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Bauland auf eigene Faust entwickeln?

Lesezeit: 8 Minuten

So manch ein Landwirt hat baulandfähige Flächen. Es ist dann ärgerlich, wenn die Gemeinde mit der Ausweisung auf sich warten lässt. Was Sie tun können, erklären Rechtsanwälte Josef Deuringer, Augsburg und Frank Sommer, München.


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Landwirt Oliver Reimer (Name geändert) bewirtschaftet einen Schweinemastbetrieb im Außenbereich, in direkter Nähe zu einer größeren Stadt. Sein Sohn Henrik, 22 Jahre und ebenfalls Landwirt, wird demnächst in den Betrieb einsteigen. Reimer möchte deshalb in den nächsten Jahren einen neuen Maststall bauen und landwirtschaftliche Fläche zukaufen. Um diese Investitionen zu erleichtern, spekuliert der Landwirt schon seit Längerem auf die Baulandausweisung einer 1,4 ha großen Ackerfläche, die direkt an ein Wohngebiet angrenzt. Dann könnte er die Fläche gewinnbringend veräußern und das Geld in seinen Betrieb investieren. Leider lässt sich die Kommune mit der Ausweisung viel mehr Zeit, als dem Landwirt lieb ist.


Wie Oliver Reimer warten auch andere Landwirte vergeblich darauf, dass ihre Fläche als Bauland ausgewiesen wird. Oftmals scheuen jedoch die Kommunen – denen die Planungshoheit für die Baulandentwicklung obliegt – den Aufwand und die Kosten für die Ausweisung neuer Baugebiete. In solchen Fällen kann es sinnvoll sein, dass der Landwirt auf die Gemeinde oder die Stadt zugeht und sich gegebenenfalls sogar selbst bei der Baulandentwicklung einbringt bzw. einen Investor dafür einschaltet. Dies erfolgt meist im Rahmen von städtebaulichen Verträgen zwischen Kommune und dem Grundeigentümer bzw. Investor. Für den Landwirt ist dies mitunter die einzige Chance, ein Baugebiet und damit entsprechende Gewinne in absehbarer Zeit zu realisieren.


Auf der anderen Seite erfordert ein derartiges Vorgehen ein hohes Engagement und birgt erhebliche, insbesondere auch steuerliche Risiken.


Machbarkeit prüfen.

Bevor Oliver Reimer mit seinem konkreten Wunsch auf die Kommune zugeht, sollte er abklären, ob das Grundstück überhaupt als Baugebiet geeignet ist und ob eine wirtschaftliche Umsetzung möglich ist. Der Landwirt kann dafür mitunter einen Architekten bzw. Städteplaner hinzuziehen, der auch die regionalen Gegebenheiten gut kennt. Dabei sollten vor allem folgende Aspekte unter die Lupe genommen werden:


Machbarkeit: Das geplante Baugebiet muss praktisch realisierbar sein. Dafür muss es sich in die Siedlungsstruktur einfügen bzw. an die vorhandene Bebauung homogen anschließen. Keine Chance auf Verwirklichung besteht, wenn Baugrundstücke von der vorhandenen Siedlung entfernt sind und wie ein isolierter Fremdkörper wirken würden. Ebenfalls nicht realisierbar ist ein Baugebiet, wenn es in einem landschaftlich besonders geschützen Bereich liegt oder z. B. in einem festgesetzten Überschwemmungsgebiet.


Kosten: Grundsätzlich lässt sich fast jedes Grundstück bebauen. Explodieren jedoch die technischen Kosten der Baulanderschließung, erweist sich die Realisierung des Baugebietes u. U. als unwirtschaftlich. Das kann z. B. der Fall sein, wenn weite Zufahrten zu den nächsten Erschließungsstraßen geschaffen werden müssen oder in hohem Maße in die Abwasserentsorgung investiert werden muss, weil die Dimensionierung des Kanalsystems für das neue Baugebiet zu gering ist. Gleiches gilt, wenn Lärmschutzwälle entlang von Straßen oder Bahnstrecken errichtet werden müssen.


Bauformen: Klären Sie, welche Bauformen möglich sein werden. Denn prinzipiell ist der Wert eines Baugrundstückes umso höher, je dichter und massiver die zulässige Bebauung sein darf. Bei den Bauformen kommt es aber sehr auf die örtliche Situation im Einzelfall an. So sind eben im Anschluss an eine kleinstrukturierte Ortsbebauung mit meist einstöckigen Gebäuden kaum mehrstöckige Wohnhäuser zulässig.


Nachbarn: Rückt das geplante Wohngebiet an einen bestehenden landwirtschaftlichen Betrieb mit Tierhaltung oder auch an ein Industrie- oder Gewerbegebiet heran, werden sich die betroffenen Unternehmer u. U. gegen das geplante Baugebiet zur Wehr setzen. Sie müssen ansonsten mit erheblichen Auflagen für Lärm- und Geruchsimmissionen und mit ständigen Beschwerden der neuen Nachbarschaft rechnen.


Nachfrage: Entscheidend ist, dass in der örtlichen Umgebung eine Nachfrage nach Bauland besteht und der Baulandpreis hoch genug ist. Gerade im Bereich von Ballungsräumen ist die Nachfrage nach Wohnbauland zurzeit sehr hoch. Wenn man aber z.B. feststellt, dass in den Nachbargemeinden größere Baugebiete leerstehen, ist Vorsicht angebracht.


