Wir haben sie zwischen die Stühle gesetzt. Wir, die Gesellschaft. Wir, die Medien.
Da sitzen sie nun, die Landwirte. Manche zornig, manche hilflos zwischen widersprüchlichen Erwartungen gefangen. Soll Landwirtschaft effizient und ökonomisch unabhängig sein, wettbewerbsfähig und innovativ? Oder soll der Landwirt zuerst Klima-, Umwelt-, Landschafts- und Tierschützer sein? Einer, der „Land“ größer als „Wirtschaft“ schreibt?
In der Gesellschaft werden lautstark beide Forderungen gestellt, die nach konkurrenzfähigen Nahrungsmitteln und die nach ökologischen Idealen. Immer schwingt dabei – wie zuletzt auf der Grünen Woche – der Vorwurf mit, die Landwirte verschleierten die Wirklichkeit.
Aber auch die Medien zeichnen nur selten ein realistisches Bild. Sie malen schwarz-weiß. Hier der Skandal: Überdüngung, Monokulturen, Schadstoffe im Futter, Antibiotika in der Mast, verstörende Bilder aus immer größeren Ställen. Dort die Idylle: Landlust und Co. zelebrieren millionenfach auf ihren Magazintiteln das schöne Leben auf dem Land, garantiert ohne Bauer. Der darf dafür im Fernsehen auftreten, bevorzugt als brünstiger Dorftrottel auf der Suche nach einer Frau.
Der Alltag der Landwirtschaft war früher der Alltag vieler Menschen. Heute kennen immer weniger von uns die bäuerliche Arbeit aus eigener Anschauung. Der Landwirt ist zur Projektionsfläche geworden – als bodenständiger Bewahrer traditioneller Werte. Dass Landwirtschaft Fortschritt braucht und Fortschritt sucht, haben die Landwirte bisher ebenso wenig vermitteln können wie die Tatsache, dass Innovation und Ökologie keine Gegensätze sein müssen.
Wo ist der Ausweg? Folkhard Isermeyer, als Präsident des Thünen- Instituts einer von Deutschlands einflussreichsten Agrarwissenschaftlern, fordert Wirtschaft, Wissenschaft und Politik auf, endlich gemeinsam zu handeln, eine „nationale Nutztierstrategie“ zu entwickeln.
Am Anfang muss dabei eine gesellschaftliche Verständigung darüber stehen, unter welchen Bedingungen unsere Lebensmittel entstehen sollen – und was wir dafür zu zahlen bereit sind.
Zu lange haben wir Landwirtschaft als etwas Selbstverständliches wahrgenommen und uns wohlversorgt erregt, wenn sie Fehler machte: Wir müssen über ihre Zukunft reden. Sonst lassen wir die Landwirte zwischen den Stühlen sitzen.