Einloggen / Registrieren

Startseite

Schlagzeilen
Newsletter
Messen & Termine
Themen
Wir für Euch
Heftarchiv
Sonstiges

Start der Ernte 2024 Agrarpaket der Bundesregierung Pauschalierung

Aus dem Heft

Streit ums Geld

Lesezeit: 12 Minuten

Als es bei uns finanziell noch gut lief, haben wir uns um die Ausgaben kaum gestritten. Aber seitdem das Geld auf dem Hof knapp geworden ist, bekommen mein Mann und ich uns wegen jeder Kleinigkeit in die Haare. Streit ums Geld damit befindet sich das süddeutsche Betriebsleiter- Ehepaar in bester Gesellschaft. Denn 80 % aller Konflikte zwischen Paaren gehen ums Geld. Gestritten wird zwar bei Leibe nicht nur bei knapper Kasse. Auch Paare mit höherem Einkommen sind finanziell gesehen genauso uneins wie Paare, die jede Mark umdrehen müssen. So fetzt sich nach einer Umfrage des forsa-Institutes gut jedes dritte Paar, weil einer vom anderen meint, er gebe Geld für die falschen Dinge aus. Aber wenn wirklich über einen längeren Zeitaum Ebbe auf dem Konto herrscht und es darum geht, ob die neue Handtasche für die Frau, die Jagdreise für den Mann oder die Markenschuhe für den Sohn wirklich nötig sind, dann kommt es automatisch häufiger zu Konflikten in der Familie. Oder, wie ein Sprichwort treffend ausdrückt: Ist kein Geld im Haus, fliegt die Liebe zum Fenster raus. Doch unabhängig davon, ob das Geld knapp ist auf dem Hof oder die Familie noch ein passables Auskommen hat: Finanzielle Angelegenheiten lassen sich nie nüchtern betrachten und bergen somit jede Menge Zündstoff in einer Beziehung. Der Umgang mit Geld ist immer auch mit Gefühlen verbunden, besonders wenn es um die persönlichen Ausgaben geht. Und das gilt auch in der Partnerschaft auf den Höfen. Das Wenigste ist für mich Aus meinem Portmonee bedient sich die ganze Familie, gibt eine Ende 40-jährige Bäuerin aus dem Rheinland zu bedenken. Mein Mann zahlt allenfalls den Friseurbesuch aus seiner Geldbörse, der Rest ist für ihn ganz privat. Doch ich muss am Ende des Jahres womöglich Rechenschaft ablegen über meine Ausgaben. Ich habe zwar viel Geld ausgegeben für andere, aber das wenigste für mich! Gerade die Familienfrauen auf den Höfen haben oft ein ungutes Gefühl: Sie geben in barer Münze am meisten aus, obwohl sie in barer Münze oft nicht oder nur wenig dazu beitragen, dass Geld herein kommt. Denn wer bewertet schon die Haus- und Familienarbeit? Wobei die grundsätzliche Einstellung zum Geldausgeben auch in bäuerlichen Partnerschaften so unterschiedlich ist, wie die Menschen eben sind. Da trifft man auf die Bäuerin, die von ihrem Mann 100 Euro Haushaltsgeld wöchentlich für vier Personen bekommt, aber auch auf den Mann, der seine Frau geradezu überreden muss, sich beim Einkaufsbummel nun doch mal den schicken Winterpulli zu gönnen. Da gibt es den Landwirt, der sich laut einer Beraterin letztendlich von seiner Frau getrennt hat, weil diese alle zwei Jahre sämtliche E-Geräte im Haushalt ausgetauscht hat und auch sonst einen verschwenderischen Lebensstil pflegte. Und da gibt es die Frau, die ihrem Mann vor versammelter Gesellschaft jedes Bier vorrechnet. Es geht um Macht in der Partnerschaft Krach ums Geld entpuppt sich jedoch bei näherem Hinsehen oft als Krach um die Rollenverteilung und damit um die Macht in der Partnerschaft. Früher war es einfacher: Da war es ganz selbstverständlich, dass eine Frau auf den Hof ging und sich entweder ein- oder unterordnete. Heute hingegen sieht es anders aus: Die Frauen sind zunehmend selbstbewusster geworden und wollen bei Entscheidungen mitreden: Einen Betriebszweig auf dem Hof