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Berufsunfähig: So beantragen Sie die Rente!

Lesezeit: 8 Minuten

Wenn die Gesundheit schlapp macht, hilft Ihnen womöglich die private Berufsunfähigkeits-Versicherung. Aber wann genau greift die Versicherung und wie beantragen Sie die Leistungen?


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Ob Schlaganfall oder Unfall, Arthrose oder Tierhaar­allergie. Die Leiden, die Landwirte in die Knie zwingen, sind ganz verschieden.


Viele Landwirte haben für solche Fälle eine private Berufsunfähigkeits- Versicherung (BUV) abgeschlossen. Um BU-Rente zu bekommen, müssen sie jedoch nachweisen, dass sie berufsunfähig sind. Dafür reicht weder eine langan­haltende Krankschreibung noch ein Schwerbehindertenausweis.


Denn egal wie krank Sie sind: Die Versicherung prüft individuell, ob eine Berufsunfähigkeit vorliegt. Dafür müssen Sie der Versicherung im Antrag umfangreiche Informationen über Gesundheitszustand und Berufstätigkeit liefern. Das ist alles andere als einfach. Viele Versicherte scheitern schon daran, einen vollständigen Antrag einzureichen. Andere wissen nicht, wann überhaupt eine Berufsunfähigkeit vorliegen könnte. Wir erklären Ihnen deshalb das kleine 1x1 der BU-Versicherung und zeigen worauf es ankommt, wenn Sie BU-Rente beantragen müssen.


Antrag ernst nehmen!

Wer das Antragsformular der BU-Versicherung in den Händen hält, hat schnell den Eindruck, er könne sich kurz halten bei der Beantwortung der Fragen. Das ist jedoch falsch! Die Versicherung benötigt umfassende Informationen.


Zu Beginn des Antrags stehen Angaben zur Person, zum beruflichen Werdegang und zur Familiensituation.


Anschließend müssen Sie alle Ihre ­gesundheitlichen Beeinträchtigungen beschreiben, ggf. vorhandene Arztberichte hinzufügen und eine Auflistung der behandelnden Ärzte und Kliniken erstellen. Außerdem fordert die Ver­sicherung eine Schweigepflichtsent­bindung für alle Ärzte, Kliniken und Krankenkassen, um dort Informationen zu Ihrem Gesundheitszustand einholen zu können. Geben Sie am besten eine umfassende Schweigepflichtsentbindung, um eine reibungslose Bearbeitung zu ermöglichen.


Ist das erledigt, kommen Sie zum eigentlichen Kern des Antrags. Das ist die persönliche Beschreibung


  • Ihrer zuletzt ausgeübten beruflichen Tätigkeit und
  • der Auswirkungen Ihrer gesundheitlichen Beeinträchtigungen auf die berufliche Tätigkeit.


Dieser Teil des Antrags erfordert Know-how und kostet viel Zeit.


Persönlicher Arbeitsalltag zählt.

Um Ihre berufliche Tätigkeit zu beschreiben, müssen Sie Ihren persönlichen Arbeitsalltag zugrunde legen, nicht das allgemeine Berufsbild des Landwirts.


Dazu beschreiben Sie Ihren Betrieb mit allen Kennzahlen einschließlich der technischen Ausstattung und den Arbeitskräften. Zum Betrieb zählen dabei auch nicht-landwirtschaftliche Standbeine wie Biogas- und Photovoltaikanlagen oder z. B. Mietobjekte.


Dann sollten Sie die tagtägliche Arbeit mit wöchentlichen, monatlichen und saisonalen Schwerpunkten konkret mit allen Arbeitsschritten darstellen – so wie es vor Eintritt Ihrer gesundheit­lichen Probleme gelaufen ist.


