet, wird zum Zombie und riskiert, dass seine Mutter stirbt. Statt mit den Eltern über das absurde Szenario zu sprechen, hat das Mädchen nächtelang vor Angst nicht geschlafen. Sie befürchtete, dass sonst das Smartphone einkassiert würde. Hier ist das Gegenteil von dem eingetreten, was die Eltern bezweckt haben. Das Kind musste mit etwas alleine fertig werden, das es kaum bewältigen konnte.


Was können die Eltern stattdessen tun?


Becker: Dem Kind versichern, dass es über alles reden kann, was es beunruhigt, ob es nun Bilder oder WhatsApp-Streits sind. Ihm erklären, dass viele Bilder auch für Erwachsene schwer zu ertragen sind. Die Kinder sensibilisieren, nicht unbedacht jeden Link zu öffnen. Übrigens: Kindern fällt es leichter, mit gleichgeschlechtlichen Bezugspersonen zu reden.


Das klingt, als müssten Eltern technisch fitter sein als ihre Kinder.


Becker: Das ist nicht unbedingt notwendig. Aber gerade in letzter Zeit haben viele Mütter technisch aufgerüstet. Sie merken plötzlich, wie verführerisch es ist, ständig Nachrichten zu checken. Eine Riesenchance, mit den Kindern auf Augenhöhe zu diskutieren, welche Regeln in der Familie gelten sollen. Eltern sind Vorbilder! Sie können nichts fordern, was sie nicht selbst halten können.


Wie werden die Kinder ­weniger angreifbar?


Becker: Bringen Sie ihnen bei, dass das Internet kein rechtsfreier Raum ist! Wir erleben, dass die stärksten Kinder diejenigen sind, die ihre Rechte kennen und diese auch vehement einfordern, z.B. das Recht am Bild, ihre Persönlichkeitsrechte.


Gibt es durch das Smartphone mehr Mobbing als vorher?


Becker: Nein. Aber die Konflikte haben sich verändert. Ein vergessener Smiley hinter einer Nachricht kann in einer Katastrophe enden. Das ist neu und es liegt daran, dass private Konflikte zwischen zwei Kindern bis spätabends in der Klassengruppe von 25 übermüdeten 12-Jährigen diskutiert werden. Logisch, dass das irgendwann eskaliert.


Kann man denn alles über WhatsApp klären?


Becker: Natürlich nicht. Aber viele Kinder können nicht unterscheiden, wann etwas persönlich ist und wann es die ganze Gruppe angeht. Zudem macht WhatsApp transparent, wer wann online ist. Dadurch wird eine verspätete Antwort zum Affront. Hier fehlt ein Knigge als Kompass.


Können sich die Kinder denn noch unterhalten?


Becker: Ja. Wer als Kind lernt, wie wichtig Gespräche sind, wird diese auch später wollen und einfordern. Nur wer das nicht kennenlernt, kann schlecht zwischen Freund und WhatsApp-Kontakt unterscheiden.

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