Einloggen / Registrieren

Startseite

Schlagzeilen
Newsletter
Messen & Termine
Themen
Wir für Euch
Heftarchiv
Sonstiges

Agrarpolitik bei der Landtagswahl Maisernte Baywa in Insolvenzgefahr

Aus dem Heft

Biogas: Wenn der Partner pleitegeht

Lesezeit: 5 Minuten

Die ersten Insolvenzfälle zeigen, wie riskant es sein kann, einem fremden Investor hofnahe Flächen für den Bau einer Biogasanlage zur Verfügung zu stellen. Die betroffenen Landwirte stehen vor einem Scherbenhaufen.


Das Wichtigste aus Agrarwirtschaft und -politik montags und donnerstags per Mail!

Mit Eintragung zum Newsletter stimme ich der Nutzung meiner E-Mail-Adresse im Rahmen des gewählten Newsletters und zugehörigen Angeboten gemäß der AGBs und den Datenschutzhinweisen zu.

Tausche Baugenehmigung gegen Beteiligung – das klingt doch eigentlich wie ein richtig guter Deal. Der Landwirt stellt die hofnahe Fläche für den Bau einer Biogasanlage zur Verfügung und beantragt die Baugenehmigung. Der Investor gibt das Geld für den Anlagenbau und trägt das wirtschaftliche Risiko.


Läuft die Gas- und Stromproduktion, bezahlt der Betreiber dem Landwirt die Arbeitsstunden für die Betreuung der Anlage, kauft ihm Gülle und Mais ab und bezahlt für das Ausbringen der Gärreste.


Doch wer in solche Konstruktionen einsteigt, sollte genau wissen, was er tut und auf wasserdichte Verträge achten. Denn wehe, der gewählte Partner wird finanziell klamm oder steuert gar in die Zahlungsunfähigkeit. Dann drohen dem Betrieb bittere Folgen, wie zwei aktuelle Fälle aus der Praxis zeigen. Inzwischen stecken nach top agrar-Recherchen Dutzende Landwirte in einer solchen Misere.


Biogas-Ruine am Hof:

Einsteigen oder nicht? Diese Frage stellt sich auch Ackerbauer und Schweinemäster Hans Adam (Name geändert), als Biogas in seiner Region zu boomen beginnt. Nach einem Gespräch mit der Bank scheint ihm das Investitionsrisiko für seinen Hof jedoch zu groß. Fast zeitgleich flattert ihm ein attraktives Angebot einer Bioenergie-Firma ins Haus. Ihr Vorschlag: Adam beantragt die Genehmigung für eine 240 kW-Anlage auf einer hofnahen Fläche im Außenbereich; die Firma übernimmt die Investitionskosten und kauft Gülle sowie Mais von ihm. Als Pacht für die Fläche und Lohn für das Betreiben der Anlage soll Adam eine monatliche Abschlagszahlung von mindestens 1 400 € erhalten.


Der Mäster ergreift die Gelegenheit und steigt 2006 ein. In den ersten beiden Jahren läuft alles rund: Die Gesellschaft zahlt die vereinbarten Beträge und – abhängig vom Stromertrag – zusätzlich eine Gewinnbeteiligung. Doch dann fällt die Anlage immer öfter aus, teilweise ist sie ganz abgestellt. Die Service-Firma, an die Adam gebunden ist, lässt ihn wochen-, manchmal monatelang warten. Seine Vergütung sinkt auf die garantierten 1?400 €/Monat ab.


Einige Zeit später gerät die Betreibergesellschaft in ernste Zahlungsschwierigkeiten. Geld fließt nur noch sehr verspätet und auf massiven Druck durch den Anwalt des Landwirts. Das Ende vom Lied: die Anlage steht still, der Landwirt kündigt alle Verträge, der Investor ist pleite. Der Landwirt hat noch offene Forderungen von über 70 000 €, die kaum erfüllt werden dürften.


