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Smartphone: SUcht oder Segen?

Lesezeit: 8 Minuten

Für Kinder und Jugendliche ein unverzichtbares Spielzeug, für Eltern oft Anlass zur Sorge: das Smartphone. Birgt es Gefahren für die kindliche Entwicklung oder ist es harmloser ­Zeitvertreib?


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Paulinus Kestermann aus Schöppingen ist 12 Jahre alt. Er hat ein Smartphone, seit er in die 6. Klas­­se geht. Am liebsten spielt er damit das Mehrspieler-Online-Strategiespiel „Clash of Clans“, und wenn er sich nicht an die Hausaufgaben erinnert, dann fragt er bei seinen Klassenkameraden über WhatsApp nach, was heute dran ist. Alle seine Freunde sind ebenfalls über Smartphone erreichbar. Wenn er ins Bett geht, liegt das Telefon neben ihm auf dem Nachttisch, er ist so gut wie immer „online“. Ausgeschaltet ist das Telefon nur während der Schulzeit, weil der Akku nicht mehr gut funktioniert. Wenn das Smartphone kaputt wäre? „Kein Problem. Ich würde zu Hause mehr mithelfen, damit ich mir schnell ein neues leisten könnte.“


Die smarte Revolution:

Paulinus Kestermann ist ein ganz normaler Zwölfjähriger. Was für ihn und seine Freunde Alltag ist, erfüllt viele Eltern mit Sorge. „Schon morgens checkt mein Sohn die WhatsApp-Nachrichten, die er nachts verpasst hat“, berichtet eine Mutter während einer Diskussionsrunde mit Bäuerinnen im Weserbergland. Eine andere glaubt: „Die Kinder verlieren völlig das Gefühl, wie viel Zeit sie vor dem kleinen Bildschirm verbringen.“ „Wenn mein Sohn daddelt, ist er kaum ansprechbar. Wie in einer anderen Welt“, betont eine Landfrau.


Das zeigt: Die Sorge über die Fokussierung ihrer Kinder auf das technische Spielzeug teilen viele Eltern. Für die Kinder und Jugendlichen hingegen ist der Umgang damit längst Alltag, völlig normal. Seit sich viele Eltern auch selbst ein Smartphone zugelegt haben, können sie die Faszination, die es auf ihre Kinder ausübt, besser verstehen. Auch sie selbst erliegen oft der Versuchung, auf dem Smartphone nach Belanglosigkeiten zu surfen.


Wann, wie oft, wie lange?

Das Smartphone hat die Kommunikation und die Alltagsgewohnheiten der Kinder und Jugendlichen stark verändert. Ihre Kinder von der Technik abschirmen – diesen Wunsch hegen moderne Eltern kaum. Sie fragen sich vielmehr: Wann ist der richtige Zeitpunkt, ein Smartphone anzuschaffen? Welche Grenzen in Bezug auf Dauer und Nutzung müssen wir setzen? Wie kann man Gefahren, die vom Smartphone ausgehen, reduzieren?


„Aber alle anderen haben schon eins!“ So argumentieren Kinder gerne, wenn sie ihre Eltern vom Kauf eines Smartphones überzeugen wollen. Und viele Eltern rüsten ihre Kinder tatsächlich zum Schulwechsel in der 5. Klasse mit einem Smartphone aus. „Wir haben unserem Sohn ein einfaches Smartphone gekauft. Wir wollen ihm in der neuen Schule keine Steine in den Weg legen“, betont eine Bäuerin. Auch Eltern, die bereits ältere Kinder haben, handhaben die Altersgrenze bei den jüngeren lockerer. In vielen Familien ist es aber üblich, dass die Kinder sich zwar ein intelligentes Telefon kaufen dürfen, aber das Geld dafür selbst ersparen müssen.


Eltern, die länger mit der Erlaubnis zum Smartphone-Kauf gezögert haben, sehen das inzwischen mitunter skeptisch. „Unser Sohn durfte erst nach der Konfirmation eins kaufen. Heute würde ich sagen: Damit haben wir ihm keinen Gefallen getan. Erst seit er das Telefon hat, ist er so richtig in der Klasse angekommen.“


Generation Smartphone?

Das zeigt: Ohne Smartphone geht es ab einem gewissen Alter nicht mehr. Medienpädagoge Moritz Becker hält 11 oder 12 Jahre für ein gutes „Einstiegsalter“, und das aus einem einfachen Grund: Es sei dann deutlich einfacher, Regeln und Grenzen für den Umgang mit dem Smartphone durchzusetzen (siehe Interview, S. 161). Dass man Regeln braucht, darüber sind sich auch die Eltern in der Diskussionsrunde einig. „Unser 11-Jähriger geht nur über unser hausinternes WLAN online, einen eigenen Vertrag hat er noch gar nicht“, erklärt eine Mutter, dass es in dem Alter oft noch entspannter zugeht.


Regeln, auch für ältere Kinder, gibt es in vielen Familien für die Mahlzeiten und während der Nachtruhe. „Wir wollen in Ruhe essen und uns dabei unterhalten. Da hat das Smartphone mal Pause“, betont eine Mutter. Nur der Betriebsleiter nimmt in dieser Zeit wichtige geschäftliche Telefonate an.


