Wie Sie Nachteile vermeiden, wenn Sie jetzt Ihren Hof vorzeitig unter Nießbrauchsvorbehalt übergeben, erklärt Steuerberater Walter Stalbold, Münster.
Die Ruhe bei der Erbschaftsteuer währte leider nur kurz. Das Thema ist schon wieder in der Diskussion. Rechtlich, weil das Bundesverfassungsgericht demnächst entscheiden wird, ob die derzeitigen Bewertungs- und Verschonungsregelungen u. a. für gewerbliche, aber auch für land- und forstwirtschaftliche Betriebe mit dem Grundgesetz vereinbar sind. Und politisch, weil mehrere Parteien die Erbschaftsteuer erneut reformieren und das Steueraufkommen erhöhen wollen. Entscheidend wird hier der Ausgang der Bundestagswahl im Herbst sein.
Wie auch immer: Viele Landwirte befürchten, dass die Hofübergabe künftig wesentlich höher besteuert werden könnte. Sie ziehen deshalb die Hofübergabe auf den 1. Juli 2013 vor, um auf jeden Fall noch vom geltenden Recht zu profitieren. Die Notare melden eine lebhafte Nachfrage nach Beratungen und Beurkundungen.
Wie Fakten schaffen?
Doch was tun, wenn es für eine Übergabe eigentlich noch zu früh ist – z. B. weil sich der vorgesehene Hofübernehmer noch in der Ausbildung befindet oder studiert und der Vater noch für einige Jahre selbst wirtschaften will?Mögliche Lösung: Der Betrieb wird zwar jetzt schon übertragen, aber unter Nießbrauchsvorbehalt. Damit schaffen Sie einerseits Fakten für die Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer. Die Hofübergabe wird auf jeden Fall noch nach derzeit gültigem Recht bewertet und besteuert. Auf der anderen Seite können Sie als Übergeber – dank des vorbehaltenen Nießbrauchs – den Betrieb zunächst wie ein Eigentümer weiter bewirtschaften.
Meist wird das Nießbrauchsrecht befristet, z. B. bis zum 65. Lebensjahr des Abgebers oder bis der Übernehmer 25 Jahre alt wird. Für die Zeit danach werden Altenteilsleistungen vereinbart. Das Nießbrauchsrecht wird im Grundbuch abgesichert. Zusätzlich kann eine Rückforderungsklausel für den Fall vereinbart werden, dass mit der vorgesehenen Hofnachfolge doch noch etwas schiefgeht.
Diese Nießbrauchslösung hat sich in der Praxis vielfach bewährt. Aus steuerlicher Sicht ist sie immer dann unproblematisch, wenn ein landwirtschaftlicher Einzelbetrieb übertragen wird. Vorsicht ist jedoch geboten, wenn neben dem Einzelbetrieb noch GbRs, KGs oder andere Personengesellschaften bestehen, an denen der Übergeber beteiligt ist. Beispiele: Eine Maschinen-GbR, eine Ackerbau-KG, eine Biogas-GmbH & Co. KG oder eine § 51 a-Tierhaltungsgemeinschaft.
Vorsicht – stille Reserven!
Mit der Hofübergabe überträgt der Vater regelmäßig auch seine Anteile an diesen Gesellschaften auf den Nachfolger – ebenfalls unter Nießbrauchsvorbehalt. Und hier wird es problematisch. Denn in der Regel hat der Übergeber (Vater) diesen Gesellschaften wichtige Wirtschaftsgüter, wie z. B. Flächen oder Stallgebäude, nur zur Nutzung überlassen. Sie stellen deshalb bei ihm sogenanntes Sonderbetriebsvermögen dar. Dieses kann er aber nur dann zusammen mit dem entsprechenden Gesellschaftsanteil steuerfrei – also zu Buchwerten – auf den Nachfolger übertragen, wenn dieser nicht nur Mitgesellschafter der GbR oder KG wird, sondern auch steuerlicher Mitunternehmer. Denn sonst führt die Übertragung zur Aufdeckung und Versteuerung der stillen Reserven des Sonderbetriebsvermögens. Der Nachteil bei der Einkommensteuer wäre dann u. U. viel größer als der erhoffte Vorteil bei der Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer!Damit dies nicht passiert, muss die Nießbrauchsvereinbarung in diesem Punkt sehr sorgfältig gestaltet werden. Und zwar so, dass es keinen Zweifel daran gibt, dass der Übernehmer steuerlich als Mitunternehmer der bestehenden GbR oder KG anzusehen ist. Dafür ist nach der Rechtsprechung erforderlich, dass dieser sowohl „Mitunternehmer-Initiative“ entfaltet als auch „Mitunternehmerrisiko“ trägt.