eigenverantwortlich führen; sich durch Urlaub auf dem Bauernhof oder Partyservice ein eigenes Standbein aufbauen. Und da sie ansonsten über eine Berufsausbildung und damit über ein eigenes Einkommen verfügen, fällt es ihnen bei großen Ehekonflikten auch leichter als ihren Müttern damals zu gehen und ihr Glück woanders zu suchen. Ohne eigenes Geld fühle ich mich minderwertig Das heißt also, dass Paare heutzutage häufiger um Kompromisse ringen müssen. Eine offene Aussprache gehört dabei zu den schweren Übungen. Denn über Geld zu reden, kann etwas sehr Intimes sein. Es deckt Geheimnisse der beiden Partner auf und rührt an tiefsitzende Ängste etwa zu verarmen oder im Stich gelassen zu werden. Und an heimliche Sehnsüchte wie den Traum, frei und unabhängig zu sein. Wichtig bei allen Geldstreitigkeiten ist dabei, die Sicht des Partners zu verstehen. Geht es wirklich ums Geld oder um ein ganz anderes Problem, über das schon längst hätte gesprochen werden müssen? Mein Mann war immer sehr großzügig, aber als ich eine Fortbildung begonnen hatte, bekam ich auf einmal das Haushaltsgeld wöchentlich zugeteilt und durfte auch nicht mehr mein Auto auf dem Hof mit Diesel tanken. Später stellte sich dann im Gespräch heraus, dass ihr Mann Angst hatte, dass sie zu viel Stadtluft schnuppern könnte und ihr dadurch das bäuerliche Leben auf dem Hof nicht mehr reichen würde. Andere Männer kommen nicht damit klar, dass ihre Frauen womöglich erfolgreicher als sie selbst sein könnten oder aber, dass sie einen anderen Mann kennenlernen könnten. Sein Ärger über die zu hohe Telefonrechnung kann pure Eifersucht auf ihre beste Freundin sein. Sie wird an der Liebe ihres Mannes zweifeln, wenn er ihr keine Vollmacht über das Konto einräumen will. Ich habe meinem Mann irgendwann gesagt, dass ich mich einfach minderwertig fühle, solange ich kein wirklich eigenes Einkommen habe. Seitdem hat er verstanden, warum mir mein Job so wichtig ist, sagt eine Frau aus Süddeutschland. Und gibt weiter zu bedenken, dass bei den meisten Paaren derjenige, der mehr Geld verdient, auch mehr zu sagen hat als der, der nichts einbringt. Wenn wir in Geldangelegenheiten verschiedener Meinung sind, ist er mit dem Betrieb im Rücken in einer viel stärkeren Position als ich. Mir fehlt einfach der Rückhalt, der meiner Meinung mehr Gewicht verleihen würde. Wobei die grundsätzliche Einstellung zum Geldausgeben auch stark von den Erfahrungen im eigenen Elternhaus geprägt wird, machen unsere Gespräche deutlich. Mein Vater hat einen neuen Schlepper immer erst gekauft, wenn er ihn bar bezahlen konnte, erklärt eine hessische Bäuerin. Daher kriege ich eine Krise, wenn mein Mann sich das Geld von der Bank holt. Bei ihrem Mann hingegen gab es zuhause oft Streit ums Geld. Und daher schweigt er lieber, als sich mit seiner Frau darüber auseinanderzusetzen. Das Kindergeld soll nicht im Betrieb verschwinden Bei uns zu Hause wurde in allen Bereichen gespart, aber die zwei Wochen Urlaub waren meinem Vater immer hoch und heilig, erzählt eine Hoferbin. In der Familie ihres Mannes hingegen wurde nach ihrem Gefühl immer viel Geld für Kleidung und Essen ausgegeben, während Urlaub eher als Zeitverschwendung galt. Das hat schon einige Zeit gedauert, bis wir uns an diesen Punkten zusammengerauft hatten, berichtet das Paar heute. So viel zu den Gefühlen, die bei Geldangelegenheiten in der Partnerschaft immer eine Rolle spielen. Wie reibungslos der Umgang mit dem Geld funktioniert, ist aber auch abhängig von den Voraussetzungen, die dafür auf dem Hof geschaffen wurden. Und die sind natürlich