Große Gas- und Ölpipelines, über 4 000 km neue Stromleitungen bis 2020: Auf die Bauern, durch deren Flächen die Trassen geplant werden, kommt einiges zu. Größtes Ärgernis sind die niedrigen Entschädigungen. Denn bisher wird die Entschädigung vom Verkehrswert der vom Leitungsbau betroffenen Flächen abgeleitet. Sie beträgt einmalig 10 bis 20 % des Verkehrswerts, bezogen auf einen meist 8 bis 10 m breiten Schutzstreifen.
Derart niedrige Entschädigungssätze sind nicht mehr akzeptabel und spiegeln nicht die erhebliche Wertminderung der betroffenen Flächen wider, betonten Experten kürzlich bei einem DBV-Fachforum in Berlin. Prof. Dr. Bernd Holznagel von der Universität Münster hält die derzeitige Entschädigungspraxis sogar für verfassungsrechtlich bedenklich. Neben einer deutlichen Erhöhung der einmaligen Verkehrswertentschädigung seien für die Zukunft auch Modelle denkbar, bei denen die betroffenen Bauern durch jährliche Zahlungen angemessen an künftigen Wertsteigerungen oder auch am Gewinn der Netzbetreiber beteiligt werden (siehe hierzu auch: „Milliarden für Konzerne, Peanuts für Bauern“, top agrar 3/2010, Seite 34).
Auch die ackerbaulichen Folgeschäden, die durch Energietrassen entstünden, würden in den bisherigen Entschädigungssätzen nicht ausreichend berücksichtigt, erklärte Dr. Volker Wolfram, öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger aus Guxhagen. Diese seien über mindestens 10 bis 15 Jahre nachweisbar. Im Schnitt würden die betrof-fenen Betriebe hier um 20 bis 100 % zu niedrig entschädigt.
Die Behauptung, höhere Entschädigungen für die Bauern würden die Energiepreise für die Verbraucher deutlich in die Höhe treiben, wies der Experte laut Agra Europe zurück. Nach seinen Angaben belaufen sich die Entschädigungssummen für die Landwirtschaft auf nicht mehr als 0,2 bis 0,5 % der Investitionssumme beim Bau von Energieleitungen. „Wer angesichts dieses geringen Anteils vor höheren Strompreisen warnt, argumentiert nicht redlich“, so Wolfram.