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Agrarpolitik bei der Landtagswahl Maisernte Baywa in Insolvenzgefahr

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EU-Agrarreform: Die 10 wichtigsten Fragen

Lesezeit: 7 Minuten

Jetzt beginnt in Brüssel die heiße Phase. Das EU-Parlament feilscht mit den Regierungschefs um den Haushalt. Und im Juni soll die Agrarreform unter Dach und Fach sein. Wir beantworten die 10 wichtigsten Fragen.


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Für die Landwirtschaft ist der Vorschlag besser als erwartet. In laufenden Preisen (tatsächliche jährliche Auszahlung) sind die Beträge fast konstant. Es fehlt aber ein angemessener Inflationsausgleich. Deshalb kommt es zu realen Kürzungen (siehe Übersicht).


Vor allem Frankreich hat auf einen stabilen Agrarhaushalt gedrängt. Großbritannien und andere Länder hätten sich stärkere Kürzungen vorstellen können.


Ob das EU-Parlament dem Vorschlag zustimmt, ist noch offen. Viele Abgeordnete sind kritisch. Das Parlament kann aber keine Details ändern, sondern den Vorschlag nur in Gänze ablehnen. Beobachter halten es für möglich, dass die Abgeordneten den Entwurf erst durchwinken, wenn die Regierungschefs noch Zugeständnisse machen.


In Deutschland sollen nach den Kürzungen im Antragsjahr 2014 noch rund 5,1 Mrd. für die Direktzahlungen zur Verfügung stehen. Am Ende der Finanzperiode in 2020 wären es noch gut 4,9 Mrd. €. Das liegt an der Umverteilung zugunsten der Mitgliedstaaten mit unterdurchschnittlichen Anteilen. Auf den Hektar umgerechnet heißt das: Wir würden mit einer leichten Absenkung auf rund 303 €/ha starten (Basisprämie + Greening). Bis 2020 könnte dieser Wert auf 294 €/ha absinken.


Im Saarland und in Rheinland-Pfalz sind die Flächenprämien rund 65 bis 70 €/ha niedriger als in Niedersachsen oder Bayern. Hier wird eine weitere Angleichung gefordert. Das hat die rheinland-pfälzische Landwirtschaftsministerin Ulrike Höfken (Grüne) bereits angekündigt und verweist auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichtes. Hier werden die Bundesländer hart verhandeln.


Ilse Aigner zur Folge kann Deutschland „mit knapp 1,2 Mrd. pro Jahr für die ländliche Entwicklung planen“. Bislang waren es jährlich rund 1,3 Mrd. €. Das wären 9 % weniger. Diese Mittel müssen aber von den Bundesländern noch kofinanziert werden. Je nach Region und Fördermaßnahme beträgt der Kofinanzierungssatz zwischen 25 und 47 %. Diesen zu erbringen, wird aufgrund der Schuldenbremse in den nächsten Jahren zunehmend schwieriger. Bereits heute schöpft z. B. Schleswig-Holstein seine EU-Mittel nicht vollständig aus, um nationale Mittel zu sparen. Dieses könnte in Zukunft auch in anderen Ländern Schule machen.


Darüber wird heftig gestritten. Weil die Mittel für die 2. Säule so knapp sind, fordern einige grüne Landwirtschaftsminister und auch die Öko- und Umweltverbände immer lauter, von der Möglichkeit Gebrauch zu machen, bis zu 15 % der Mittel von der 1. in die 2. Säule umzuschichten. Dies lehnt der Bauernverband mit Blick auf die Einkommenswirksamkeit der Direktzahlungen strikt ab.


Die Umschichtung ist für die Länder auch deshalb so attraktiv, weil die umgeschichteten Mittel nicht mit nationalen Geldern kofinanziert werden müssen. Hier bahnt sich ein politischer Streit zwischen den politischen Lagern an.


Über drei Punkte wird zäh gefeilscht:


  • Ist das Greening freiwillig? Das ist noch nicht klar. Die Regierungschefs haben beschlossen, dass jeder Betrieb am Greening teilnehmen muss. Agrarkommissar Ciolos möchte darüber hinaus, dass auch die Basisprämie gekürzt wird, wenn die Greeningauflagen nicht eingehalten werden. Das wollen viele im EU-Parlament und im Agrarministerrat nicht.
  • Werden die strikten Vorgaben für die Fruchtartendiversifizierung noch gelockert? Wenn es bei drei Hauptkulturen bleibt, würden nach Berechnungen des Thünen-Institutes fast 40 % der deutschen Betriebe Probleme bekommen. Viele müssten ihre Fruchtfolge anpassen. Das träfe vor allem Futterbau- und Biogasbetriebe mit hohen Maisanteilen hart.
  • Was wird mit den ökologischen Vorrangflächen? Umstritten sind nach wie vor der Umfang (7 % der Ackerfläche) und die Bewirtschaftungsmöglichkeiten. Diskutiert wird z. B. darüber, den Prozentsatz niedriger festzusetzen (z. B. 5 %), die 7 % in mehreren Anpassungsschritten zu erreichen oder die Anrechnungsmöglichkeiten zu verbessern, indem Agrarumweltmaßnahmen, Naturschutzprogramme oder großräumige Schutzgebiete einbezogen werden. Einige Mitgliedstaaten möchten die Betriebe von ein oder mehreren Greeningauflagen befreien, wenn sie an geeigneten Agrarumweltmaßnahmen oder an zertifizierten Nachhaltigkeitsstandards (z.B. DLG) teilnehmen.


