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das Aktuelle Interview - „Die Folgen des Umbaus wären dramatisch!“

Lesezeit: 4 Minuten

Der Deutsche Bauernverband hält das Gutachten des Wissenschaftlichen Beirats zur Nutztierhaltung für unwissenschaftlich.Wir sprachen mit Joachim Rukwied über die Hauptkritikpunkte.


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Der Beirat hält die Haltungsbedingungen „eines Großteils der Nutztiere für nicht zukunftsfähig“. Können Sie diese harsche Kritik nachvollziehen?


Rukwied: Nein. Ich bin dankbar für Kritik, die uns weiterbringt. Beim Tierschutz können wir nachhaltige Fortschritte vorweisen. Die Schlussfolgerungen des Gutachtens sind aber für die vielen, vielen verantwortungsvollen Tierhalter eine nicht berechtigte schallende Ohrfeige. Bei den Schlussfolgerungen des Beirats vermissen wir die wissenschaftliche Grundlage. Die Professoren greifen stattdessen Meinungen, Emotionen und Befindlichkeiten von Teilen unserer Gesellschaft auf.


Was ist Ihre Hauptkritik?


Rukwied: In der Langfassung ist es ein überwiegend wissenschaftliches Gutachten, in der Kurz- und in der Zusammenfassung hingegen ein politisches Statement. Wir haben den Eindruck, dass sich der Beirat sehr von einzelnen lautstarken Zurufen aus der Politik und von Tierschutzorganisationen hat beeinflussen lassen.


Deshalb sehen wir die Bestandsaufnahme, deren Methodik und die daraus abgeleitete Bewertung der heutigen Tierhaltung außerordentlich kritisch. Die Empfehlungen werden entweder bereits umgesetzt oder sind nicht geeignet, die künftigen He­rausforderungen zu lösen. Da sie aber gewaltige Konsequenzen für die Bauernfamilien und den ländlichen Raum haben, sind sie unverantwortlich leichtfertig.


Differenziert der Beirat hinreichend zwischen den gesellschaftlichen Wünschen und dem tatsächlichen Verhalten der Verbraucher?


Rukwied: Nein. Die Diskrepanz zwischen Umfrageergebnissen und tatsächlichem Einkaufsverhalten ist seit Jahren bekannt. Die angenommene Zahlungsbereitschaft für höhere Standards ist zu optimistisch, zumindest für den größten Teil des Marktes.


Die Wissenschaftler raten der Politik zu ordnungsrechtlichen Alleingängen. Die höheren Kosten sollen die Fördermaßnahmen der 2. Säule ausgleichen. Welche Folgen hätte eine solche Politik?


Rukwied: Ordnungsrechtliche Alleingänge in diesem Umfang führen zur Abwanderung der Erzeugung – das steht übrigens auch in der Langfassung des Gutachtens. Der Strukturwandel würde sich dramatisch beschleunigen. Die Forderung nach Umschichtung der EU-Gelder von der 1. in die 2. Säule ist nicht neu. Für die Mittelverteilung wären dann aber die Bundesländer zuständig. Bundesweit einheitliche Maßnahmen wären dann kaum möglich und auch keine einkommenswirksame Förderung.


Halten Sie die Schätzung der „Umbaukosten“ für belastbar?


Rukwied: Auch hier ein klares Nein. Nicht berücksichtigt sind die Wertschöpfungsverluste und Kosteneffekte durch die deutlich verringerte Erzeugung, ebenso wenig wie der „Wertberichtigungsbedarf“ für bestehende Investitionen. Es fehlen auch die volkswirtschaftlichen Kosten, die durch die Abwanderung der Wertschöpfung aus der Tierhaltung und aus den vor- und nachgelagerten Wirtschaftsbereichen entstehen.


Der Umbau soll wegen der Nutzungsdauer der Ställe 20 bis 30 Jahre dauern. Kann Sie das beruhigen?


Rukwied: Nicht wirklich, zumal für die ordnungsrechtlichen Eingriffe eine deutlich kürzere Frist empfohlen wird. Es darf doch nicht um einen möglichst sozialverträglichen Rückbau der Tierhaltung gehen, sondern um deren Zukunftsfähigkeit. Übrigens ist jeder aktuelle Stallneubau ein Fortschritt für den Tier- und Arbeitsschutz. Jährlich investieren unsere Bauern rund 6 Mrd. € in diese Verbesserungen.


Die Wissenschaftler loben die Initiative Tierwohl. Sie fordern aber mehr Tempo, mehr Geld und ein forscheres Vorgehen bei solchen Aktivitäten. Sie auch?


Rukwied: In diesem Punkt stimmen wir dem Gutachten zu, auch in der Feststellung, dass die Initiative Tierwohl mittel- und langfristig deutlich unterfinanziert ist. Wir hätten uns aber gewünscht, dass man auch die übrigen Initiativen und Fortschritte des Berufsstandes berücksichtigt hätte.


Der Vorsitzende des Beirats hält den Bauernverband für nicht selbstkritisch genug.


Rukwied: Wir sind immer offen für Kritik und auch veränderungsbereit. Veränderungen dürfen aber nicht an den Verbrauchern, am Markt und an der Ökonomie vorbeigehen. Und wir werden einem Kahlschlag unserer erfolgreichen Nutztierhaltung sicher nicht zustimmen. Wir haben den Vorsitzenden des Beirates, Prof. Grethe, in unseren Verbandsrat eingeladen, um mit ihm über einen zukunftsfähigen Weg für eine erfolgreiche Nutztierhaltung in Deutschland zu diskutieren.


Wie kommen wir aus Ihrer Sicht zu einer gesellschaftlich akzeptierten Tierhaltung?


Rukwied: Die Tierhaltung und die gesamte Landwirtschaft haben sich zu einer leistungsfähigen innovativen Branche entwickelt. Das wird weitergehen und auch die Optimierung der Haltungsverfahren einschließen. Darin müssen wir den Wertewandel in der Gesellschaft und beim Verbraucher einbeziehen und auch in reale Nachfrage umsetzen. Die Initiative Tierwohl ist ein großer Schritt in diese Richtung.


Unverzichtbar sind darüber hinaus neue Ansätze in der Öffentlichkeitsarbeit, weg vom rechtfertigenden Erklären hin zu einer wertorientierten öffentlichen Positionierung. Der Skandalisierung und Pauschalkritik an unserer Arbeit werden wir aber weiterhin entschieden entgegentreten!-sp-

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