Die Molkereien halten nichts von einem einseitigen Produktionsverzicht in Zeiten niedriger Milchpreise. Das nutzt nur anderen Milchexportregionen, die dann ihre Marktanteile ausbauen.
Ist neben dem EU-Sicherheitsnetz ein weiteres Krisenmanagement-Programm erforderlich?
Heuser: Die Unterschrift unter der neuen Agrarreform ist noch nicht trocken und schon wollen wir erneut reformieren? Wir sollten erst einmal schauen, wie es ohne Quote läuft.
Kann die vom BDM vorgeschlagene Monitoringstelle zeitnahe und verlässliche Marktprognosen liefern?
Heuser: Die Gefahr von Fehleinschätzungen ist immer groß. Wer Märkte exakt voraussagen kann, sollte im Zirkus auftreten oder an den Warenterminbörsen spekulieren. Daten zu sammeln, ist in Brüssel besonders schwierig, weil 28 Länder zeitnah liefern müssen. Wer sich die Meldungen der EU-Marktbeobachtungsstelle anschaut, findet viele „Mondscheinpreise“.
Die Märkte sind weltweit vernetzt und die Produktion ist kurzfristig kaum zu steuern. Lässt sich das Auf und Ab der Milchpreise wirksam dämpfen?
Heuser: Tatsächlich führt die Globalisierung zu mehr Volatilität. Die beinhaltet aber fallende und steigende Preise. Wichtig ist, dass der Milchpreis im mittel- und langfristigen Durchschnitt stimmt. Die Milcherzeuger werden auch in Zukunft auf Preisschwankungen reagieren. Die einen stocken auf, andere übergeben den Hof.
Wie entwickelt sich unser Milchpreis, wenn die EU einseitig das Angebot zurückfährt?
Heuser: Andere Exportregionen warten nur darauf, dass sich die EU einschränkt. Nehmen Sie die USA. Die hat sich zum Beispiel in den letzten 10 Jahren zum bedeutenden Milchexporteur entwickelt, während die Deutschen brav ihre Superabgaben gezahlt haben. Wollen wir das fortsetzen?
Wie stark müsste man das heimische Angebot reduzieren, um spürbare Preiseffekte zu erzielen? Reichen die vorgeschlagenen 1 bis 3 %?
Heuser: Wenn die USA, Neuseeland und andere wichtige Milcherzeugungsregionen mitmachen, dann ist eine Reduzierung von 1 bis 3% im Durchschnitt schon viel. Aber nur dann.
Nach den Vorstellungen des BDM sollen die Molkereien die sog. Marktverantwortungs-Abgabe zur Finanzierung des Milchmarktkrisenmanagements einbehalten und auch die Ausgleichszahlungen für die reduzierte Anlieferung auszahlen. Sind Sie dazu bereit?
Heuser: Nein. Die privaten und genossenschaftlichen Molkereien spielen nicht den Handlanger für die Miniquote. Erstens glaube ich nicht, dass das EU-rechtskompatibel ist und zweitens wird es nicht funktionieren. Das hat die Wissenschaft deutlich aufgezeigt.
Welche Ansätze verfolgen die Molkereien, um das Auf und Ab der Erzeugerpreise in Zukunft zu dämpfen?
Heuser: Strategisch können Sie die Risiken auf viele Märkte verteilen oder sich auf wenige Produkte konzentrieren, die dann Kostenvorteile bei der Herstellung haben. Klar ist aber: Wenn die Wechselkurse von Euro und Dollar um bis zu 20 % schwanken, hat das Auswirkungen auf alle Preise. Daran können die Molkereien wenig ändern.
In den USA spielt die Preisabsicherung über die Börse eine größere Rolle als bei uns. Werden sich auch die deutschen Molkereien in Zukunft stärker an den Warenterminmärkten engagieren?
Heuser: Ja, Molkereien, aber auch Milcherzeuger, sollten sich hier mehr engagieren. Die Instrumente sind da und können genutzt werden. Warenterminmärkte sind aber keine automatische Einkommenssicherung und führen nicht von sich aus zu einem höheren Preis. Es gibt auch hier Gewinner und Verlierer. Die beste Absicherung eines vernünftigen Milchpreises ist immer noch eine gute Molkerei.
Amerikanische Milcherzeuger können alternativ auch eine bestimmte Gewinnspanne versichern. Die Versicherungsprämien werden staatlich bezuschusst. Ist das ein Modell für uns?
Heuser: Wir sollten die ersten Erfahrungen abwarten. Der Ansatz der Amerikaner ist aber interessant: Schaut nicht auf Pulver- und Butterpreise, schaut auf die Margen der Milcherzeuger. Wenn wir ein solches System in der EU einführen wollten, ginge das wohl zulasten der beliebten Flächenprämien. Ist das im Interesse der Landwirte?
Was kommt noch aus Brüssel?
Heuser: Nicht viel. Die Gelder sind über die Prämien verteilt und neue Töpfe wird es wohl nicht geben. Wir müssen uns vor allem selber helfen.-sp-
Wie das Konzept des BDM im Detail aussieht und was die Wissenschaft davon hält, lesen Sie auf Seite 52.