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Das Kreuz mit der Pflegeklausel

Lesezeit: 8 Minuten

Eine Pflegeklausel im Übergabevertrag ist heute nicht mehr selbstverständlich. Doch ist es klug, leichtfertig darauf zu verzichten?


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Landwirt Jan Strube möchte endlich den Betrieb seines Vaters übernehmen. Aber noch ist der Übergabevertrag nicht unter Dach und Fach. Die Pflegeklausel bereitet dem Hofübernehmer, seinen Eltern und den beiden Schwestern am meisten Kopfzerbrechen. Soll überhaupt eine Pflegeklausel vereinbart werden? Wenn ja, wie soll diese aussehen? Jan Strube, seine Eltern und die Geschwister haben da durchaus unterschiedliche Vorstellungen.


Und das ist völlig normal. Denn keiner weiß, was die Zukunft bringt. Nicht nur die Landwirte und deren Familien, auch die Berater sind oftmals unsicher. Immer häufiger wird deshalb gar keine Klausel mehr vereinbart. Für andere Familien dagegen ist ein Verzicht auf die Pflegeklausel undenkbar.


Unterschiedliche Interessen:

Das Wichtigste ist wohl, dass sich alle Familienmitglieder gründlich mit dem Thema auseinandersetzen und eine gemeinsame Lösung finden. Denn grobe Unstimmigkeiten oder todgeschwiegene Konflikte können im Pflegefall zum Bumerang werden und den Familienfrieden aufs Spiel setzen!


Zunächst sollten alle Beteiligten, also Hofübergeber, Hofübernehmer und auch die weichenden Erben, ihre eigenen Interessen einbringen:


  • Die Altenteiler wollen sich für ihren Lebensabend versorgt wissen. Dabei möchten sie meist möglichst lange in den eigenen vier Wänden verbringen. Gleichzeitig haben die Altenteiler oft den Wunsch, den Hof und den Hof­übernehmer nicht zu überlasten.
  • Der Hofübernehmer möchte ebenfalls die Versorgung und Pflege der Altenteiler gewährleistet wissen, gleichzeitig möchte er eine Überlastung von Familie und Betrieb verhindern.
  • Auch die weichenden Erben wollen die Altenteiler gut versorgt wissen. Dabei sehen sie jedoch zunächst den Hofübernehmer in der Pflicht. Schließlich hat er den Hof bekommen.


All diese so verschiedenen Interessen sind berechtigt. Hinzu kommt, dass sich die Lebensverhältnisse auf den Höfen in den letzten 20 Jahren gravierend geändert haben. Heutzutage leben die Altenteiler und die Familie des Hofübernehmers vergleichsweise unabhängig voneinander. Und bei der jungen Familie ist die Zeit oft knapp. Werden die Altenteiler dann hilfe- und pflegebedürftig, stellt dies schnell den Alltag aller Beteiligten auf den Kopf.


Hier gilt es für jede Familie eine persönliche Kompromisslinie bei den Vereinbarungen zur Pflege zu finden.


Pflegeklausel, aber wie?

Früher haben sich die Hofübernehmer meist zur uneingeschränkten Pflege verpflichtet. Mit der Folge, dass sie sich heute u. U. mit beträchtlichen Beträgen an den Pflegeheimkosten der Eltern beteiligen müssen. Um eine solche Überbelastung des Hofübernehmers zu vermeiden, werden schon seit Jahren nur noch eingeschränkte Pflegeklauseln empfohlen.


Am gängigsten ist dabei die Beschränkung auf das Maß der Pflegestufe 1 der sozialen Pflegeversicherung. Damit können die Altenteiler bis einschließlich der Pflegestufe 1 die Pflege vom Hofnachfolger bzw. dessen Familie persönlich verlangen – also immerhin die Pflege mit einem Zeitaufwand von 1,5 bis 3 Stunden pro Tag (s. Übers. 1).


Häufige Alternative: Die Beschränkung der Pflegeverpflichtung auf die häusliche Pflege, soweit diese ohne professionelle Hilfe bzw. ohne Fachpersonal geleistet werden kann.