Wenn es z. B. um das Melken geht: Wie werden die Kühe in den Melkstand getrieben? Welche Wege sind dafür notwendig? In wie vielen Gruppen wird gemolken? Welche Arbeiten erfolgen im Melkstand? Was geht automatisch, was wird per Hand gemacht? Wie ist die Körperhaltung? Welche Geräte/Hilfsmittel stehen zur Verfügung? Müssen Sie Gewichte tragen? Wie erfolgt die Reinigung des Melkstandes? Wichtig ist, dass Sie für jede Arbeit genau an­geben, wie lange der jeweilige Arbeitsschritt dauert und wie viele Jahres­arbeitsstunden das ergibt. Außerdem müssen Sie klar machen, wer die Arbeit normalerweise macht – Sie als Betriebsleiter, Mitarbeiter, Familienarbeitskräfte oder der Lohnunternehmer. Wie eine solche Beschreibung aussehen kann, zeigt unsere unten stehende Übersicht.


Mit dem Hausarzt beraten:

Im nächsten Schritt beschreiben Sie, wie sich Ihre gesundheitlichen Probleme auf Ihren Arbeitsalltag auswirken. Machen Sie deutlich, welche Ihrer bisherigen Arbeiten Sie jetzt gar nicht mehr oder nur noch teilweise leisten können (Angaben in Arbeitsstunden oder Prozent). Das Melken kann ein Landwirt mit einem Rückenleiden evt. noch zu 30 % ausüben, ein Landwirt mit einer schweren Tierhaarallergie gar nicht mehr. Ein weiteres Beispiel zeigt die Übersicht.


Für die Beschreibung sollten Sie sich vom Hausarzt und/oder Fach­arzt erläutern lassen, welche Tätigkeit Sie noch ausüben dürfen und welche nicht. Vorteil des Hausarztes ist, dass er Ihre einzelnen Einschränkungen kennt und zu einem Bild zusammenfügen kann. Sie können auch eine schriftliche Stellungnahme des Hausarztes einreichen.


Übergangslösung verdeutlichen.

Wie angeschlagen Sie auch sind, Ihr Betrieb muss weiterlaufen. Und Sie müssen der Versicherung beschreiben, wie Sie das machen: welche technischen bzw. organisatorischen Maßnahmen Sie ergriffen haben und wer die Arbeit jetzt macht. Manch ein Landwirt setzt verstärkt auf Lohnunternehmer oder Aushilfen. Das ist die sauberste Lösung.


Andere Landwirte machen (zu Lasten der Gesundheit) einfach selbst weiter oder setzen vorrübergehend Ehepartner bzw. Altenteiler ein. Beides ist möglich. Allerdings könnte die Versicherung auf den Gedanken kommen, dass dies auch gute Dauerlösungen sein könnten, um den Betrieb trotz der gesundheitlichen Probleme weiterzuführen.


Deshalb gilt: Machen Sie der Versicherung deutlich, dass die ergriffenen Maßnahmen nur Übergangslösungen sein können! Erklären und belegen Sie Sie, dass Ihr eigener Einsatz Raubbau an Ihrer Gesundheit ist, dass Ihre Familienmitglieder andere Aufgaben haben und dass der verstärkte Einsatz von Fremdarbeitskräften zu teuer ist.


Regelmäßig fragen die Versicherungen, welche technischen Hilfsmittel oder arbeitswirtschaftlichen Umorganisationen helfen könnten, den Betrieb weiterzuführen. An dieser Stelle müssen Sie aufpassen. Denn solche Hilfen müssen für Sie sowohl persönlich als auch finanziell zumutbar sein. Wenn es also um den Einsatz eines speziellen Schleppersitzes bei einem Rückenleiden oder einer Atemschutzmaske bei allergischen Problemen geht, mag das zumutbar sein. Spätestens, wenn es um den Einsatz weiterer Arbeitskräfte geht, wird es schwierig. Denn die Familienbetriebe sind in der Regel auf die volle Mitarbeit des Betriebsleiters angewiesen. Auch umfangreiche Umbauten oder Umstellungen des Betriebes sind von Familienbetrieben meist nicht zu stemmen. Das sollten Sie in Ihrem Antrag klar und deutlich sagen.


Steigende Gewinne erklären:

Um die Betriebs- und Einkommensentwicklung der letzten Jahre nachzuvollziehen, verlangt die Versicherung u. a. Steuerbescheide und Bilanzen.


Sind die Gewinne gesunken, ist das für die Versicherung die logische Konsequenz Ihrer gesundheitlichen Probleme, z. B. weil zusätzliche Aushilfen bezahlt werden mussten. Falls Sie jedoch trotz Ihrer Beeinträchtigungen steigende Gewinne hatten, lässt die Versicherung das womöglich an Ihrer Berufsunfähigkeit zweifeln. Deshalb sollten Sie steigende Gewinne gut erklären können.


