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Agrarpolitik bei der Landtagswahl Maisernte Baywa in Insolvenzgefahr

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Für Tierhalter werden die Flächen knapp

Lesezeit: 6 Minuten

Landkreis Altötting


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Auch im viehstarken Landkreis Altötting brummt die Biogasproduktion. Der Wettbewerb um Flächen ist so heftig, dass spezialisierte Milchvieh- und Schweinehalter um ihre Entwicklungsmöglichkeiten fürchten.


Eigentlich ist die Biogasproduktion im Landkreis Altötting eine Erfolgsgeschichte. Obwohl die landwirtschaftlich genutzte Fläche nur rund 31 000 ha umfasst, erzeugen dort bereits 37 Biogasanlagen Strom und Wärme. Mit 26 kW pro 100 ha LF gehört Altötting deutschlandweit zu den Landkreisen mit der höchsten Anlagendichte.


Biogas-Berater Johann Bachmaier vom Landwirtschaftsamt Töging macht zwei Gründe für den Boom verantwortlich: „Ein bekannter Anlagenbauer sitzt im Nachbarlandkreis und hat schon frühzeitig Landwirte bei uns für Biogas begeistert. Und unsere Region zählt wegen des milden Klimas und Niederschlägen von 900 ml pro Jahr zu den besten Maisstandorten in Deutschland.“ Die Silo-maiserträge im nordöstlichen Oberbayern bewegen sich zwischen 150 und 180 dt TM/ha, Körnermais bringt Hektarerträge von 100 bis 120 dt getrocknete Ware.


Vor allem Milchviehhalter sind in die Biogasproduktion eingestiegen und haben sich so ein zweites Einkommensstandbein aufgebaut. Daneben betreiben auch einige Hähnchen- und Schweinemäster im Landkreis Altötting Biogasanlagen.


Die Kombination von Viehhaltung und Energieerzeugung eröffnet auch kleineren Betrieben eine Zukunftsperspektive. „Ohne Biogas wäre unser Hof langfristig nicht existenzfähig und unser Sohn hätte sich nicht für eine landwirtschaftliche Ausbildung entschieden“, ist Helmut Eberhartinger überzeugt. Der Landwirt bewirtschaftet zusammen mit seiner Frau Rosa einen 50-ha-Gemischtbetrieb mit 26 Milchkühen und 430 Mastschweinen. Vor drei Jahren investierte er in eine 100-kW-Biogasanlage.


Wie Eberhartinger nutzen viele Biogasbetriebe in der Region den Güllebonus, was sich positiv auf die Wirtschaftlichkeit auswirkt. Betriebe mit größeren Anlagen kooperieren oft mit Viehhaltern und vergären deren Gülle.


Vom Biogas-Boom profitieren derzeit auch viele Marktfruchtbetriebe. Sie bauen Energiemais für Biogasbetreiber an und können bei Verkaufspreisen von 1 000 bis 1 200 € pro ha Mais ab Feld gute Deckungsbeiträge erwirtschaften, vor allem wenn sie auch noch Gärsubstrat zurückgeliefert bekommen.


Doch die riesige Nachfrage nach Energiemais hat das Verhältnis zwischen spezialisierten Tierhaltern und Biogasbetreibern sichtlich getrübt. Denn es heizt den Wettbewerb um die Flächen mächtig an. Altötting gehört mit 1,3 GV pro Hektar zu den viehdichten Landkreisen in Bayern. Zudem verfügen die Tierhalter nur über wenig Eigentumsflächen, so dass sie dringend Pachtflächen brauchen. Je mehr Biogasanlagen gebaut werden und je größer diese werden, umso mehr nehmen die Spannungen zu.


Tierhalter ziehen bei der Pacht den Kürzeren


Ein Beispiel ist die Gemeinde Kastl, zu der 1 800 ha LF gehören. Dort konkurrieren ein Dutzend zukunftsorientierte Milcherzeuger mit einer Handvoll Biogasbetriebe um die knappe Fläche. Drei Anlagen haben bereits eine Größe von 500 kW, bei zwei von ihnen sollen die Kapazitäten erheblich ausgebaut werden.


„Eine Betriebsentwicklung ist für uns sehr schwierig, weil wir beim Pachten keine Chance haben“, klagt Milchviehhalter Rupert Seidl. Für seine 50 Kühe plus Jungvieh und Mastbullen stehen ihm nur 50 ha Land zur Verfügung. Davon sind 14 ha rund 8 km vom Hof entfernt, weil er vor Ort keine Flächen mehr bekam.


Die Biogasbetreiber kommen leichter an Flächen, weil sie bei auslaufenden Betrieben schon einige Jahre Energiemais zugekauft und so bereits den Fuß in der Tür haben. Zudem können sie Tierhalter regelmäßig bei Pachtgeboten überbieten, weil die Biogaserzeugung derzeit mehr Gewinn abwirft als die Milchvieh- und Schweinehaltung.