Denkbar ist es auch, die Pflichten des Hofübernehmers mit ganz konkreten Pflegeleistungen zu beschreiben. Allerdings entsprechen solche Vereinbarungen dann oft doch nicht der Lebenswirklichkeit im Pflegefall.


Wem solche Klauseln noch zu weit gehen, der kann auch eine noch weiter eingeschränkte Klausel vereinbaren. So hat beispielsweise der Westfälisch-Lippische Land­wirtschaftsverband (WLV) folgende Klausel entwickelt: „Der Übertragsnehmer gewährt dem Übertragsgeber und seiner Ehefrau Hilfe und Unterstützung in den Tagen der Krankheit oder körperlichen Bedürftigkeit. Dazu zählen Wäsche- und Wohnungspflege, die Organisation der Pflegeunterstützung und die Essensreichung“. Konkrete Pflege, auch nicht der Pflegestufe 1, können die Altenteiler nicht verlangen.


Der Schwerpunkt liegt viel mehr auf der organisatorischen Unterstützung und auf der hauswirtschaftlichen Versorgung. Eine solche Klausel sei oft besser als ein kompletter Verzicht auf die Pflegeklausel, so Hubertus Schmitte vom WLV. Denn damit bleibe der Übernehmer in der Pflicht, sich im Pflegefall um die Eltern zu kümmern.


Übrigens: Auch wenn die Bundesregierung in Zukunft die bisherigen Pflegestufen durch fünf Pflegegrade ersetzen will, sollten Sie sich bei der Pflegeklausel – so die Meinung von Experten – zunächst weiterhin auf die derzeit geltenden Pflegestufen beziehen.


Nur soweit zumutbar:

Die vereinbarten Leistungen sollten nur soweit gehen, wie sie für den Hofübernehmer zum Zeitpunkt des Pflegefalles tatsächlich zumutbar sind. Dies sollte in der Pflegeklausel ausdrücklich vereinbart werden. Denn Krankheiten in der Familie oder eine umfassende Berufstätigkeit beider Ehepartner können die Möglichkeiten der persönlichen Unterstützung und Pflege erheblich einschränken. Auch eine Demenz eines Altenteilers kann schnell zur Überlastung der Familie führen. In solchen Fällen sollte die Unterstützung und Pflege auf mehrere Schultern verteilt werden können.


Um im Falle einer Heimunterbringung einen Zugriff des Sozialamtes auf die Pflegeklausel zu verhindern, sollte die vertragliche Pflegeverpflichtung des Übernehmers zeitlich beschränkt sein. Sie sollte nur so lange gelten, wie die Altenteiler auf dem Hof bzw. Anwesen verbleiben. Für den Fall, dass der pflegebedürftige Altenteiler nach ärztlicher Feststellung in einem Alten- oder Pflegeheim untergebracht werden muss, sollte die Pflegeverpflichtung ersatzlos entfallen. Alternativ kann man auch für den Fall der Heimunterbringung einen Geldbetrag von z. B. 100 oder 200 € im Monat festlegen, mit dem der Hofübernehmer sich als Ersatz für seine vertragliche Pflegeverpflichtung an den Pflegekosten beteiligen muss.


Wichtig ist auch, dass die Altenteiler sich im Hofübergabevertrag verpflichten, staatliche Leistungen wie das Pflegegeld und gegebenenfalls auch Leistungen aus privaten Versicherungen zu beanspruchen und diese Leistungen demjenigen zukommen zu lassen, der die Pflege tatsächlich ausübt.


Niemals Geschwister freistellen:

Immer wieder kommt es vor, dass die Geschwister des Hofnachfolgers verlangen, sie im Innenverhältnis von ihren gesetzlichen Unterhaltspflichten gegenüber ihren Eltern freizustellen. Das sollte der Hofnachfolger jedoch niemals tun. Denn bei einer Freistellung der Geschwister müsste er über seine eigenen Unterhaltspflichten hinaus auch noch für die gesetzliche Unterhaltspflicht der Geschwister einstehen. Das kann einem Übernehmer bei einer Heimunterbringung der Eltern teuer zu stehen kommen.


