Uta Seiler, 54 Wohnort: Rössnitz, Sachsen Betrieb: 70 Milchkühe,140 ha Acker- und GrünlandFamilie: Frieder (59), Ursula (31) & Karin (30) mit eigenen Familien

Warum nimmst Du nicht einen von der Hochschule?“, fragte meine Mutter in den 1980er-Jahren. Dass ausgerechnet ich, die Stadtpflanze, einen Bauern heiraten wollte, war für sie unbegreiflich. Selbst heute, wenn sie uns besuchen kommt, lachen und schmunzeln wir noch. Mir selbst würde die Wandlung gar nicht mehr auffallen.

Zunächst allerdings lebten Frieder und ich noch ganz anders als heute. Wir heirateten 1986, schnell kamen unsere zwei Mädchen zur Welt. Es war die Vorwendezeit. Ich arbeitete als Erzieherin im Kinderheim, Frieder war Angestellter in der örtlichen LPG.

Das Jahr 1989 veränderte alles. Frieders Mut und Lust zur Selbstständigkeit waren groß. Irgendwann sagte er: „Uta, was hältste davon, wenn ich Landwirtschaft mache?“ Sofort bekam ich ein flaues Gefühl im Magen. Doch ich wusste: Für meinen Mann war das der Weg, seine Leidenschaft. Und ich ging mit. Wir starteten klein, nahmen bald viel Geld auf und bauten einen Kaltstall für die Kühe. Hals über Kopf kündigte ich meine Stelle im Kindergarten und besuchte die Landwirtschaftsschule. Im Eifer dieser Jahre legte ich schließlich sogar die Prüfung zur Landwirtschaftsmeisterin ab.

15 Jahre stand ich im Melkstand, Tag für Tag. Dann ging es nicht mehr, ich musste meine Grenzen erkennen. Im Anschluss an eine Kur absolvierte ich die Ausbildung zur Bauernhofpädagogin – und blühte neu auf.

Heute veranstalte ich Kindergeburtstage und Hoftage für Kinder. Ich kümmere mich um Haus, Büro und die beiden kleinen Söhne meiner Tochter Karin. Wir wohnen alle unter einem Dach. Es fühlt sich fast so an, als wäre ich mit 30 Jahren Abstand noch einmal Mutter geworden. Oft fordern die Jungs meine ganze Kraft und Geduld, doch ich liebe es einfach, Mutti, Vertraute und Ansprechpartnerin zu sein.

Mein Mann ist ein rauer Charakter. Groß, wortkarg, herzensgut. Ein Vogtländer! Ausführlich diskutieren kann ich mit ihm nicht, er spricht nicht viel. Aber: Frieder ist da, egal was kommt. Höhen und Tiefen haben wir mehr als einmal durchgestanden.-rb-