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das Aktuelle Interview - „Der billige Euro macht unsere ­Exporte wettbewerbsfähiger“

Lesezeit: 5 Minuten

Die Europäische Zentralbank (EZB) flutet den Euro-Raum mit ­billigem Geld. Was das für die Agrarwirtschaft bedeutet, erläutert Prof. Dr. Dr. h.c. P. Michael Schmitz von der Universität Gießen.


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Viele Banker und Wissenschaftler halten den EZB-Kurs für falsch. Sie auch?


Schmitz: Ja, eindeutig. Ich teile die Kritik in vollem Umfang.


Warum?


Schmitz: Die EZB betreibt eine nach den EU-Verträgen verbotene Staatsfinanzierung mit der Druckerpresse. Damit will sie marode Banken und Pleitestaaten in Südeuropa entlasten bzw. vor dem Konkurs retten. Notwendige Reformen unterbleiben, die Schuldenstände steigen und es kommt zu gefährlichen Blasen. Das alles bräuchte die deutschen Steuerzahler und Sparer nicht zu beunruhigen, wenn Deutschland nicht für die von der EZB zusätzlich bereitgestellte Summe von mehr als 1 Billion € mit 20 % haften müsste. Hinzukommen noch die negativen Target-Salden der südeuropäischen Zen- tralbanken (Anm. der Red.: Schulden gegenüber anderen Zentralbanken der Euro-Zone), über die wir indirekt auch noch für deren Schulden geradestehen müssen. Ich bezweifele, dass sich mit einer Politik des billigen Geldes das private Kreditgeschäft in Südeuropa wirklich belebt. Bei den aktuellen Zinsen sind die Spielräume nach unten bereits weitgehend ausgereizt.


Leidet die deutsche Wirtschaft einschl. der Agrarwirtschaft tatsächlich unter fehlendem Zugang zu Krediten?


Schmitz: Nein. Die deutsche Wirtschaft hat ausreichend Zugang zu Krediten. Das gilt in besonderem Maße für die Agrarwirtschaft, deren Kreditversorgung im ländlichen Raum traditionell weitgehend über Volksbanken und Sparkassen erfolgt. Im Übrigen hängt die Investitionsbereitschaft nicht nur von den Zinsen und der Kreditverfügbarkeit ab, sondern vor allem auch von den Geschäftserwartungen und dem regulatorischen Umfeld.


Gilt das auch für die Landwirtschaft in den anderen Euro-Ländern?


Schmitz: Auch wenn die Zinsen in anderen Euro-Ländern etwas höher liegen, ist auch dort die Kreditversorgung über die Hausbanken grundsätzlich gesichert und kaum eingeschränkt. Für die Investitionsbereitschaft und das Wachstum der dortigen Agrarwirtschaft sind andere Faktoren wichtig.


Als zweites großes Ziel will EZB-Chef Draghi eine drohende Deflation abwenden. Wie groß ist die Gefahr?


Schmitz: Ich halte das Argument für vorgeschoben, um der EZB Spielräume zu verschaffen, Südeuropa mit frischem Geld zu versorgen. Tatsächlich sind die zum Teil negativen Inflationsraten Folge der niedrigen Ölpreise. Es gibt keinen allgemeinen Rückgang des Preisniveaus. Das ist auch zukünftig nicht zu erwarten, weil die Euro-Geldmenge (Bargeld und Sichteinlagen) derzeit mit etwa 3 % deutlich stärker wächst als die Güterproduktion mit etwa 1 %. Rein rechnerisch lässt das eine Inflation von etwa 2 % erwarten, die Draghi offenbar als anzustrebende Zielgröße ansieht. Für die Väter des Euro war das die maximal tolerierbare Inflationsrate. Die Verbraucher freuen sich jedenfalls über niedrige Raten.


Bei einer Deflation nimmt die Nachfrage nach Gütern stetig ab. Die Verbraucher kaufen nicht, weil sie glauben, dass die Preise in Zukunft noch günstiger werden. Gilt das auch für den Agrarbereich, Lebensmittel braucht man täglich?


Schmitz: Tatsächlich ist der Agrarbereich weniger konjunkturanfällig als andere Sektoren. Einkommens- und Preisschwankungen schlagen sich nur abgeschwächt in Nachfrageschwankungen für Nahrungsmittel nieder. Dennoch führen allgemein sinkende Preise eher zu einem Mehrkonsum an Nahrungsmitteln und nicht weniger, weil die reale Kaufkraft gestärkt wird. Kurzum: Ich sehe keine Deflationsgefahr.


Als Folge der EZB-Politik hat der Euro massiv an Wert verloren. Anfang 2014 gab es für 1 € noch knapp 1,37 US-$. Mitte Februar sind es nur noch rund 1,14 US-$ (- 17 %). Was bedeutet das für den Agrarsektor der Euro-Zone?


Schmitz: Die Abwertung des Euro beflügelt die Exporte und dämpft die Importe. Das heißt, unsere Exportwirtschaft gewinnt international an Wettbewerbsfähigkeit und die Importe verteuern sich. Die jüngsten Exporterfolge sind auch auf diesen Abwertungseffekt zurückzuführen. Es sollte aber nicht vergessen werden, dass Währungsverschiebungen nur einen Teil des Exportgeschäfts erklären. Viel wichtiger sind die Weltkonjunktur und die Qualität der Produkte. Von letzterem Einflussfaktor könnten gerade auch die deutschen Nahrungsmittel profitieren.


Welcher Effekt schlägt stärker zu Buche?


Schmitz: Unter dem Strich dominiert die höhere Wettbewerbsfähigkeit bei den Exporten, insbesondere bei den Fleisch-, Milch- und Getreideprodukten sowie den Süßwaren. Soweit diese auf der Basis importierter Rohstoffe produziert werden (z. B. Futtermittel), kann sich eine leichte Verteuerung einstellen. Die sinkenden Energiepreise halten diesen Effekt jedoch in Grenzen.


Aufgrund der extrem niedrigen Zinsen suchen Anleger nach Alternativen. Wie attraktiv ist dabei die Landwirtschaft?


Schmitz: Aktien, Gold und Immobilien sind derzeit die bevorzugten Anlageformen für Kapitalanleger. Landwirtschaft und Agrarflächen haben nicht zuletzt wegen sinkender Erzeugerpreise etwas an Attraktivität verloren. Die langfristigen Aussichten sind gleichwohl positiv und daher interessant für Investoren. Boden- und Pachtpreise spiegeln die Flächenknappheiten bereits wider, werden aber nachweislich nicht von außerlandwirtschaflichen Investoren getrieben, sondern sind das Ergebnis markt- und politik­getriebener Nutzungskonkurrenzen (z. B. Viehdichte, Naturschutz- und Siedlungsflächen).-sp-


Prof. Dr. Dr. h.c.


P. Michael Schmitz

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