Wenn der Gralshüter von Subventionen und Protektionismus, der Deutsche Bauernverband, wohlwollend über das Freihandelsabkommen TTIP urteilt, dann ist für mich höchste Vorsicht geboten.
Die deutsche Agrarwirtschaft will nach wie vor keine Zölle und Subventionen abbauen und verteidigt stramm ihre Interessen: Zölle auf ausländisches Geflügel-, Rind- und Schweinefleisch oder Zucker sollen inländische Produzenten weiterhin vor umliebsamer Konkurrenz schützen.
Nein, die deutsche Agrarindustrie profitiert von der populären „Garantie“ der Europäischen Kommission und der Bundesregierung, dass durch ein Freihandelsabkommen mit den USA keine „Standards“ abgeschwächt würden, sprich: dass die europäischen Verbraucher niemals Chlorhühnchen oder Hormonfleisch aus den USA essen müssten.
„Chancen nutzen – Standards schützen“, so trompetet jetzt der Bauernverband. Hat er plötzlich sein Herz für den Verbraucherschutz entdeckt? Keineswegs. Die scheinbare Fürsorglichkeit ist vielmehr eine geniale Strategie des Berufsstands.
Denn was für die Verbraucher positiv klingt, ist in Wirklichkeit ein Desaster – weil die bestehenden Lebensmittel- und Tierschutzstandards längst nicht alle gut sind und ihr Einfrieren durch TTIP deshalb kein Erfolg wäre, sondern eine Bankrotterklärung für den Verbraucherschutz.
Ein Kuhhandel zwischen der EU und den USA, und nichts anderes ist TTIP, würde der Deutschen Agrarindustrie die Chance eröffnen, sich ein für alle Mal gegen Kritik von Umwelt- und Verbraucherverbänden zu schützen.
Die Liste der Missstände in der Agrarwirtschaft ist lang: tierquälerische Praktiken in der Nutztierhaltung, exzessiver Einsatz von Antibiotika in der Tiermast, Verschmutzung des Trinkwassers, regelmäßige Dioxin-Kontaminationen bei Futtermitteln, Salmonellen in der Geflügelwirtschaft, irreführende Herkunftskennzeichnungen („Schwarzwälder Schinken“) sowie mangelnde Transparenz bei der Gentechnikkennzeichnung.
Diese negativen Auswirkungen des Agrarsektors blieben uns durch TTIP wahrscheinlich nicht nur erhalten, sondern würden auch noch völkerrechtlich zementiert.
Man kann nur hoffen, dass die Bevölkerung nicht auf diesen Betrug hereinfällt und durch ihre Proteste das Freihandelsabkommen noch zu Fall bringt.
Thilo Bode, Geschäftsführer
foodwatch