Noch wichtiger ist allerdings, dass die Flächen in der Bewirtschaftung bleiben. Die Regierungschefs fordern das. Aber was darf dann noch auf den Flächen angebaut werden? Im Gespräch sind Leguminosen. Der Anbau von Ackerbohnen und Erbsen ist allerdings auch nicht wirklich wirtschaftlich.


Eine strenge Deckelung der Direktzahlungen bei 300 000 € scheint inzwischen vom Tisch. Nach Ansicht der Regierungschefs sollen die Mitgliedstaaten selbst entscheiden, ob sie die absolute Höhe der Zahlungen begrenzen wollen. Dann würde Deutschland davon keinen Gebrauch machen. Die neuen Länder sind parteiübergreifend strikt dagegen. Deren Ministerpräsidenten sind diesbezüglich schon mehrfach bei der Kanzlerin vorstellig geworden. Deshalb dürften weder die Bundesregierung noch die westlichen Bundesländer daran interessiert sein, darüber einen Streit mit den Ostdeutschen vom Zaun zu brechen.


In eine andere Richtung geht die Diskussion im EU-Parlament, den Mitgliedstaaten zu erlauben, für die ersten 50 ha einen Aufschlag auf die Direktzahlungen zu gewähren. Bis zu 30 % der gesamten Mittel für die Direktzahlungen sollen dafür genutzt werden können. Das würde zu gewaltigen Verschiebungen führen. In Deutschland gäbe es dann für die ersten 50 ha rund 400 €/ha, für die darüber hinausgehenden Flächen aber nur noch gut 200 €/ha. Der Agrarrat diskutiert ein ähnliches Modell. Am Ende müsste jeder EU-Staat selbst entscheiden, ob er einen solchen „Struktur-Zuschlag“ einführen will und wie hoch der ausfallen soll.


Bund und Länder haben bislang schon einen Ausgleich für den Wegfall des Freibetrags (5 000 €) bei der Modulation gefordert, um kleinere Betriebe zu entlasten. Das wäre mit dem o.g. Modell möglich. Bei den Verbänden setzt sich die AbL massiv für einen solchen Zuschlag ein. Das könnte bei den grün geführten Bundesländern auf Sympathie stoßen. Auch ein Deal scheint möglich: Zuschlag für kleinere Betriebe gegen Verzicht auf die Deckelung der Direktzahlungen.


Hier ist eine gewisse Entwarnung angesagt. Der Vorschlag des Kommissars, bei allen Betrieben den Anteil der nicht landwirtschaftlichen Einkünfte zu erfassen, scheint vom Tisch. Das wäre auch ein bürokratischer Super-Gau. Das EU-Parlament schlägt vor, dass die Mitgliedstaaten eine auf Unternehmen bezogene Negativliste aufstellen, die Betriebe mit „einem unwesentlichen Anteil Landwirtschaft“ von den Direktzahlungen ausschließt. Das könnten zum Beispiel die Betreiber von Golfplätzen und Flughäfen sein. Deutschland hat hier bislang schon strenge Maßstäbe angesetzt.


Die Kommission möchte mit der Agrarreform auch die benachteiligten Gebiete nach einheitlichen Boden- und Klimakriterien (u. a. Bodenstruktur, Hangneigung) neu abgrenzen. Deutschland würde dadurch über 900 000 ha an Förderkulisse verlieren (– 10 %). Auch zwischen den Bundesländern käme es zu massiven Verschiebungen. Anderen Regionen Europas passen die neuen Kriterien auch nicht. Das EU-Parlament hat die Kommission aufgefordert, bis Ende 2014 einen neuen Vorschlag für eine verbindliche Abgrenzung vorzulegen.


Eine termingerechte Umsetzung von Greening und Co. zum 1. Januar 2014 ist inzwischen unmöglich. Deshalb soll 2014 ein Übergangsjahr werden. Bei den Direktzahlungen gelten die bisherigen Regelungen ein Jahr länger. Allerdings unter den neuen Haushaltszahlen. Wenn der Vorschlag der Regierungschefs umgesetzt wird, würden die Flächenprämien wegen des etwas niedrigeren Etats möglicherweise um rund 3 % sinken, hat Aigners Ministerium ausgerechnet. In der 2. Säule sollen auslaufende Agrar­umweltmaßnahmen und die Zahlungen für benachteiligte Gebiete und Natura 2000-Flächen für ein Jahr verlängert werden.Dr. Ludger Schulze Pals

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