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Bauern als Energieversorger

Lesezeit: 5 Minuten

E xplodierende Öl- und Gaspreise, erschreckend hohe Stromrechnungen: Die Meldungen über immer neue Rekordhöhen bei den Energiekosten regen die Suche nach Alternativen an. Daher kommen jetzt heimische Rohstoffe aus der Landwirtschaft zur Erzeugung von Strom, Wärme und Treibstoffen ins Spiel nicht nur zur Versorgung des einzelnen Betriebes, sondern auch für ganze Regionen. Das bedeutet: Über Nahwärmenetze werden Wohnsiedlungen, öffentliche Gebäude wie Schwimmbäder, Schulzentren, Verwaltungen oder Mehrzweckhallen beheizt. Als Energieträger kommen nachwachsende Rohstoffe und Reststoffe in Frage, die vor Ort anfallen. Das wichtigste Produkt ist dabei die Wärme, um damit fossile Energieträger zu ersetzen. Aber auch die Stromproduktion über die Kraft-Wärme-Kopplung ist interessant, um mit den Einspeisetarifen Einnahmen zu erzielen. Von dieser Entwicklung profitieren nicht nur die Landwirte, sondern auch Kommunen und Wärmekunden (siehe Kasten). Ohne Bauern geht es nicht! Zur Energieerzeugung kommen reine Heizwerke oder aber Blockheizkraftwerke (BHKW) für die gleichzeitige Strom- und Wärmeerzeugung in Frage. In jeder Kommune stehen dafür Abfälle zur Verfügung: Restholz oder Landschaftspflegegrün können über Vergasung oder Verbrennung zur Strom- und Wärmeversorgung eingesetzt werden. Organische Abfälle wie z. B. Speisereste dagegen lassen sich in einer Biogasanlage vergären . Auch Klär- und Deponiegase sind oft ungenutzte Energiequellen, aus denen sich mit Blockheizkraftwerken Strom- und Wärme erzeugen lassen, meint Rosa Hemmers von den Stadtwerken Aachen und Vorsitzende der deutschen Sektion der Organisation Eurosolar aus der Praxis. Eine Umfrage des Verbandes kommunaler Unternehmen (VKU) zeigt, dass 54 % der kommunalen Energieversorger bereits heute erneuerbare Energien in Form von Wasserkraft, Windenergie, Deponie- und Klärgas sowie Biomasse und Solarenergie nutzen. 25 % der befragten Unternehmen planen weitere Anlagen, in der Hauptsache (81 %) Anlagen zur Biomassenutzung. Dieser Trend könnte sich laut VKU in den nächsten Jahren verstärken. Dabei kommen die Kommunen nicht an den Landwirten vorbei. Denn kommunale Abfälle decken oft nur einen Teilbereich des benötigten Energiebedarfs ab. Rohstoffe aus der Land- und Forstwirtschaft machen dagegen den Hauptteil aus, wie schon heute erfolgreiche Beispiele aus der Praxis zeigen. Viele Kommunen sind bereits eingestiegen ? Holz wird bereits in mehreren hundert regionalen Heizwerken in Deutschland direkt verbrannt. ? Holz kann aber auch zur Stromerzeugung mit Wärmeauskopplung genutzt werden, indem über Verbrennung Wasser oder bei dem so genannten Organic-Ranking- Cycle (ORC)-Prozess ein Thermoöl erhitzt wird. Über Wasserdampf oder das heiße Thermoöl wird dann eine Turbine mit Generator angetrieben. Seit 2004 läuft z. B. im bayerischen Sauerlach eine ORC-Anlage auf Basis von Hackschnitzeln mit einer Leistung von 480 kW (elektrisch), die ein Nahwärmenetz versorgt und gleichzeitig 2 000 MWh Strom erzeugt. ? Oder aber das Holz wird vergast und dieses Gas in einem BHKW zur Strom- und Wärmeerzeugung verbrannt. Seit zwei Jahren läuft im österreichischen Güssing eine Pilotanlage mit 2 MW elektrisch, die an ein Nahwärmenetz angeschlossen ist (siehe nachfolgende Reportage). ? In waldärmeren Regionen kann auch Stroh in Heizwerken verbrannt werden. Als Beispiele sind hier die Ganzballen-Anlagen in Schkölen und Jena (Thüringen) zu nennen. ? Strom und Wärme lassen sich ebenfalls mit Rapsöl herstellen. Ein 60 kW-BHKW versorgt als Beispiel in Greußenheim (bei Würzburg) 33 Haushalte mit Wärme, während der Strom eingespeist wird. In Oberhaching (Bayern) dient ein 1 200 kW-Rapsölkessel dagegen als Spitzenlast-reserve für ein Hackschnitzelheizwerk, das über ein Nahwärmenetz öffentliche Gebäude und Privatkunden versorgt. ? Rapsöl kann aber auch als Treibstoff für PKW dienen. In der Region Aachen liefern z. B. Landwirte im Projekt Regioöl Raps, der vor Ort zu Öl verarbeitet wird und mehrere hundert umgerüstete Fahrzeuge über regionale Tankstellen versorgt. Weiterverarbeitet lässt es sich auch als Raps-Methyl-Ester (Biodiesel) als Treibstoff verwenden. Die österreichischen Gemeinden Güssing und Mureck haben z.B. über die RME-Produktion den Einstieg in die Bioenergie geschafft. ? Mais, Getreide oder Gras können in Biogasanlagen vergoren werden. Das erzeugte Biogas lässt sich auch über BHKW zur Strom- und Wärmeproduktion nutzen. Möglich ist aber auch der Einsatz als Treibstoff in gasangetriebenen Fahrzeugen. Ein Beispiel für die regionale Wärmeversorgung über Biogas ist das bayerische Appenfelden, bei dem eine 220 kW-Anlage drei Einfamilienhäuser versorgt. ? Getreide und Mais lassen sich zu Bio-ethanol verarbeiten, das ebenfalls als Fahrzeugtreibstoff genutzt werden kann. Welche Erfahrungen gibt es mit Planung und Betrieb größerer Bioenergieanlagen? Hierzu gibt es detaillierte Untersuchungen des Centralen Agrar-Rohstoff Marketing- und Entwicklungs-Netzwerkes (C.A.R.M.E.N.) aus Bayern. Über 110 Bio-masseheizwerke, 8 Biomasse-Heizkraftwerke, 6 Pflanzenöl-BHKW, 4 Biogasanlagen und über 3 000 Kleinfeuerungsanlagen gehören zu den von C.A.R.M.E.N. geförderten Projekten. Vor Ort zählen umweltpolitische Gründe, vorhandene Fördermittel, Nachahmung erfolgreicher Projekte, Wirtschaftlichkeit und der Brennstoffanfall zu den Entscheidungskriterien für ein Nahwärmenetz, führt Sebastian Kilburg von C.A.R.M.E.N. an. Als Herstellungskosten für Wärme nennt er für Waldhackgut 16 E je MWh, für Strohballen 12 E, für Industrierestholz 9 E und für Landschaftspflegematerial unter 8 E je MWh an. Speziell angebaute Kurz-umtriebsplantagen sind dagegen erheblich teurer, könnten sich aber bei einem weiteren Preisanstieg der fossilen Brennstoffe auch rechnen, erwartet er. Fazit Mit der Nutzung von Bioenergie profitieren in der Region Landwirte von der Verwertung der Roh- und Reststoffe wie z. B. Holz, Rapsöl, Getreide, Mais, Gras oder Stroh. Die Gemeinden und Privatleute dagegen können günstige Wärme über Nahwärmenetze nutzen. Hinrich Neuman

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