Angenommen der Bruder des Hofübernehmers ist Chef­arzt und alleinstehend. Dann müsste der gutverdienende Bruder sich u. U. mit mehreren hundert Euro pro Monat an den Heimkosten beteiligen. Hätte der Hofübernehmer seinen Bruder im Innenverhältnis von dieser Pflicht freigestellt, müsste er seinem Bruder diesen Betrag ersetzen.


Auf Pflegeklausel verzichten?

Immer mehr Familien entscheiden sich, gänzlich auf eine Pflegeklausel zu verzichten. Aber was bedeutet das konkret?


Die praktischen Auswirkungen auf die Pflege der Altenteiler sind in der Praxis meist sehr gering. Zwar muss der Hofübernehmer ohne Pflegeklausel keine praktische Pflege leisten und die Altenteiler haben keinen einklagbaren Anspruch auf Pflege. Oftmals übernimmt jedoch die Familie des Hofübernehmers die notwendige und zumutbare häusliche Pflege freiwillig, oft ergänzt durch einen Pflegedienst.


Aber auch wenn der Hofübernehmer und die Ehefrau einen pflegebedürftigen Altenteiler tatsächlich nicht persönlich pflegen sollten, ist die Pflege grundsätzlich gewährleistet. Allerdings ist der Altenteiler dann womöglich schon bei leichter Pflegebedürftigkeit komplett auf einen Pflegedienst oder andere Hilfskräfte angewiesen. Außerdem müsste der Altenteiler dann die von der Pflegeversicherung nicht gedeckten Kosten der Pflege von Anfang an selbst übernehmen, außerdem wohl noch die Kosten für eine Haushaltshilfe.


Für einen pflegebedürftigen Altenteiler könnte der Verzicht auf eine Pflegeklausel deshalb neben dem möglichen Verzicht auf die persönliche Pflege mit einer höheren finanziellen Belastung bzw. Überlastung verbunden sein. Der Hofübernehmer wäre dementsprechend entlastet.


Teurer für Geschwister:

Damit steigt aber auch das Risiko, dass sich alle Kinder des Altenteilers (weichende Erben und Hofübernehmer) schon bei der häuslichen Pflege im Rahmen ihrer gesetzlichen Unterhaltspflicht an den Pflegekosten beteiligen müssen. Insbesondere bei relativ geringem Einkommen und Vermögen der Altenteiler kann das gerade für die weichenden Erben mit höheren finanziellen Belastungen verbunden sein. Die Höhe der Kostenbeteiligung hängt dann noch vom jeweiligen Einkommen der Kinder ab.


In der Regel reichen die Unterhaltszahlungen der Kinder aus, um die Kosten der häuslichen Pflege zu decken. Ansonsten zahlt das Sozialamt die verbleibenden Kosten.


Ist die Unterbringung in einem Pflegeheim unumgänglich, wird auch in diesem Fall ein Teil der Kosten von der Pflegeversicherung getragen. Für die verbleibenden Kosten muss auch hier zunächst der Altenteiler aufkommen, dann eventuell der Hofnachfolger, indem er für das entfallende Wohn- und Beköstigungsrecht einen Geldersatz zahlen muss. Abschließend müssen sich noch der Ehegatte und alle Kinder des Pflegebedürftigen im Rahmen der gesetzlichen Unterhaltspflicht beteiligen. Aufgrund der hohen Heimkosten muss in der Regel auch noch das Sozialamt einspringen. Details zur Kostenübernahme lesen Sie auf der folgenden Seite.


Für den Fall der Heimunterbringung macht es also letztlich gar keinen Unterschied, ob eine Pflegeklausel vereinbart wurde oder nicht. Denn die Pflegeklausel legt in der Regel fest, dass die Pflegeleistungen des Hofübernehmers auf den Aufenthalt auf dem Hof beschränkt sind. Dann muss der Hofübernehmer im Fall der Heimunterbringung aus der Pflegeklausel heraus entweder gar nichts oder bei Vereinbarung eines Ersatzbetrages dann diesen Ersatzbetrag von z. B. 100 € oder 200 € pro Monat zahlen.

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