Wichtig ist vielen zudem, dass die Kinder abends ungestört schlafen können – und nicht bis spät in die Nacht Nachrichten schreiben. Manche greifen dafür zu drastischen Mitteln: „Wir können das Internet bei uns zu Hause abstellen – was wir jeden Abend um 22.00 Uhr auch tun“, berichtet eine Mutter. Wert legen viele Eltern zudem darauf, dass ihr Nachwuchs Ruhe für die Hausaufgaben hat. „Meine Tochter darf nicht bei jedem „Pling“ aufs Handy gucken“, erklärt eine Mutter. Andererseits findet sie es klasse, wie sich die Kinder über WhatsApp bei den Hausaufgaben gegenseitig schnell helfen können.


Die Ängste der Eltern:

Die Sorgen, die Eltern mit dem Smartphone verbinden, sind vielfältig. Viel Raum nimmt die Sorge ein, dass ihre Kinder sich angreifbar machen, wenn sie verfängliche Bilder von sich selbst oder anderen posten, und diese sie lange Zeit im Netz verfolgen. Das Bewusstsein, dass alle Daten lange gespeichert und genutzt werden können, fehlt bei den meisten Kindern völlig, bemängeln Eltern. Außerdem fürchten viele, dass den Kindern Gewalt- oder Pornobilder und -videos geschickt werden, die selbst Erwachsene verstören. „Das Telefon meiner Tochter ist mit einem Pin-Code gesichert, sodass ich schlimmstenfalls nicht mal etwas mitkriege“, sorgt sich eine Mutter. Sie hofft, dass das Vertrauensverhältnis gut genug ist und ihre Tochter auf sie zukommt, wenn sie etwas bedrückt.


Einigen Eltern fällt zudem auf, dass ihre Kinder zwar eine Menge Whats- App-Freunde haben, dass aber Treffen mit Gleichaltrigen seltener werden. „Und wenn, dann gucken sie oft zusammen auf das Smartphone.“


Zudem fragen sich manche, ob wichtige Fähigkeiten, wie etwa die Rechtschreibung oder das Lesen der Küchen­uhr, verloren gehen. „Wenn mein Sohn mir eine Nachricht zeigt, kann ich sie oft nicht entziffern. Trotz Autokorrektur ist die Schreibweise abenteuerlich.“ Zudem beobachten Eltern, dass ihre Kinder es unangenehm finden, ein Gespräch mit Fremden, z. B. im Bus oder im Café, anzufangen. „Wer immer und überall mit seinen Freunden vernetzt ist, versteht nicht, warum es auch anregend sein kann, sich mit Fremden zu unterhalten“, vermutet eine Mutter.


Doch das Smartphone wird nicht nur negativ gesehen: Es kommt dem Beschützerinstinkt der Eltern entgegen, dass ihre Kinder immer und überall erreichbar sind. „Ob auf Klassenfahrt oder nur länger auf dem Feld – eigentlich weiß ich fast immer, wo die Kinder sich gerade aufhalten und was dort los ist“, erläutert eine Mutter. Oft überraschen die Kinder ihre Eltern zudem damit, dass sie in vielen technischen Anwendungen ausgesprochen fit sind, oft fitter als sie selbst. „Unsere Tochter ist so findig darin, sich Informationen zu beschaffen, das ist beeindruckend“, erklärt die Mutter einer 16-Jährigen.


Die fortschreitende Digitalisierung aller Lebensbereiche ändert das Verhalten und die Kompetenz der Kinder erheblich. Die heute heranwachsende Generation (geboren zwischen 1995 und 2010) ist die erste, die sich ein Leben ohne Internet, ohne die dauernde Vernetzung und Präsenz der Freunde, kaum noch vorstellen kann.


Die heutigen Eltern dagegen sind oft noch mit drei Fernsehprogrammen und Testbild groß geworden. Das Internet ist für sie zum Lesen da. Die Realität ihrer Kinder ist eine andere: Laut JIM-Jugendstudie des Medienpädagogischen Forschungsverbunds Südwest ist es für 66 % normal, zwei Bildschirme gleichzeitig zu nutzen.


Erwiesen ist, dass die heutige schnelle und intensive Mediennutzung Prozesse im Gehirn verändert. Während das Spielen das räumliche Vorstellungsvermögen verbessert, die kognitive Flexibilität erhöht und die Auge-Hand-Koordination beschleunigt, sind höhere kog­nitive Prozesse, wie abstrakte Aus-drucksfähigkeit, Reflexionsvermögen, kritisches Denken, Genauigkeit und Geduld geschwächt. Zudem hat sich die Aufmerksamkeitsspanne vieler Kinder reduziert.


Andere Medien fördern:

Hier können Eltern ansetzen. Smartphone- und Medienkonsum ist erlaubt, aber auf die Dauer kommt es an. Und darauf, dass die Kinder zusätzlich mit traditionellen Medien wie Büchern und Zeitschriften vertraut sind und einen Zugang zum Lesen und Vorlesen bekommen. Beides fördert die Vorstellungskraft und die Fähigkeit, sich komplexere Inhalte zu erschließen. Eltern sind hier das beste Vorbild!


Die Bäuerinnen aus dem Weserbergland sind aus anderen Gründen gelassen: „Wir auf den Höfen haben es doch gut. Die Kinder von der Technik fernzuhalten ist hier leichter als in einer 3-Zimmer-Wohnung in der Stadt. Wir können auf dem Hof Aufgaben verteilen und so den Sinn für die reale Welt schärfen. Das ist ein großer Luxus.“

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