abhängig von den verschiedenen Lebensmodellen der Paare. Da gibt es das klassische Modell: Die Frau heiratet auf den Hof und bringt sich mehr oder weniger als Unternehmerin mit in den Betrieb ein. In anderen Fällen geht sie ihrem erlernten Beruf nach, bis sich das erste Kind ankündigt. Hier werden zwei Höfe zusammengeschmissen. Dort wird der Betrieb von der Frau bewirtschaftet und der Mann ist außerhalb berufstätig. Und woanders bleibt die Frau bis zur Rente in ihrem angestammten Beruf. So vielfältig wie diese Lebensmodelle sind, so unterschiedlich sind die finanziellen Voraussetzungen und der Umgang mit den Konten. Wie wird heute der Zugriff aufs Geld in den Betrieben geregelt? Auf den meisten Höfen werden nach wie vor vom Betriebskonto die betrieblichen und privaten Ausgaben bestritten. Beide Partner bedienen sich dann von diesem Konto. Außerdem gibt es meist noch ein Konto in der Regel das der Frau auf das das Kindergeld, Zuwendungen der Eltern oder sonstige kleine Einnahmen fließen. Ich habe mein eigenes Konto behalten, sagt stellvertretend eine junge Bäuerin. Ich sehe nicht ein, dass mein Erziehungsgeld und das Kindergeld im Betrieb verschwinden. Immer häufiger existieren vor allem bei jungen Paaren aber auch zwei Konten: Ein Betriebs- und ein Haushaltskonto. Vom Betriebskonto wird dann jeden Monat eine Summe wie ein Gehalt für den privaten Bereich auf das Haushaltskonto überwiesen. Eine Einrichtung, die auch von Beratern begrüßt wird. Denn die Vorteile liegen auf der Hand: Eine bessere Transparenz in der Buchführung. Und da man nicht wie beim dicken Betriebskonto aus dem manchmal nur vermeintlich Vollen schöpft, diszipliniert man sich mit dem vorgegebenen Haushaltsgeld zu wirtschaften. Ein Haushaltskonto ist besser und übersichtlicher, findet eine Bäuerin aus Süddeutschland. Sie hat ihr eigenes Girokonto dafür eingerichtet. Das Kindergeld sowie ein fester Betrag vom Betriebskonto werden dorthin überwiesen. Und mit diesem Geld muss ich halt wirtschaften, was mir manchmal durchaus schwer fällt. Ist ein Partner berufstätig, werden entweder Versicherungen wie auch die Kosten des täglichen Lebens vom Betriebskonto bezahlt. Das Gehaltskonto finanziert die Extras wie den Familienurlaub, Geschenke oder Zuschüsse für die Anschaffungen der Kinder. Mein Gehaltskonto ist ganz allein meine Sache, erzählt eine Bäuerin. So brauche ich kein schlechges Gewissen zu haben, Geld für unnütze Dinge aus dem Betrieb zu ziehen. In anderen Familien wiederum werden vom großzügigeren Gehalt auch die Lebenshaltungskosten der kompletten Familie finanziert. Der Betrieb übernimmt dann Strom- und Wasserkosten, Versicherungen und die Einkommensteuer. Einzelne Privatkonten? Eher die Ausnahme ist auf den Höfen dagegen die konsequente Kontentrennung: Ein Betriebs- und ein Haushaltskonto sowie einzelne Privatkonten. Als wir den Betrieb übernommen haben, gab es nur ein Konto und viele Vollmachten, erinnert sich eine Bäuerin. Es war meine erste Amtshandlung, dass für jeden ein Privatkonto eingerichtet wurde, auf das ein fester monatlicher Beitrag vom Betrieb überwiesen wird. Da kann jeder mit seinem Geld planen, ohne Rechenschaft ablegen zu müssen. Stichwort eigenes Geld: Wie wichtig ist ein persönliches Konto? Ganz wichtig, sagt stellvertretend eine Bäuerin aus der Nähe von Rosenheim. Auch wenn ich frei über unser Betriebskonto verfügen kann. Eigenes Geld ist wichtig für Frauen, die sich und ihrer Familie damit mal etwas aus der Reihe gönnen möchten. Aber auch für vermeintlich unnütze Dinge wird das Geld ausgegeben, ohne das