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„Es geht hier nicht nur um die Bauern“

Lesezeit: 4 Minuten

In Deutschland laufen Politik und Verbände Sturm gegen die neue EU-Ökoverordnung. Die Kommission ficht das nicht an, wie unser Gespräch mit João Onofre belegt.


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Herr Onofre, warum muss der Rechtsrahmen für den Öko-Landbau grundlegend reformiert werden?


Onofre: Der Ökolandbau ist aus der Nische herausgewachsen. Bio-Produkte gibt es inzwischen in allen Bereichen des Lebensmittelhandels. Der rechtliche Rahmen des Ökolandbaus stammt aber noch aus Zeiten des Nischen-Daseins. Deswegen passen wir ihn jetzt an.


Welche Defizite hat die aktuelle Verordnung?


Onofre: Es gibt zu viele Ausnahmeregelungen. Für das Vertrauen der Verbraucher ist es aber wichtig, dass ein Bio-Produkt aus Italien oder Griechenland die gleichen Anforderungen erfüllt wie eines aus Deutschland. Das erwarten die Verbraucher.


Eine Reform nur für die Verbraucher?


Onofre: Nein, nicht nur. Aber die bisherige Verordnung wird ausschließlich den Wünschen der Öko-Verbände gerecht. Das ist zu einseitig. Wir müssen den Verbraucher mitnehmen.


Die Wünsche der Verbraucher haben Sie über eine Online-Umfrage ermittelt. 56 % der Antworten kamen aus Frankreich und nur 4 % aus Deutschland. Ist das ein repräsentatives Meinungsbild für die gesamte EU?


Onofre: Die unterschiedlichen Teilnahmeraten haben wir natürlich berücksichtigt. Entscheidend ist aber: Schwedische, spanische oder deutsche Bio-Verbraucher haben die gleichen Wünsche wie die Franzosen. Und zwar unabhängig davon, was die deutschen Öko-Verbände behaupten.


In Zukunft soll das Produkt im Mittelpunkt stehen. Ist es nicht mehr wichtig, wie die Produkte erzeugt wurden?


Onofre: Natürlich ist die Prozessqualität noch wichtig! Es gibt Verbraucher, denen die Nachhaltigkeit der Lebensmittelerzeugung wichtig ist. Die werden immer Bio kaufen. Aber viele kaufen auch ökologisch erzeugte Lebensmittel, weil sie diese für gesünder halten. Wenn die erfahren, dass auch Öko-Produkte Pestizid-Rückstände haben können, werden sie kein Bio mehr kaufen, selbst wenn die Pestizid-Gehalte weit unter den zulässigen Höchstgrenzen liegen.


Ist die Nulltoleranz nicht weltfremd? Fast jeder Öko-Landwirt hat konventionelle Nachbarn. Was soll er machen, wenn Pflanzenschutzmittel vom benachbarten Schlag herüberdriften?


Onofre: Es geht hier nicht nur um die Bauern. Wir können das Problem der Pflanzenschutz-Rückstände nicht einfach unter den Teppich kehren, nur weil wir den Bio-Bauern nicht die Schuld in die Schuhe schieben wollen.Dieses Thema wird übrigens vor allem in Deutschland diskutiert. Von anderen Ländern hören wir das nicht.


In Zukunft soll nur noch ökologisches Saatgut eingesetzt werden. Das ist aber nicht überall verfügbar. Was soll ein betroffener Landwirt dann machen?


Onofre: Das ist in der Tat ein Problem. Die Bauern haben selbst keinen Einfluss auf die Verfügbarkeit von Öko-Saatgut. Deswegen soll diese Regel erst ab 2021 greifen. Was wir jetzt aber nicht tun sollten, ist, so weiterzumachen wie bisher. Wir müssen politische Anreize zur Produktion von Öko-Saatgut geben. Und auch die Öko-Verbände sollten das vorantreiben, anstatt eine ewige Verschiebung dieser Regel einzufordern.


Müssen sich die Bio-Bauern auf noch schärfere Kontrollen einstellen?


Onofre: Nein. Wir möchten risikobasierte Kontrollen durchführen, so wie sie auch in der ersten und zweiten Säule der EU-Agrarpolitik vorgesehen sind. Das heißt, die Bauern, die sich an die Regeln halten, müssen nicht mehr jedes Jahr kontrolliert werden. Wir müssen unsere Kontroll-Kapazitäten da einsetzen, wo Risiken lauern. Und: Wir wollen die komplette Wertschöpfungskette kontrollieren. Bisher werden nur die Bauern kontrolliert. Dafür müssen sie auch noch hohe Gebühren bezahlen, die großen Handelskonzerne sind dagegen außen vor. Ist das fair?


Die Öko-Verbände befürchten, dass die Reform einige Betriebe dazu veranlassen könnte, zur konventionellen Wirtschaftsweise zurückzukehren. Müssen wir in Zukunft mehr Bio-Lebensmittel importieren?


Onofre: Im Gegenteil. Zum ersten Mal haben wir demnächst die gleichen Standards für unsere Betriebe und für die in Drittländern. Bisher haben sich die 61 internationalen Kontrollstellen im Wettbewerb um die niedrigsten Öko-Standards gegenseitig unterboten. Wir schaffen also bessere Rahmenbedingungen für einen fairen Wettbewerb. Davon profitieren unsere heimischen Produzenten und Landwirte. Wir haben die besten Landwirte der Welt, deshalb werden sie auch besser mit den strengeren Standards zurechtkommen.


Dennoch: Die Öko-Verbände sind nicht glücklich mit ihrer Reform.


Onofre: Die Bio-Verbände unterstützen den Vorschlag deswegen nicht, weil wir nicht das machen, was sie von uns verlangen. Wer die Regeln ändern will, stößt immer auf Widerstand. Das heißt aber nicht, dass die Zielrichtung von Kommissar Ciolos nicht richtig ist. Diese Reform ist das Beste für die Bio-Branche.


Herr Onofre, vielen Dank für das Gespräch!-cm-

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