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das Aktuelle Interview - „Wir brauchen mehr regionale Spielräume!“

Lesezeit: 5 Minuten

Der Entwurf der neuen EU-Öko-Verordnung stößt in Deutschland auf massiven Widerstand. Jetzt soll das EU-Parlament die gröbsten Schnitzer korrigieren. Wir sprachen mit dem Berichterstatter des Parlaments, Martin Häusling. Er hat über 300 Änderungsvorschläge.


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Wenn die Öko-Verordnung so kommt, stellt keiner mehr um, heißt es in Deutschland. Sind die Sorgen berechtigt?


Häusling: Der Vorschlag würde den Öko-Landbau in der Tat ausbremsen, obwohl er sich nach wie vor entwickelt und nur in wenigen EU-Staaten mehr als 10 % der Fläche ausmacht. Deshalb dürfen wir die Anforderungen nicht überziehen. Ich bin sicher, dass der Entwurf nach der Abstimmung zwischen Kommission, Parlament und Rat anders aussehen wird als heute. An einer Über­arbeitung der bisherigen Verordnung führt aber kein Weg vorbei. Der EU-Rechnungshof hat festgestellt, dass wir die Importkontrollen besser regeln und die Kontrollen innerhalb Europas harmonisieren müssen. Das gilt auch für einige Bereiche der Tierhaltung – vor allem bei Geflügel.


Die Kommission will ab 2022 nur noch 100 % Öko-Saatgut zulassen. Geht das?


Häusling: Nein, eine einheitliche Übergangsregelung bis Ende 2021 ist zu starr. Wir brauchen eine zentral geführte Datenbank mit Berichtspflicht für die Mitgliedstaaten. Diese kann darüber Aufschluss geben, wann wie viel Öko-Saatgut verfügbar ist. Auf dieser Basis lassen sich dann regionale Zeitziele für den Übergang auf 100 % Öko-Ware festlegen. Und die Mitgliedstaaten müssen die Forschung und Züchtung von Öko-Saatgut intensivieren, um schnell zum Ziel zu kommen.


Auch konventionell erzeugte Futtermittel sollen nicht mehr eingesetzt werden. Noch dazu soll das Futter überwiegend aus der Region stammen. Ist das nicht zu streng?


Häusling: Eine solche Regelung würde die Umstellung in Regionen mit wenig Öko-Landbau deutlich erschweren. Dort kann der Bedarf an Öko-Futter nicht gedeckt werden. Zudem fehlt mir eine saubere Definition des Begriffs „Region“ durch die Mitgliedstaaten. Bei Futtermitteln gilt das Gleiche wie beim Saatgut. Ausnahmeregelungen müssen solange bestehen bleiben, bis die Strukturen eine regionale Versorgung ermöglichen.


Warum soll es bei Schweinen und Legehennen betriebliche Obergrenzen geben?


Häusling: Ich möchte eine Monopolisierung der Strukturen verhindern. Vor diesem Hintergrund halte ich die in Frankreich geltenden Bestandsobergrenzen von 200 Sauen und 1 500 Mastschweinen für vorbildlich. Das sollten wir EU-weit einführen.


Bei Legehennen gilt schon heute eine Obergrenze von 3 000 Plätzen pro ­Stalleinheit. Die betriebliche Obergrenze von 12 000 Legehennen soll verhindern, dass nicht „beliebig viele Ställe“ hintereinander gebaut werden. Das dient auch dem Tierwohl, weil die ­Einzeltiere bei diesen Größenordnungen noch im wahrsten Sinne des Wortes „in Augenschein genommen werden können“.


Für Öko-Produkte soll es strengere Grenzwerte für Rückstände von Pflanzenschutzmitteln geben als für konventionelle Produkte. Was halten sie davon?


Häusling: Nichts. Sondergrenzwerte für Pflanzenschutzmittel wären eine Wettbewerbsverzerrung zulasten der Bio-Branche. Wir dürfen einem Bio-Landwirt keinen Schaden anlasten, für den nicht er, sondern eventuell seine konventionellen Nachbarn verantwortlich sind. Außerdem definiert sich Bio nicht über Grenzwerte, sondern über den gesamten Prozess der umweltfreundlichen Bewirtschaftung. Grenzwerte für Pflanzenschutzmittel sind grundsätzlich über die Gesundheitsvorsorge begründet und die muss für alle Lebensmittel gleich sein.


Wer soll haften, wenn es bei Öko-Produkten zu Rückständen kommt?


Häusling: Der Öko-Landbau ist unterschiedlichsten Umweltbelastungen ausgesetzt – auch von außerhalb der Landwirtschaft. Oft lässt sich der Verursacher nicht feststellen. Das gilt auch für Pflanzenschutzmittel, die sehr fein verteilt extrem weit abdriften können. Für diese Fälle schlage ich Qualitätssicherungsprogramme vor, die die Mitgliedstaaten mit Mitteln der 2. Säule der EU-Agrarpolitik unterstützen können. Die Einführung solcher Programme soll für die Mitgliedstaaten verpflichtend sein. Für die Ausgestaltung soll es aber regionale Spielräume geben.


Führt das nicht zu sehr unterschiedlichen Entschädigungen und entsprechenden Wettbewerbsverzerrungen?


Häusling: Der Öko-Landbau ist EU-weit unterschiedlich stark verbreitet und auch die Intensität des konventionellen Landbaus schwankt in weiten Grenzen. Regional angepasste Regelungen sind da der beste Schutz gegen Wettbewerbsverzerrungen.


Wofür brauchen wir eine Öko-Agentur?


Häusling: Wir müssen den Öko-Landbau weiter harmonisieren. Dafür brauchen wir – wie im Fischereibereich – unbedingt eine zentrale Agentur. Drei Arbeitsbereiche sind besonders wichtig: Erstens gibt es für den Import von Öko-Lebensmitteln in die EU mehr als 60 Standards, die eingehalten und kontrolliert werden müssen. Das muss – regional angepasst – vereinfacht werden. Zweitens haben wir auf EU-Ebene kaum Daten über die Verfügbarkeit von Öko-Saatgut, Öko-Jungtier und Öko-Futtermitteln. Das müssen wir verbessern.


Und drittens reagiert jedes EU-Land anders, wenn Öko-Produkte mit nicht zugelassenen Inhaltsstoffen entdeckt werden. Die einen sperren kontaminierte Futtermittel und Betriebe, die anderen reagieren gar nicht, solange z. B. bestimmte Grenzwerte in den Eiern nicht überschritten werden. Hier brauchen wir dringend eine zentrale Vermittlungsstelle, die ein einheitliches Vorgehen ermöglicht.Dr. Ludger Schulze Pals


Martin Häusling (Grüne), Mitglied des Europäischen Parlaments

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