Betriebskonto zu strapazieren und damit ein schlechtes Gewissen zu haben: Für den teuren Pullover, den großzügig angelegten Gartenteich oder die Konzertkarte in der ersten Reihe. Manche Frauen nutzen dieses Konto als Sparkonto, um dann die Familie mit einem besonderen Urlaub oder neuen Gartenmöbeln zu überraschen. Aber auch, um in Notsituationen nicht mittellos dazustehen, brauchen einige Gesprächspartnerinnen dieses Guthaben. Ich muss immer so viel Geld auf meinem Konto haben, dass ich notfalls gehen kann, falls es mit unserer Ehe total bergab gehen sollte. Wenn es familiär läuft Eine Besonderheit auf den Höfen ist die enge Verzahnung des privaten und betrieblichen Bereichs. Jede unternehmerische Entscheidung wirkt sich auf den persönlichen Bereich aus und umgekehrt. Wenn es familiär gut läuft, läuft es auch bei den Finanzen, beobachtet eine norddeutsche Steuerberaterin. Will sagen: Dort, wo man sich gegenseitig vertraut und betrieblich wie privat in eine Richtung blickt, ist man sich auch bei den Finanzen eins. Gern wird denn auch von Beratern und Buchführern gesehen, dass die Frauen auf den Höfen die Buchführung übernehmen so wie es vielerorts üblich ist. Damit haben die Bäuerinnen dann automatisch Einblick in die finanziellen Abläufe, betrieblich wie auch privat. Wie wird dann in der Partnerschaft bei Investitionen entschieden? So viel vorweg: Auch bei den betrieblichen Investitionen entscheiden die meisten Frauen heute mit, wird uns berichtet. Allerdings auch abhängig davon, wie weit sie sich für den Betrieb engagieren. Bei Investitionen im Sauenstall rede ich mit. Aber welche Technik der neue Schlepper haben muss, kann ich nicht beurteilen, so eine Bäuerin aus Franken. Grundsätzlich gehen auf den Höfen betriebliche Investitionen vor privaten Anschaffungen. Wobei es auch immer eine Frage ist, aus welchem Topf das Geld stammt. Außerlandwirtschaftliche Einkommen der Bäuerinnen fließen in der Regel in den privaten Bereich. Tückische Schwankungen auf dem Betriebskonto Und bei Ebbe in der Kasse kann ohnehin nichts ausgegeben werden, geben unsere Gesprächspartner zu bedenken. Doch auch wenn man sich über gute Schweinepreise oder die Getreideernte auf dem Konto freuen kann, ist kritisches Haushalten mit dem Guthaben auf dem Betriebskonto geboten. Steuern muss man zahlen, wenn die Schweinepreise wieder unten sind, merkt ein norddeutscher Mäster zu den tückischen Schwankungen auf dem Betriebskonto an. Bei kleineren und mittleren Ausgaben sind dann in manchen Familien die Partner auch abwechselnd dran, ihre Wünsche zu erfüllen. Und manchmal gönnt man seinem Partner auch schlichtweg die Freude. Mein Mann ist sehr sparsam. Als er sich neulich einen Düngerstreuer kaufen wollte, obwohl der alte es eigentlich noch getan hat, habe ich ihm zugesprochen, so eine Bäuerin aus dem Westerwald. Ansonsten gilt auch bei den Finanzen, dass sich Geben und Nehmen in einer Partnerschaft im Gleichgewicht befinden sollten, fassen unsere Diskussionsteilnehmer aus Schleswig-Holstein zusammen. Es kommt nicht darauf an, wer wie viel Geld verdient. Es kommt auch darauf an, wer welche Aufgaben in Haushalt und Familie übernimmt und somit schließlich ebenfalls zum Erfolg beiträgt.

Die Redaktion empfiehlt

Wie zufrieden sind Sie mit topagrar.com?

Was können wir noch verbessern?

Weitere Informationen zur Verarbeitung Ihrer Daten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Vielen Dank für Ihr Feedback!

Wir arbeiten stetig daran, Ihre Erfahrung mit topagrar.com zu verbessern. Dazu ist Ihre Meinung für uns unverzichtbar.