Aus diesem Grunde dürfen die Stimm- und sonstigen Rechte, die der Übernehmer nach der gesetzlichen Regelung eigentlich hätte, im Übergabe- und Nießbrauchsvertrag nicht übermäßig eingeschränkt werden. Während der Vater (Übergeber) beim Einzelbetrieb im Rahmen des Nießbrauchs weitgehend alleine weiter schalten und walten kann, ist dies bei Gesellschaftsanteilen nur eingeschränkt möglich. Zwar darf er für die Dauer seines Nießbrauchs durchaus ein deutliches Übergewicht in der Gesellschaft haben, ähnlich wie z. B. der Komplementär einer KG gegenüber den Kommanditisten. Jedoch muss der Übernehmer bestimmte Kernrechte (z. B. Stimmrechte) behalten und auch tatsächlich ausüben, weil sonst seine Mitunternehmer-Initiative verneint würde.
Damit er ein Mitunternehmerrisiko trägt, muss er außerdem u. a. am Gewinn und Verlust der Gesellschaft angemessen beteiligt sein. Was „angemessen“ ist, darüber urteilen die Finanzgerichte teilweise unterschiedlich. Einige legen hier jedoch relativ strenge Maßstäbe an und akzeptieren es z. B. nicht, wenn der Übernehmer lediglich an den stillen Reserven unter Einschluss des Unternehmenswertes beteiligt wird. Damit dieser als Mitunternehmer anerkannt werde, müsse er gleichzeitig auch am laufenden Gewinn der Gesellschaft beteiligt sein.
Was wir empfehlen:
Um jegliches Risiko auszuschließen, sollte der Übergabevertrag demnach so gestaltet werden, dass- sowohl der Übergeber als künftiger Nießbraucher
- wie auch der Übernehmer und Hofnachfolger
eindeutig als Mitunternehmer der betreffenden GbR oder KG einzustufen sind. Das können Sie durch entsprechende Regelungen im Vertrag erreichen. Darin ist festzulegen, dass beide in der Gesellschaft ausreichende Stimmrechte ausüben können und beide – Übergeber wie Übernehmer – sowohl an den laufenden Gewinnen als auch an den stillen Reserven beteiligt werden. Es bleibt jedoch immer ein Restrisiko, ob die getroffenen Regelungen auch steuerlich „halten“.
Einfacher und sicherer ist es, wenn Sie einen anderen Weg beschreiten. Dieser sieht so aus, dass Sie sich als Übergeber bezüglich der betroffenen Gesellschaftsanteile inklusive Sonderbetriebsvermögen nicht den gesamten Nießbrauch vorbehalten, sondern einen sogenannten Quotennießbrauch, z. B. in Höhe von 75 %. Nach dieser Quote – 75 % für den Übergeber und 25 % für den Übernehmer – werden dann auch Stimmrechte, Gewinne und Verluste sowie sonstige Rechte bzw. Pflichten auf Übergeber und Hofnachfolger aufgeteilt. Damit ist die Mitunternehmerstellung des Übernehmers (und des Übergebers) sichergestellt – und somit auch die steuerfreie Übertragung des Sonderbetriebsvermögens vom Vater auf den Sohn. Diese Vereinbarungen müssen, damit sie steuerlich anerkannt werden, dann auch tatsächlich vollzogen werden. Eventuell muss dazu auch der Gesellschaftsvertrag geändert oder ergänzt werden. Das ist in der Regel aber unproblematisch möglich.-hgt-