Robert Habeck Öko, Kanzler-Hoffnung & Familienvater
Herr Habeck, wie haben Sie als Landwirtschaftsminister die Bauern in Schleswig-Holstein erlebt?
Habeck: Als dickköpfig und selbstbewusst, aber vor allem als absprachetreu und zugewandt. Aus harten Konflikten entstand ein streitbares, aber vertrauensvolles Miteinander.
Heute fühlen sich viele Bauern von Ihrer Partei persönlich angegriffen.
Habeck: Ich weiß. Begriffe wie Massentierhaltung oder Agrarwende klingen wie eine Kampfansage. Ich hätte aber ein hohes Interesse daran, dass keine persönliche Schuld-Debatte, sondern eine Veränderungs-Debatte geführt wird. So habe ich es auch als Minister versucht.
Halten Sie die Landwirtschaft in ihrer heutigen Form für überholt?
Habeck: Ich erkenne an, dass die Landwirtschaft über Jahrzehnte das geleistet hat, was die Gesellschaft wollte: gute Lebensmittel in hoher Qualität zu günstigsten Preisen. Damit haben die Bauern unseren Wohlstand erst möglich gemacht. Ich wäre froh, wenn die Branche jetzt erkennt, dass das, was vor 50 Jahren richtig erschien, heute Probleme aufwirft.
Was meinen Sie damit?
Habeck: Ich halte die Nutztierhaltung in Deutschland in ihrer heutigen Form für nicht zukunftsfähig. Die gesellschaftlichen Erwartungen und der bestehende Zustand sind nicht in Übereinstimmung zu bringen. Ich weiß aber auch: Aus Sicht vieler Landwirte muss das eine teilweise unverständliche Diskussion sein, weil sie ihre Tiere jeden Tag nach Recht und Gesetz halten.
Was schlagen Sie also vor?
Habeck: Im Moment gibt das System vor: Fahrt Vollgas. Ich finde, wir sollten das Tempo langsam abbremsen. Einen Weg finden, wie wir in einem nachhaltigen System Ernährungssicherheit für Konsumenten und gleichzeitig gute Existenzbedingungen für Landwirte erreichen. Mein Vorschlag ist: Schaffen wir einen Markt für extensivere Produktion, für Umwelt, für Klimaschutz. Solche Leistungen der Landwirte müssen selbstverständlich auch vergütet werden. Diese Veränderung geht aber nur mit den Bauern gemeinsam.
kathrin.hingst@topagrar.com