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Billig ist sexy

Lesezeit: 4 Minuten

Spargel- und Obstbauer Jörg Umberg erklärt, wie er trotz Mindestlohn konkurrenzfähig bleiben will. Und warum er nicht an steigende Erzeugerpreise glaubt.


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Dass der Mindestlohn in der Landwirtschaft Arbeitsplätze kosten würde, war nicht nur Jörg Umberg klar, sondern auch den Politikern in Bundestag und -rat. Dennoch winkten sie das Gesetz durch. Umberg hatte als Vorstand des Arbeitgeberverbandes der Westfälisch-Lippischen Land- und Forstwirtschaft dagegen gekämpft. Jetzt muss er sich damit abfinden und seinen Betrieb neu aufstellen.


Für Umberg ist klar: Die steigenden Lohnkosten kann er nur auffangen, wenn seine Mitarbeiter jede Stunde mehr ernten. Deswegen hat er über vielen seiner Felder zwischen Ruhrpott und Münsterland schon jetzt so genannte Folientunnel aufgestellt. In diesen sind seine Beeren vor Schlechtwetter und Starkregen geschützt. So gibt es weniger beschädigte und abgefallene Früchte.


Diese mussten seine Arbeiter bislang ebenfalls pflücken, damit sich Krankheiten nicht von diesen auf die gesunden Früchte ausbreiten. Allein in diesem Jahr fiel knapp ein Drittel seiner Erdbeeren dem Regen zum Opfer. Auf zwei verkaufte Erdbeeren kam so eine unbrauchbare – eine Steigerung der Pflückkosten um die Hälfte. Außerdem baut er seine Erdbeeren jetzt teilweise auf Stellagen in 1,30 Meter Höhe an. So müssen sich seine Arbeiter nicht bücken und können schneller pflücken.


Kapital ersetzt Mitarbeiter:

Damit zeichnet sich auf Umbergs Betrieb ein Trend ab, den viele Experten vorhergesagt hatten: Er wird mehr Kapital einsetzen, um auf weniger Arbeitskräfte angewiesen zu sein. Wer mehr Geld investiert, kann aber auch mehr verlieren. „Wir müssen durch den Mindestlohn ein hohes finanzielles Risiko eingehen“, so Umberg.


Ob er die Personalkosten auch auf andere Weise senken kann, bleibt abzuwarten. Sollte er Kost und Logis seiner Mitarbeiter nicht vom Mindestlohn abziehen dürfen, könnte er sich vorstellen, die Unterkünfte in einen separaten Betrieb auszulagern und den Arbeitern zu vermieten. Ob das steuerlich vorteilhaft und rechtlich möglich ist, wollen die Arbeitgeberverbände noch rechtzeitig vor der nächsten Saison klären.


Bis dahin muss Umberg mit dem planen, was er schon weiß. Trotz aller Strategien wird er nicht um Einschnitte bei der Produktion herumkommen. Seine langsamsten Arbeiter pflückten im verregneten Sommer 2014 manchmal nur 10 Schalen Erdbeeren pro Stunde. Mit dem anvisierten Mindestlohn müsste er ihnen dafür künftig 0,85 € pro Schale zahlen. Bei den Erzeugerpreisen von rund 70 Cent, die manche Supermärkte dieses Jahr ausgezahlt haben, wäre das ein Verlustgeschäft. Deswegen will er kommendes Jahr Beerenobst statt auf 40 nur noch auf 30 Hektar anbauen. Rund 40 Saisonarbeitskräfte weniger wird er dann brauchen. Das schmerzt ihn, denn die meisten kennt er seit vielen Jahren. „Das sind hochmotivierte Leute, die sich mit unserem Betrieb identifizieren“, beschreibt er das Verhältnis.


Mehr Arbeit für die Besten?

Er könnte sich vorstellen, seine besten Mitarbeiter künftig für einen längeren Zeitraum von drei bis fünf Monaten im Jahr zu beschäftigen. Dank des geschützten Anbaus in den Tunnels könnte er dann seine Saison verlängern und den Handel zuverlässig mit gleichmäßigen Mengen beliefern. Außerdem würde er so Arbeitsspitzen vermeiden und könnte ganz auf die leistungsfähigeren Arbeiter setzen.


Diese wären dann allerdings sozialversicherungspflichtig und müssten Lohnsteuer bezahlen. Umberg hat aber festgestellt: „Viele Leute wären gerne in Deutschland kranken- und rentenversichert“. Seine Mitarbeiter müssen sich allerdings erst überlegen, ob sie wirklich jedes Jahr so lange in Deutschland bleiben wollen.


Umberg hofft, dass sie in den sauren Apfel beißen. Denn auf steigende Verkaufserlöse will er nicht vertrauen. Er glaubt, dass die deutschen Verbraucher bei steigenden Preisen einfach weniger Obst kaufen oder zu günstiger Ware aus dem Ausland greifen. Sein Eindruck: „Für Viele ist billig eben sexy.“-cm-

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