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Solidarische Landwirtschaft: Auch im Ausland

Keine Preisschwankungen, gedeckte Kosten und ein sicheres Einkommen für den Landwirt - das ermöglicht die Solidarische Landwirtschaft.

Lesezeit: 6 Minuten

 

Solidarische Landwirtschaft auch in China im Kommen

Eine Reihe von Skandalen hat das Vertrauen der chinesischen Verbraucherinnen und Verbraucher in die Sicherheit der heimischen Lebensmittel massiv erschüttert. Das hat die Nachfrage nach westlichen Agrarprodukten begünstigt, aber auch neue Netzwerke zwischen Verbrauchern und Bauern geknüpft. Rund 800 Betriebe wirtschaften im Reich der Mitte nach den Prinzipien der Solidarischen Landwirtschaft. Dr. Johannes Hartkemeyer hat drei Projekte besucht.

Chinas Landwirtschaft durchlief in den letzten Jahrzehnten drei grundlegende strukturelle Veränderungen: Von der Kollektivierungsbewegung Mitte der fünfziger Jahre (Volkskommunen) über die De-Kollektivierung in den frühen Achtzigern zur heutigen industriellen Agrarproduktion. Aber noch immer gibt es in China über 200 Millionen Bauern, die durchschnittlich nur etwa 0,6 ha Land bearbeiten.

Nach einer Reihe von Skandalen in der industrialisierten Lebensmittelproduktion, wie zum Beispiel die Kontamination von Milchpulver mit Melamin und Aflatoxinen und damit einhergehende Todesfälle bei Kindern haben immer mehr chinesische Verbraucherinnen und Verbrauchern das Vertrauen in die Sicherheit der heimischen Lebensmitteln verloren. Selbst der Bio-Markt ist davon betroffen, weil das Zertifizierungssystem unzuverlässig ist und es auch in diesem Marktsegment immer wieder Skandale gibt.

Diese Entwicklung hat das Konsumklima grundlegend verändert. Die Chinesen sind sensibler für Umweltschutzthemen geworden. Die Lebensqualität hat heute eine größere Bedeutung. Es wird viel stärker über die Probleme und Chancen des ländlichen Raumes und die Bedeutung von regionalen Netzwerken zwischen Städtern und Bauern diskutiert. In diesem Umfeld gewinnt auch die Solidarische Landwirtschaft in China zunehmend mehr Unterstützer. Mittlerweile betreiben dort etwa 800 Betriebe Solidarische Landwirtschaft. Nachfolgend stellen wir drei davon vor:

Little Donkey Farm

Die „Little Donkey Farm“ aus Sujiatuo im Haidian Distrikt (Großraum Peking) produziert nicht nur Lebensmittel, sondern führt auch Bildungs- und Forschungsprojekte im Öko-Landbau und im Bereich Solidarische Landwirtschaft durch. Dieser Betrieb war ursprünglich nur etwa 15 ha groß, bewirtschaftet aber mittlerweile mit Flächen in anderen Orten rund 66 ha. Die Farm hat keine Hofstelle, auf der Familien wohnen, sondern es handelt sich eher um einen großen vielfältigen Garten, auf dem auch Geflügel und Schweine gehalten werden.

Jährlich werden rund 60 Mastschweine vermarktet. Etwa 1.000 Hühner leben in einem eingezäunten Freilandgehege. Der Mist und die Gartenabfälle werden systematisch kompostiert. Außer dem Gemüse der Saison können die Mitglieder Schweinefleisch, Eier und Hühnerfleisch bekommen. Der Anbau erfolgt nach Biostandards und verzichtet daher auf chemisch-synthetische Dünge- und Pflanzenschutzmittel sowie auf genetisch verändertes Saatgut. Eine einfache Komposttoilettenanlage sorgt dafür, dass die Mitglieder einen Teil ihres Konsums über die Kompostierung in den Kreislauf zurückführen können.

Die Mitglieder können zwischen drei unterschiedlichen Konzepten wählen:

1.Pro Haushalt können etwa 30 m² Land in der Freizeit komplett von den Mitgliedern bewirtschaftet werden. Preis etwa 1.800 Yuan/Jahr  (ca. 240 €/Jahr).

2.Die Grundbodenbearbeitung und Aussaat des Stücks wird vom Personal des Betriebes übernommen, die Pflege erfolgt über den Haushalt. Preis 3.500 Yuan/Jahr (ca. 470 €/Jahr).

3.Der Betrieb bepflanzt und bearbeitet die Fläche vollständig bis zur Ernte. Die Parzelle umfasst dann etwa 60 m². Preis 12.000 Yuan/Jahr (1.600 €/Jahr).

