Als Kind wollte ich Medizin studieren. Doch 1991, bald nach der Wende, bewohnte eine Landwirtsfamilie aus Niedersachsen unser Mini-Gartenhaus bei Eisleben. Eifrig belebten die Landwirte das benachbarte LPG-Gebäude und begannen, auf den umliegenden Flächen zu ackern. Da war es um mich geschehen. Jede freie Minute verbrachte ich fortan auf dem Trecker. Plötzlich war ich an zwei Orten zu Hause: Im Pfarrhaus, bei meinen Eltern, mit meinen fünf Geschwistern. Und nebenan, bei meiner zweiten Familie, bei den Bauern.
2001 startete ich – zeitgleich mit Sara – mit dem Agrarstudium in Halle/Saale. Ich dachte daran, später Pflanzenbauleiter auf einem Großbetrieb zu werden, vielleicht sogar nach Lettland oder Russland zu gehen. Die Perspektive eines Familienbetriebes, der gut wirtschaftet, aber keine unendliche Hektarzahl anstrebt, lag mir damals fern. Heute sind die Gegensätze hier in Wurzen, Saras Heimatregion, groß: Zusammen mit wenigen anderen kleinen Höfen sind wir umzingelt von LPG-Nachfolgebetrieben mit 1 000 ha und mehr. Dennoch: Mich überzeugt die Freude am eigenen Erfolg. Was wir hier tun, tun wir für uns. Nicht alles gelingt. Trotzdem macht mir neben dem klassischen Ackerbau das Experimentieren viel Spaß: Aktuell testen wir Eruca-Raps, Dinkel und die blaue Lupine. Da sind Höhen und Tiefen normal.
Sara ist temperamentvoll und entschlossen, manchmal auch stur. Zum Glück! Sie ist fürsorglich, bodenständig und äußerst heimatverbunden.
Nur in einem Punkt haben wir unterschiedliche Auffassungen: Mir tut es gut, im Leben an eine höhere Macht zu glauben. Wenn wir am Feldrand vor einem guten Weizenschlag stehen, sage ich: „Das ist Gott.“ Sara sagt: „Das ist das Wetter.“