Das bestätigt auch Thomas Kainzmaier aus Garching an der Alz: „Selbst bei hofnahen Flächen komme ich zum Teil nicht mehr zum Zug, weil ich bei vielen Preisgeboten nicht mithalten kann und will“, so der Schweinemäster.


Aus Sicht von Georg Wagner, der in Haiming nahe der österreichischen Grenze einen Kombibetrieb mit Ferkelerzeugung und Mast führt, hat die Unterlegenheit der Tierhalter politische Ursachen: „Die Einspeisevergütung und Boni wurden in einer Zeit festgelegt, als die Getreide- und Maispreise auf einem Höhenflug waren.“ Das führe dazu, dass Biogas derzeit den anderen landwirtschaftlichen Betriebszweigen klar überlegen sei.


Der Schweinehalter lehnt Biogas nicht grundsätzlich ab und kooperiert mit einem benachbarten Biogasbetrieb. Er baut für ihn Zwischenfrüchte an und nimmt Gärsubstrat ab. Wagner befürchtet aber, dass wegen des Wettbewerbsnachteils viele Tierhalter aus der Produktion ausscheiden müssen. Deshalb fordert er öffentlich eine Kopplung des Nawaro-Bonus an einen Getreidepreisindex.


Zu einer Aufgabewelle von Milchvieh- und Schweinebetrieben hat der Biogasboom im Landkreis Altötting bisher zwar nicht geführt. „Aber eine Verlagerung der Investitionen hin zu Biogas ist deutlich sichtbar“, beobachtet Rupert Jakob, Milchviehberater am Landwirtschaftsamt Töging. Grund für diese Entwicklung sei nicht nur die gute Rentabilität von Biogas, sondern auch das geringere Risiko: „Die Milcherzeuger sind durch die brutalen Preisausschläge stark verunsichert, da bietet Biogas mit den festen Einspeisevergütungen einfach mehr Sicherheit.“


Dass sich die weitgehend noch kleinstrukturierte Milchviehhaltung im Landkreis Altötting nicht in dem Maße weiterentwickelt, wie es eigentlich notwendig wäre, liegt nach Meinung von Josef Kobler, Chef des Landwirtschaftamtes Töging, nicht nur am Biogas-Boom. „Die Hauptursache sind die niedrigen Milchpreise der letzten Jahre“, so Kobler. Ähnlich verhält es sich mit der Ferkelerzeugung. Auch hier sind die niedrigen Preise in den zurückliegenden Jahren entscheidend dafür, dass kaum noch investiert wird.


Der Einfluss der Biogasproduktion auf die anderen Betriebszweige nimmt aber zu, weil sie sich sehr dynamisch entwickelt. Entscheidend dabei: Die Anlagengrößen wachsen, und damit auch der Flächenbedarf. „Betreiber von kleinen Anlagen von 100 bis 200 kW wollen ihre Kapazitäten verdoppeln“, berichtet Berater Bachmaier. „Und Tierhalter, die neu in die Biogasproduktion einsteigen, planen Anlagen von 190 bis 250 kW.“


„Vorsichtig kalkulieren!“


Milchviehhalter Thomas Schächner aus Feichten an der Alz, der seit 2003 Biogas erzeugt und eine Anlage mit 220 kW betreibt, sieht die derzeitige Euphorie um Biogas kritisch. „Man darf sich von den aktuellen Rahmenbedingungen nicht blenden lassen. Wenn zum Beispiel die Substratkosten steigen, können auf Biogasbetriebe auch wieder schwierige Zeiten zukommen“, spricht der junge Unternehmer aus Erfahrung.


Neueinsteigern rät er, trotz der guten Einspeisevergütungen vorsichtig zu kalkulieren: „Die Anlagenpreise sind gewaltig gestiegen und auch die Substratbeschaffung wird angesichts knapper Flächen immer schwieriger und teurer.“


Biogas-Berater Bachmaier empfiehlt investierenden Betrieben deshalb, Anlagen so zu planen, dass die Wärme genutzt werden kann. „Das verbessert die Wirtschaftlichkeit und erhöht die Akzeptanz in der Bevölkerung.“ Um die Spannungen innerhalb der Landwirtschaft zu begrenzen, plädiert der Berater für eine maßvolle Dimensionierung der Anlagengrößen und noch mehr Zusammenarbeit zwischen Biogasbetreibern und Viehhaltern.


Positiv sieht Bachmaier auch Gemeinschaftsanlagen. So planen zurzeit zwei Milchviehhalter und ein Mutterkuhhalter im Landkreis eine 400 kW-Anlage. Die Hälfte der Substratmenge wollen die drei Betreiber selbst liefern, für die restliche Menge sind Lieferverträgen mit mehreren Marktfruchtbetrieben geplant.-do-

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