 

Phoenix Hills Commune

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Der Betrieb liegt am Fuß des Phönix-Gebirges im Haidian Distrikt und betreibt als Demeter-Betrieb seit  2008 Solidarische Landwirtschaft. Ein Produktionsschwerpunkt des 7 ha großen Betriebes ist der Anbau der chinesischen Yamswurzel. Auf etwa 1.000 m² werden die mehr als 1 m tief wurzelnden Yams von Hand aus dem chinesischen Lößboden gegraben.



Die Phoenix Hills Commune hat rund 40 Ernteanteile vergeben. Etwa 400 Menschen sind insgesamt im Projekt eingebunden. Zum Betrieb gehören auch ein Schulkomplex und ein Biorestaurant.

 

Shared Harvest Projekt

Beim Shared Harvest Projekt (deutsch: geteilte Ernte) aus Mafang im Tongzhou Distrikt (25 km südöstlich von Peking) geben die Bauern ihren Flächenanteil nicht aus der Hand. Stattdessen haben sie sich zusammengeschlossen und das Ganze vertraglich abgesichert. Die Anbauplanung erfolgt gemeinsam. Das von dieser Landwirte-Gemeinschaft erzeugte Gemüse ist bereits komplett vorbestellt, obwohl es etwa drei bis fünfmal so viel kostet als auf dem normalen Wochenmarkt! Es werden Stadtbewohnern Mitgliedschaften zu unterschiedlichen Tarifen zwischen 3.500 und 8000 Yuan (ca. 470 bis 1.080 €) angeboten.

 

Die Geschichte der Solidarischen Landwirtschaft

Der international gebräuchliche Begriff für Solidarische Landwirtschaft lautet „Community supported Agriculture“ (CSA). Der Begriff stammt zwar aus den USA. Das Konzept hat aber deutsche Wurzeln. Der Landwirt Trauger Groh gründete auf dem Buschberghof in Fuhlenhagen bei Hamburg die erste Solidarische Landwirtschaft in Deutschland. Von dort wanderte der Demeter-Landwirt später in die USA aus. In New Hampshire entwickelte er 1985 mit anderen Partnern auf der Temple Wilton Farm als erste CSA jenseits des Atlantiks. Mittlerweile gibt es in den Vereinigten Staaten mehr als 15.000 Betriebe, die nach diesem Prinzip arbeiten, mit steigender Tendenz. Darunter auch größere Gemeinschaftsunternehmen mit bis zu 20.000 Mitgliedern.

In Deutschland hat die Solidarische Landwirtschaft erst in den letzten sieben Jahren Fuß gefasst. Inzwischen gibt es deutlich mehr als 150 Initiativen.

Interessanterweise haben sich weltweit ganz unterschiedliche Bezeichnungen für das Konzept der Solidarischen Landwirtschaft herausgebildet. In Italien wird das Modell zum Beispiel Gruppi di Aquisto Solidale (GAS) genannt. In Frankreich steht die Abkürzung AMAP für „Association pour la Maintainance de l´ Agriculture Paysanne“ (Vereinigung für die Erhaltung der bäuerlichen Landwirtschaft). Im flämischen Teil Belgiens nennt sich die Initiative Aankoopgroep van Agro-ecologische Landbouw.

Den größten Erfolg hatte bisher das „Teikei“ Prinzip in Japan. Mittlerweile werden dort über ein Drittel aller Haushalte über dieses Direktvermarktungssystem mit frischen Lebensmitteln versorgt. Interessant ist, dass diese Bewegung in Japan um 1970 von einer Gruppe aus Deutschland inspiriert worden ist, welche die Ideen der biologisch dynamischen Landwirtschaft nach Rudolf Steiner mitbrachte.

Mittlerweile springt diese Landwirtschaftsform auch auf zahlreiche Entwicklungs- und Schwellenländer über. So wurde zum Beispiel vor wenigen Jahren ein Film der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung über den CSA Hof Pente in Niedersachsen zur Initialzündung des CSA-Netzwerks in Brasilien, das mittlerweile rund 100 Betriebe umfasst und aus der sich eine enge länderübergreifende Kooperationspartnerschaft entwickelte.

International vernetzt ist diese Landwirtschaftsbewegung seit 1984 durch URGENCI (Urban-Rural  Network Generating New Forms Of Exchange Between Citizens) mit dem Sitz in Frankreich.

 

Weitere Informationen über Solidarische Landwirtschaft unter www.solidarische-landwirtschaft.org

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