Interesse wecken:

Kommt Reimer zu dem Ergebnis, dass die Baulandausweisung technisch und wirtschaftlich möglich ist, sollte er als Nächstes auf die Gemeinde zugehen. Er sollte Gespräche mit Ratsmitgliedern, dem Bürgermeister und den zuständigen Mitarbeitern führen. Es kommt darauf an, das Inte-resse der Gemeinde zu gewinnen. Außerdem sollte er ein Grobkonzept für das zukünftige Baugebiet entwerfen, um dies der Verwaltung beziehungsweise dem Bürgermeister vorlegen zu können.


Dabei sollte Reimer gegenüber der Kommune deutlich machen, dass er oder ein Investor wesentliche Kosten für die Aufstellung des Bebauungsplanes übernimmt. Die Kommune sollte ihrerseits schon einmal darlegen, ob sie das Baugebiet grundsätzlich für machbar hält und skizzieren, wie sie sich die Verteilung von Aufgaben und Kosten der Baugebietsentwicklung vorstellt.


Sind Landwirt und Kommune sich grundsätzlich einig, wird der Landwirt sich schon an dieser Stelle durch entsprechende vertragliche Regelungen verpflichten müssen, die wesentlichen Kosten für die Baugebietsausweisung zu übernehmen. Dann ist die Gemeinde der Erfahrung nach am ehesten bereit, einen Aufstellungsbeschluss für einen Bebauungsplan zu fassen. Ein solcher Beschluss ist dann für die Stadt bzw. für die Gemeinde zunächst einmal in keiner Weise belastend. Er ist aber in der Regel der Startschuss für die konkreten Planungen und Verhandlungen zur Ausweisung des neuen Baugebietes.


Generell sind dabei unterschiedlich weit gehende vertragliche Regelungen zwischen Kommune und Grundeigentümer bzw. Investor möglich. Diese können auch aufeinander aufbauen. Im Prinzip lassen sich fünf verschiedene Vertragsmodelle unterscheiden:


  • die Vorbereitung und Durchführung der Bauleitplanung,
  • die gesonderte Bereitstellung von Grundstücken für Einheimische und/oder für sozial Benachteiligte,
  • die Übernahme von Folgekosten z. B. für Kindergärten und Schulen,
  • die Übernahme und Durchführung von Erschließungsmaßnahmen sowie
  • die Grundstücksneuordnung.


Was hinter den einzelnen Vertragstypen steht, lesen Sie im nebenstehenden Kasten. Die städtebaulichen Verträge dienen der Entlastung der Kommune und führen meist zu einer erheblichen Beschleunigung der Baulandgebietsentwicklung. Dabei sind innerhalb eines vorgegebenen rechtlichen Rahmens ganz unterschiedliche Verteilungen der Aufgaben und Kosten möglich.


Wie entscheiden?

Für Reimer geht es an dieser Stelle also darum, ob und inwieweit er sich – über die Übernahme der Planungskosten hinaus – in die verschiedenen Maßnahmen der Baulandentwicklung einbringt.


Denkbar ist, dass Reimer keine weiteren Verträge abschließt. Er könnte seine Fläche schon zu einem sehr frühen Zeitpunkt – nach dem Aufstellungsbeschluss – gewinnbringend an einen Investor oder gegebenenfalls an die Kommune veräußern. Seine Fläche hätte ja schon allein durch einen Aufstellungsbeschluss eine erhebliche Wertsteigerung erfahren (Rohbauland). Vorteil: Er bräuchte sich nicht weiter in die Planungen einbringen und hätte kein weiteres Kostenrisiko zu tragen.


Alternativ könnte Reimer sich aber auch über entsprechende städtebaulichen Verträge in die weitere Entwicklung des Baugebietes einbringen. Er muss sich dann mit der Kommune darüber einig werden, wer in welchem Umfang die mit der Baulandentwicklung verbundenen Planungsmaßnahmen übernimmt, ob und in welchem Umfang sich die Kommune in das zu entwickelnde Bauland einkauft, welche Folgekosten für die Infrastruktureinrichtungen zu übernehmen sind und von wem die Erschließung durchzuführen ist. Bringt der Landwirt sich hier in hohem Maße ein, kann er entsprechend Einfluss nehmen und die Planungen vorantreiben. Zudem erhöht sich der mögliche Vermarktungswert. Mehr vertragliche Verpflichtungen bedeuten aber auch ein höheres finanzielles Risiko. Insbesondere die steuerlichen Folgen (Stichwort Gewerblichkeit) werden von Landwirten vielfach unterschätzt.


Deshalb sollte Reimer spätestens bei den konkreten Vertragsverhandlungen sowohl Steuerberater als auch Rechtsanwalt hinzuziehen, um keine Fehler zu machen und um ggf. der Kommune ihre Grenzen aufzuzeigen. Außerdem sollte er einen erfahrenen Architekten bzw. Städteplaner einschalten, der dann im engen Kontakt mit der Kommune die wechselseitigen Interessen der Vertragspartner berücksichtigen kann.


Vorsicht geboten:

Auch zulässige Vertragsinhalte können zu einer beachtlichen Belastung des Grundstückseigentümers führen. Zwingend notwendig sind deshalb die rechtzeitige Hinzuziehung fachlichen Rates, viel Zeit, ein erheblicher Kapitaleinsatz und eine hohe Risikobereitschaft. Je mehr ein Landwirt tatkräftig an Planung und Erschließung mitwirkt und je später er die Fläche verkauft, desto größer können die steuerlichen Nachteile sein, etwa wenn das Finanzamt von einem gewerblichen Grundstückshandel ausgeht. Dann kann der erwartete Gewinn schnell wieder dahin sein. Einzelheiten dazu lesen Sie in einer nachfolgenden Ausgabe von top agrar.

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