Bislang hatte das Bundeskartellamt bei den Milcherzeugern nicht den allerbesten Ruf. Untätig hat es dem rasanten Wachstum der Discounter zugesehen und so indirekt den permanenten Druck auf die Milchpreise gefördert.
Auch der jüngste Vorstoß der Behörde, der den Wettbewerb um den Rohstoff Milch steigern soll, kommt bei den Bauern nicht viel besser an.
Zustimmung ernten die Wettbewerbs-hüter noch für ihre Kritik an den langen Vertragslaufzeiten und Kündigungsfristen in den Lieferverträgen und Molkereisatzungen sowie an der vollständigen Andienungspflicht. Die Bauern sitzen meist am kürzeren Hebel, bei Fehlern und Versäumnissen der Molkereien hängen sie auf Gedeih und Verderb an ihren Unternehmen.
Kürzere Vertragslaufzeiten würden die Bauern stärken und den Druck auf die Molkereien steigern. Bei einer Lockerung der Andienungspflicht könnten die Erzeuger ihr Vermarktungsrisiko auf mehrere Abnehmer verteilen.
Völlig unverständlich ist dagegen die Abneigung des Kartellamts gegen große und starke Erzeugergemeinschaften. Wie sollen die Milcherzeuger denn sonst auf Augenhöhe mit den Molkereien verhandeln können?
Der eigentliche Hammer ist jedoch das drohende Verbot von aktuellen Milchpreisvergleichen. Sie würden den Molkereien und dem Lebensmittelhandel zu viele Informationen liefern und den Wettbewerb behindern, glaubt das Kartellamt.
Die Realität sieht anders aus: Je präziser die Preisberichterstattung ist und je besser die Bauern informiert sind, desto besser funktioniert der Wettbewerb. Die aktuelle Preisberichterstattung erhöht den Druck auf die Molkereien, insbesondere auf die schlechten Zahler. Ein Verbot der Milchpreisvergleiche würde nur die Bauern schwächen. Denn die Molkereien bekämen ihre Informationen weiterhin. Und der Han-del benötigt die Auszahlungspreise nicht, denn er kauft über Ausschreibungen ein, der billigste Anbieter erhält den Zuschlag.
Da greift auch die Ausrede der Kartellwächter nicht, das Verbot der Milchpreisvergleiche sei ein ausdrücklicher Wunsch der Milcherzeuger, besser gesagt einzelner Ver-bände und Erzeugergemeinschaften. Namentlich genannt werden der Bayerische Bauernverband, der BDM und die dem bayerischen Bauernverband nahestehende Bayern-MEG. Geht es dieser Erzeugergemeinschaft nur darum, das Informations-Monopol zu bekommen – um so die Bauern zur Mitgliedschaft zu „bewegen“?
Aber warum stützt sich das Kartellamt so einseitig auf diese Institutionen? Haben sich die Milcherzeuger nur nicht deutlich genug zu Wort gemeldet, wie der niedersächsische Landvolk-Vize Heinz Korte vermutet? Die große Mehrheit der Bauern steht hinter aussagekräftigen Milchpreisvergleichen. In zwei Online-Umfragen von top agrar votierten über 80 % der Teilnehmer für deren Fortführung. Das sollte das Kartellamt endlich kapieren!