Manchmal sind es schon stark gestiegenen Preise, die zu Gewinnsteigerungen führen. In anderen Fällen führt z. B. der Einstieg des Sohnes in den Betrieb mit einem Produktionsausbau zu steigenden Gewinnen. Aber auch, wenn Sie schon über Jahre rote Zahlen schreiben, sollten Sie das genau erklären. Sonst entsteht womöglich der Verdacht, Sie begehren Berufsunfähigkeitsrente, weil Ihr Betrieb nicht läuft.


Missverständisse vermeiden!

Der Antrag auf Berufsunfähigkeitsrente braucht Zeit und ist aufwendig. Denn die Beschreibung Ihres Arbeitsalltages und der Auswirkungnen Ihrer gesundheitlichen Beeinträchtigungen müssen Sie selbst erstellen. Dabei passieren auch immer wieder Fehler. So können unbedachte Aussagen und Beschreibungen bei der Versicherung schnell ein falsches Bild entstehen lassen, das sich nachträglich kaum noch korrigieren lässt. Vielfach ist es deshalb sinnvoll, ­einen neutralen Versicherungsexperten zum Beispiel vom Bauernverband oder von der Landwirtschaftskammer hinzuzuziehen. Dieser kann den Antrag auf Vollständigkeit und Plausibilität prüfen und so ver­hindern, dass es zu unnötigen Miss­verständnissen und Verzögerungen kommt. Falls Ihre Versicherung Hilfe bei der Antragstellung oder gar einen Besuch bei Ihnen zu Hause anbietet, mag das gut gemeint sein – hier sollten Sie dennoch zurückhaltend sein und lieber auf neutrale Experten zurückgreifen.


Die Versicherungen prüfen gründlich, ob eine BU vorliegt. Fehlen noch Informationen und Unterlagen, haken sie immer wieder nach. Besonders problematisch ist es bei unterschiedlichen ärztlichen Meinungen oder bei psychischen Leiden. Vielfach warten die Ver­sicherungen noch Behandlungen, Therapien und Reha-Maßnahmen ab, bevor sie entscheiden. Oder es werden zusätzliche Gutachten in Auftrag gegeben. Schnell dauert es Monate oder noch länger, bis die Versicherung entscheidet.


Hinzu kommen Urlaubs- und Krankheitszeiten des Sachbearbeiters und womöglich noch ein Sachbearbeiterwechsel. Bei manch einem Antragsteller entsteht das Gefühl, es handelt sich um eine Zermürbungstaktik...


Aber auch wenn es noch so viele Nerven kostet: Ungeduld hilft nicht, in der Regel müssen Sie abwarten. Außerdem sollten Sie weiterhin alles tun, um der Versicherung die erforderlichen Informationen zur Verfügung zu stellen.


Manches Mal bietet die Versicherung einen Vergleich an. Meist geht es um die Zahlung einer pauschalen Summe ohne Anerkennung der BU. Hier kann das Abwarten bis zur Anerkennung der BU die bessere Strategie sein. Andererseits: Kassieren Sie am Ende eine Ablehnung, haben Sie kaum noch Möglichkeiten mit der Versicherung zu verhandeln. Dann bleibt Ihnen nur der Weg zum Gericht. Ein Gerichtsverfahren dauert schnell zwei, drei Jahre und endet auch oft in einem unbefriedigenden Vergleich.


Wie es dann weitergeht:

Ist die BU-Rente durch, verpachten viele Landwirte den Betrieb. Andere führen ihn in verkleinerter Form weiter. Das ist grundsätzlich möglich. Allerdings schaut die Versicherung dann genau hin, ob tatsächlich noch eine BU vorliegt. Das gilt auch bei der Aufnahme einer Nebentätigkeit.


Wird die BU-Rente, wie z.B. bei manchen Krebserkrankungen, nur befristet bewilligt, müssen Sie nach Ablauf der Frist ggf. einen erneuten Nachweis über Ihre BU führen.


Anne Schulze Vohren

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