Um wenigstens etwas zu retten, überlegt Adam, die Anlage aus der Insolvenzmasse zu kaufen. Das scheitert bisher an völlig überzogenen Kaufpreis-Forderungen. Aber: Gelingt keine Einigung, steht weiterhin eine fremde Biogas-Ruine auf seiner Fläche. Würde die Kommune auf einen Rückbau drängen, müsste Adam als Eigentümer der Fläche mit Rückbaukosten von 100 000 € rechnen. Diese Zwickmühle ist nicht die beste Verhandlungsbasis für den Mäster. Sein Fazit: „Hätte ich bloß sofort selbst investiert!“


Betrieb in Gefahr:

Auch Bertram Bauer (Name geändert) aus Niedersachsen geht 2007 auf das Angebot einer Investorengruppe ein. Er beantragt auf seinen Namen eine Baugenehmigung und verkauft eine hofnahe Fläche an die Aktiengesellschaft. Diese übernimmt die Investitionskosten für eine 500 kW-Anlage auf der Fläche. Betrieben wird sie von einer weiteren Gesellschaft, die zu 48 % der AG gehört. Weitere 52 % hält diese treuhänderisch für Landwirt Bauer. Solange der Treuhandvertrag gilt, verfügt der Landwirt somit – zumindest auf dem Papier – über die Mehrheit an der Betreibergesellschaft.


Ende 2008 geht die 500 kW-Anlage ans Netz. Bauer erhält monatlich 2 500 € als Fixbetrag für den Betrieb der Anlage, dazu kommt die Vergütung für den gelieferten Mais und die Gülle. Zusammen mit dem Ertrag aus seinen 230 Rinder-Aufzuchtplätzen kann Bauer so ein ausreichendes Einkommen erzielen. Doch die Freude währt nicht lange. Bereits nach einem Jahr kommt das Geld immer zögerlicher, oft erst nach mehrfacher Mahnung. 2012 meldet die AG dann Insolvenz an. Das Problem für Bauer: Mit der Insolvenz erlischt der Treuhandvertrag. Damit ist er komplett aus dem Spiel. Weil die AG auch Eigentümerin der Fläche ist, verkauft der Insolvenzverwalter die Anlage an den Höchstbietenden – und das ist nicht Bauer.


Zwar besagen die Genehmigungsvorschriften, dass die Anlage nur betrieben werden darf, wenn sie im funktionalen Zusammenhang mit dem nahe gelegenen Hof – bisher also dem Betrieb von Bauer – steht und der Großteil der Gülle aus diesem Betrieb kommt. Doch der Landkreis schreitet nicht ein, als der Käufer alle Verträge mit Bauer kündigt, die Anlage aber weiter betreibt. Der neue Investor setzt Gülle benachbarter Betriebe ein, baut eine neue Zufahrt zur Anlage und will angeblich sogar eine eigene Hofstelle in der Nähe errichten, um die Genehmigungsvoraussetzungen auch ohne Bauer zu erfüllen. Der Landkreis hat ihm dafür großzügig ein Jahr Zeit eingeräumt. Warum der Landkreis offensichtlich beide Augen zudrückt, ist unklar.


Alles weg!

Klar hingegegen ist die äußerst missliche Lage von Landwirt Bauer. Er steht mit offen Forderungen von rund 170 000 € da und ist gleichzeitig der fest eingeplanten Einkommensquelle beraubt. Die hofnahe Fläche ist weg, die Existenz des Betriebes akut gefährdet.


Johanna Budde

Die Redaktion empfiehlt

top + In wenigen Minuten wissen, was wirklich zählt

Zugang zu allen digitalen Inhalten, aktuelle Nachrichten, Preis- und Marktdaten | 1 Jahr für 1̶2̶9̶,̶6̶0̶ ̶€̶ 99 €

Wie zufrieden sind Sie mit topagrar.com?

Was können wir noch verbessern?

Weitere Informationen zur Verarbeitung Ihrer Daten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Vielen Dank für Ihr Feedback!

Wir arbeiten stetig daran, Ihre Erfahrung mit topagrar.com zu verbessern. Dazu ist Ihre Meinung für uns unverzichtbar.