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„Bayern ist meine Heimat“

Lesezeit: 4 Minuten

Für viele ist Thomas Hitzlsperger nur der Fußball­profi, der sich geoutet hat. Es gibt aber mehr über ihn zu erzählen. Zum Beispiel: Fast wäre er Landwirt geworden.


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Thomas Hitzlsperger ruft wie vereinbart punkt elf Uhr in der Redaktion an. Leider hat der Ex-Nationalspieler und Bundesligaprofi nur Zeit für ein Telefongespräch. Ein Treffen ließ sich auf die Schnelle nicht organisieren. Bis zum Jahresende ist er ausgebucht. Schade, denn ich will möglichst viel Unbekanntes über den Menschen erfahren, über den bereits so viel geschrieben wurde. Ob das am Telefon gelingt?


Hitzlsperger macht es einem immerhin leicht. Er spricht fast druckreif, beantwortet geduldig alle Fragen und schweift nicht ab. Oft braucht er nur einen Satz, wo andere Romane erzählen würden. „Darüber wurde bereits alles geschrieben“, ist so ein Beispiel. Das sagt er, als ich ihn auf sein Outing anspreche. Für ihn ist das eine Nebensache, darüber muss er nicht mehr reden.


Bodenständig und bescheiden:

So wirkt er auf mich. Er verliert nicht einmal ein Wort über seine Erfolge, auf die er stolz sein könnte. Stattdessen erzählt er zum Beispiel viel lieber über seine Kindheit. Die erlebte der heute 33-Jährige auf einem Milchviehbetrieb im bayerischen Forstinning, 30 Autominuten von München entfernt. Er ist der Jüngste von sieben Geschwistern und musste schon früh auf dem Hof mit anpacken. Offensichtlich hatte er dafür ein Händchen. Sein Vater hätte sich gut vorstellen können, dass „sein Thomas“ einmal in seine Fußstapfen tritt. Aber schnell wurde auch deutlich: als Fuß-baller würde er sehr erfolgreich sein.


Geerbt hat er das Fußballer-Gen von seinem Vater. Der kickte selbst im Dorfverein. Thomas ist hingegen so gut, dass er es mit sieben in die Jugendabteilung des FC Bayern München schafft. Schnell geht es weiter bergauf: Mit 18 führt ihn sein Weg in die englische Liga und von dort zum VfB Stuttgart. Mit den Schwaben wird er 2007 deutscher Meis­ter. Für die Nationalmannschaft steht er 52-mal auf dem Platz und erreicht in der WM 2006 Platz drei. Dann geht es bergab: Er ist häufiger verletzt, muss öfter mal die Mannschaft wechseln. Mit 31 steigt er freiwillig aus dem Profi-geschäft aus.


„Ich habe dennoch nichts bereut. Ich war gerne Fußballprofi“, sagt er rückblickend. Ohne danach zu fragen, spricht er auch die Schattenseiten seiner Karriere an. Er fühlte sich im Leistungssport oft wie in einer Parallelwelt: In seiner Jugend lernte er, wie wichtig der Zusammenhalt der Familie auf einem Hof ist. Im Fußballgeschäft kämpfe hingegen jeder nur für sich. Was ihm all die Jahre geholfen hat, mit dem Druck fertig zu werden, ist das Versprechen seiner Eltern: „Wenn es mit dem Profisport nicht klappt, kannst Du jederzeit zu uns zurückkommen“, sagen sie ihm.


Dabei fordert die Karriere seinen Eltern und Geschwistern auch einiges ab. Sein Vater habe ihn zum Beispiel dreimal in der Woche nach München zu den Trainings und Spielen fahren müssen. Die Zeit fehlte dem Landwirt dann auf dem Hof. Dafür sprangen aber Thomas Geschwister und seine Mutter ein.


Auch heute noch ist der Familienzusammenhalt groß: Deshalb fährt er so oft wie irgendwie möglich zu seinen Eltern. Auf dem Betrieb hat sich allerdings einiges verändert: Das Auf und Ab am Milchmarkt hat Spuren hinterlassen. Aus 60 Kühen wurden 20. Aus dem Haupterwerb ein Nebenerwerb. Hitzlsperger redet minutenlang über die niedrigen Milchpreise und das schi-zophrene Kaufverhalten der Verbraucher. Sein Bruder, der den Hof übernommen hat, spricht immer wieder mit ihm über die unsichere Zukunft des Betriebes. Das alles geht ihm sehr nahe.


Zuhause ankommen:

Auch Hitzlsperger macht sich derzeit Gedanken um seine Zukunft. Ob er überhaupt noch arbeiten müsse, frage ich ihn. Wieder antwortet er nur mit einem Satz: „Arbeit ist mehr als nur Geld verdienen.“ Journalismus und Moderation interessieren ihn. Erst Anfang des Jahres hat er als Praktikant beim Magazin „Elf Freunde“ mitgearbeitet und mittlerweile kommentiert er für den Bayerischen Rundfunk die Spiele der Bundesliga. Ob er denn nicht Trainer werden wolle? Nein, dann müsse man zu oft den Wohnort wechseln. Er will zwar noch viel reisen, aber nun erst einmal vor allem eines: ankommen in seiner Heimat.


Nach einer Stunde legt Hitzlsperger den Hörer auf. Für mich steht fest: Ihn auf sein Outing oder auf den Fußballer zu reduzieren, wäre falsch. Er hat mehr zu erzählen. Viel mehr. Diethard Rolink

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