„Sie küsste ihn, sprang aus dem Bett, schlüpfte in die Sachen, pfiff nach dem Hund und lief in ihren grünen Gummistiefeln über den Hof zum Jungviehstall.“ So schreibt es Dr. Heike Müller in ihrem jüngst veröffentlichten Roman.
„Kenn ich! Mach ich jeden Morgen!“, denken Sie jetzt vielleicht. Mag sein, denn das Buch spielt so nah an und in der Bauernwelt, dass es „Insidern“ durchgängig vertraute Szenen vor Augen führt. Der Trick: Müller mischt in ihrem Werk einen Schuss Verliebtheit und neues Glück in das Alltags-Grau der Hauptdarstellerin. Sie zeigt Karen, Anfang 50, Milchbäuerin in Mecklenburg, verwitwet, eigentlich lebensfroh und doch erstarrt in der Trauer um den Tod ihres Mannes. Und sie zeigt Piet, Nordfriese, Musiker, Mitte 50 und auch allein. Blitz, Donner und Hagel führen den radfahrenden Piet in Karens Kuhstall, als sie gerade einem Kalb auf die Welt verhilft. Er packt mit an, sie reicht ihm später, als er fröstelt, ihre Fleecejacke. Zart stellen sich die ersten Schmetterlinge ein. Dann prallen Welten aufeinander: Piet ist sehr gläubig, spricht gern plattdeutsch und geht mit seinem Orchester trompetespielend auf Tour. Sie wühlt auf ihrem Hof, hat das Ausgehen fast vergessen, ist DDR-sozialistisch und atheistisch großgeworden.
„Ich wollte eine Lanze brechen fürs Land“, sagt Autorin Müller, die Landesvorsitzende der Landfrauen Mecklenburg-Vorpommern und Vizepräsidentin des Landesbauernverbandes ist. „Mein Buch ist ein Stück Öffentlichkeitsarbeit. Der Leser sieht die reale Situation dieser Milchviehhalterin, keine Traumwelt.“
Selbst ein Buch zu schreiben, war für Müller über Jahre ein Ziel. „Ich feierte meinen 50. Geburtstag und eine Freundin starb. Wie lange willst Du noch warten, fragte ich mich.“
Wir finden: Klasse! Müllers Lesestoff ist ehrlich, echt und gefühlvoll.
„Eines Abends fuhren sie in der Dunkelheit zum See, um zu schwimmen (...). Die Luft war wie Samt in dieser Nacht, das Wasser (...) wie kühlende Seide, und über der ganzen Kulisse wölbte sich ein schwarzblauer Sternenhimmel...“